Der Atomausstieg – eine technische und energiepolitische Fehlentscheidung

Im Juni 2011 beschloss der Bundestag mit großer Mehrheit die sofortige Abschaltung der 8 älteren Kernkraftwerke in Deutschland und die stufenweise Abschaltung der restlichen Kernkraftwerke bis 2022.
Dieser Entscheidung lagen zugrunde:                                                                           
1. Die Ereignisse in Fukushima/Japan.                                                                         2. Die Stellungnahme der Ethikkommission.                                                                3. Eine vermutete Mehrheit der Bevölkerung gegen Kernenergie?
Dazu sind folgende Anmerkungen zu machen:

1. Fukushima als Begründung für den deutschen Atomausstieg? Dieser Grund ist schon lange nicht mehr haltbar. 

Die Ursache der Katastrophe von Fukushima war ein Tsunami. Der Tsunami war durch ein Erdbeben ausgelöst worden. Die Kernkraftwerke haben zunächst das Erdbeben komplett überstanden. Es traten dann aber Kernschmelzen an den  Reaktoren auf und Radioaktivitäts-freisetzungen. Die Explosionen in den Kernkraftwerken und die Radioaktivitätsfreisetzung sind eingetreten wegen zahlreicher technischer Mängel bei der Anlagenauslegung und organisatorischer Fehler (1). Trotz großer Evakuierungsmaßnahmen und vielen Toten durch den Tsunami gab es in Fukushima keine gesundheitliche Schäden für Menschen durch die Freisetzung von Radioaktivität.

2. Ethikkommission (2)

Die von der Bundesregierung berufene Ethikkommission setzt sich aus folgenden Mitgliedern zusammen:
 Vorsitz
Prof. Dr. Klaus Töpfer               Prof. Dr.‐Ing. Matthias Kleiner
Mitglieder
Prof. Dr. Ulrich Beck                 Dr. Klaus von Dohnanyi
Bischof Dr. Ulrich Fischer           Alois Glück
Prof. Dr. Jörg Hacker                 Dr. Jürgen Hambrecht
Dr. Volker Hauff                         Walter Hirche
Prof. Dr. Reinhard Hüttl             Prof. Dr. Weyma Lübbe
Kardinal Dr. Reinhard Marx        Prof. Dr. Lucia Reisch
Prof. Dr. Ortwin Renn                 Prof. Dr. Miranda Schreurs
Michael Vassiliadis
Mitarbeit
Dr. Günther Bachmann (Text)    Dr. Ina Sauer (Organisation)
Die Zusammensetzung dieser Ethikkommission für die weitreichende Entscheidung für die zukünftige Energieversorgung Deutschlands zeichnet sich nicht durch Kompetenz aus. Es ist zu beanstanden, dass kein Vertreter der Energiewirtschaft in der Ethikkommission vertreten war. Bis auf Dr. Hambrecht (langjähriger Vorsitzender der BASF) und Michael Vassiliadis (IG-BCE-Vorsitzender) handelt es sich überwiegend um  Umweltpolitiker, Soziologen, Philosophen, berühmte Professoren und Kirchenvertreter.
Resumée der Ethikkommission: Der Ausstieg ist nötig und wird empfohlen, um Risiken, die von der Kernkraft in Deutschland ausgehen, in Zukunft auszuschließen. Er ist möglich, weil es risikoärmere Alternativen gibt. Der Ausstieg soll so gestaltet werden, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und des Wirtschaftsstandortes nicht gefährdet wird.

3. Mehrheit der deutschen Bevölkerung gegen Kernenergie?

Diese insbesondere von den Grünen vertretene Meinung ist falsch.
"Der Ausstieg aus der Kernenergie sei von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen." Das ist ein Ammenmärchen und stellt die veröffentlichte Meinung der Medien und der Politiker dar. Die Wahrheit ist: über viele Jahre auch nach Fukushima: Etwa 60 bis 70 % der Deutschen sind für den Weiterbetrieb der deutschen Kernkraftwerke, die sicher und kostengünstig Strom liefern (3). Dies wird auch durch neue Umfragen bestätigt (4,5).

Stellungnahme zur Entscheidung der Ethik-Kommission:

Argument 1 der Ethikkommission: Risiken der deutschen Kernkraftwerke?
In Deutschland gibt es keinen Tsunami und an den Kernkraftstandorten auch kein Erdbeben. Die deutschen Kernkraftwerke sind die sichersten der Welt. Sie weisen nicht solche katastrophalen Auslegungsfehler auf wie die japanischen Anlagen. Das gilt auch für die abgeschalteten 8 Kernkraftwerke.
 Die Kernkraftwerke der Welt bringen es inzwischen auf 15 000 Reaktorbetriebsjahre, ohne daß ein Mensch einen gesundheitlichen Schaden durch das spezielle Risiko der Strahlung erlitten hätte; einzige Ausnahme ist dabei der Tschernobyl-Unfall (verursacht an einem Reaktor mit instabilen Eigenschaften durch einen unverantwortlichen Versuch und Nichtbeachtung der Betriebsvorschriften). Das ist ein grandioser Beweis für verantwortliches Handeln beim Betrieb von Kernreaktoren.
Kein einziges Land auf der Welt ist dem deutschen Atomausstieg gefolgt. Im Gegenteil: sie haben erkannt, dass Fukushima keine Begründung für einen Atomausstieg ist.
Das zeigt die aktuelle Situation der weltweiten Kernkraftwerke:
Seit Fukushima stellt sich im März 2014 die Situation für Kernkraftwerke folgendermaßen dar (6,7):
Weltweit sind 436 Kernkraftwerke in Betrieb, (62 im Bau) (Stand 2013). Außerdem sind in 28 Ländern etwa 120 Kernkraftwerksblöcke in fortgeschrittenem Planungsstadium. In der EU gibt es 145 Reaktoren in 15 Mitgliedsstaaten. Die IEA ( International Energy Agency ) erwartet einen Anstieg der Kernkraftkapazität um 200 000 MW bis 2035, wobei China die größte Zunahme von 12 000 MW auf      128 000 MW erfahre.
In Europa sind folgende Anlagen im Bau:
– Olkiluoto-3 in Finnland,
– Flamanville-3 in Frankreich,
– 2 Kraftwerke neu „Leningrad“ in St.Petersburg/Russland, 
-Laufzeitverlängerungen in Spanien, Frankreich, Schweiz,
– Vereinbarungen über Neubauten in Polen,
  Finnland sechstes Kernkraftwerk Fennovoima, 
  Hinkley Point C/ Großbritannien.
Im außereuropäischen Ausland:
– Japan will die Kernreaktoren wieder hochfahren, die gemäß den strikten Sicherheitsauflagen der  
  Atomaufsicht für sicher befunden werden, sagte Ministerpräsident Abe am 10.3.2014
– Rußland hat zusätzlich zu den vorhandenen 33 Kernkraftwerken 10 Anlagen im  Bau.
– Zusätzlich hat Rußland Verträge für 20 KKW-Neubauten im Ausland.
– China baut zusätzlich zu den vorhandenen 17 KKW 26 neue Anlagen
–  Indien hat zusätzlich zu den 20 Kernkraftwerken 7 neue Anlagen im  Bau,
– Südkorea hat 23 Kernkraftwerke in Betrieb, 4 neue im Bau.
– In den USA sind zusätzlich zu den vorhandenen 104 Kernkraftwerken 5 neue im Bau.                                                  
  73 der 104 Kernkraftwerke der USA haben eine Betriebsbewilligung für 60 Jahre.     
Gegenwärtig sind in den USA bei der NRC (Nuclear Regulatory Commission)  weitere 18 Gesuche für KKW-Betriebsverlängerungen über 40 Jahre hinaus in Bearbeitung (8).  Darüber hinaus rüstet sich die NRC für Gesuche zu Betriebsdauerverlängerungen des amerikanischen Kernkraftwerksparks über 60 Jahre hinaus. Sie richtet dabei das Augenmerk auf das Alterungsmanagement der Anlagen. Das NRC kommt in ihrem Bericht zu dem Schluss, dass der Genehmigungsprozess und die Vorgaben auch für eine weitere Verlängerung des Kernkraftwerksbetriebes nach 60 Jahren geeignet sind. Die NRC rechnet vor 2020 mit entsprechenden Gesuchen.

2. Argument der Ethikkommission? Risikoärmere Technologie?

Die deutschen Kernkraftwerke sind sicher, Deutschland ist vorbildlich bei der Sicherheitsausrüstung der Kernkraftwerke – das erkennt auch das Ausland an. Deutschland war über rund 20 Jahre führend bei den „top 10“ in der Stromerzeugung, was ein Hinweis auf beste Ausbildung und exzellenten Betrieb der deutschen Kernkraftwerke ist. Im Übrigen: jede Technik muss sich auf spezielle Sicherheitsanforderungen einstellen. Eine absolute Sicherheit gibt es nicht.

3. Argument der Ethikkommission: Wettbewerbsfähigkeit der Industrie.

Die Wettbewerbsfähigkeit soll erreicht werden, indem die erneuerbaren Energien zu vergleichbaren Preisen verfügbar sind wie Strom aus Kernkraft, Erdgas und Kohle. Das ist bisher jedoch heute und auf absehbare Zeit nicht gegeben:
Strom aus  Kernkraft kostet  2,5 cts/kWh, aus Steinkohle: 4,5 cts/kWh, aus Erdgas: 6-7 cts/kWh, aus Braunkohle 2,5 cts/kWh (9)                                                    
Die Abnahmegarantie laut EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) für den Wind- und Solarstrom und die garantierte Vergütung durch den Staat (letztlich Steuerzahler) verursachen Stromerzeugungskosten: Windstrom an Land ("Onshore"): 9,5 cts/kWh Windstrom, “Offshore“: 20 cts/kWh, Solarstrom je nach Anlagengröße: 10 -14 50 cts/kWh (garantierte Vergütung),
Deshalb sind auch aus wirtschaftlichen Gründen die Kernkraftwerke  und die fossilen Kraftwerke  für die Industrie auch für die Haushalte notwendig. Sie sind auch notwendig als Reservekraftwerke für Zeiten, wenn Solar- und Windstrom nicht verfügbar ist.

4. Probleme der Energiewende Die Energiewende ist gescheitert (10)!

Das Problem der Energiewende ist der nicht planbare Strom aus Wind- und Solarstromanlagen. In Spitzenzeiten übersteigt deren Produktion den Bedarf von Industrie und Haushalten. Der nicht abgenommene Strom wird deshalb ins Ausland verschenkt. Es fehlen ausreichende Stromspeicher. Bei wenig Sonne und Wind produzieren die Wind- und Solaranlagen fast keinen Strom. In dieser Zeit müssen Reservekraftwerke einspringen, die aber nur eine geringe Auslastung erreichen. In Europa hat E.ON bereits für ein Viertel der konventionellen Kraftwerke die Stilllegung beschlossen (11). Die Kraftwerke sind wegen der zu geringen Auslastung teilweise unwirtschaftlich, da der unkontrolliert produzierte Ökostrom auf Grund des EEG bevorzugt abgenommen werden muss. Auch die Übernahme von Windstrom von der Küste und der Nordsee ist wegen fehlenden Stromleitungen häufig nicht möglich. Dennoch erhalten die Betreiber der Windparks auf See für diesen nicht produzierten Strom eine Vergütung, die von den Stromverbrauchern gezahlt werden muß (12).
Energieminister Gabriel hat deshalb die Flucht nach vorn angetreten und praktisch das Handtuch geworfen (13):
Wörtliche Zitate aus seiner Rede bei der Solarfirma SMA in Kassel am 17.4.2014:
 – “Die Wahrheit ist, dass die Energiewende kurz vor dem Scheitern steht.”
 – “Die Wahrheit ist, dass wir auf allen Feldern die Komplexität der Energiewende unterschätzt haben.”
 – “Für die meisten anderen Länder in Europa sind wir sowieso Bekloppte“ 
 – „Wir haben eine Überförderung von 23 Mrd. € für Erneuerbare Energien jedes Jahr!!“
 – „Davon sind 50 % für Solar, die aber nur 4-5 % bei den Erneuerbaren Energien beitragen.“
 – „Kein Land in Europa gibt jährlich 23 Mrd.€ zur Förderung der erneuerbaren Energien aus.“
–        Und zum Schluß,,,,,,,ich mußte mal eben die Wahrheit sagen.“

Kommentar: Die Diskussion um die Energiewende wird noch einmal richtig ernst werden.

Dr.rer.nat. Ludwig Lindner                                         
Bürger für Technik e.V.
Emslandstr.5
45770 Marl
Tel.: 02365-35725
ludwig_lindner@t-online.de
www.buerger-fuer-.technik.de  
  Literatur
1. (1) www.buerger-fuer-technik.de/body__fukushima_im_vergleich_____.html
(2)  Deutschlands Energiewende – Ein Gemeinschaftswerk für die Zukunft vorgelegt von der Ethik-Kommission Sichere Energieversorgung , Berlin den30.5.2011
(3)  http://www.buerger-fuer-technik.de/body_zustimmung_zur_kernenergie.html Bericht vom 31.10.2010, seit 1988 16 Umfragen über die Jahre 60-70 % für Kernenergie.
(4)  Allensbach  FAZ Sonntagszeitung 3.6.2012 auf die Frage: Kann Deutschland in kurzer Zeit ohne Kernkraft auskommen? Antwort  67 %, nein wir brauchen noch einige Jahre.
(5)   Bildzeitung vom 16.10. 2012: 65 %von  118.827 Teilnehmern  für Kernkraft. (..wir wollen die Atomkraft zurück..) www.buerger-fuer-technik.de/body_65__fur_kernenergie.html‎
(6)  Nuclear Energy World Report Sept.2013, atw Vol58 (Vol. 2013), S.646 ff.                                  (7)http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kernkraftwerke
(8)(http://www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin/usa-nrc-bereitet-sich-fuer-gesuche-60-jahre vor
(9)     http://www.ptext.de/nachrichten/fakten-stromkosten-680333
(10) www.buerger-fuer-technik.de/body_energiewende_gescheitert1.html
(11)  E.ON Hauptversammlung 30.4.2014, Marler Zeitung 1.5.2014
(12)  http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/offshore-windkraft-abgeklemmte-windparks-kosten-verbraucher-millionen/9809466.html   Handelsblatt 24.4.201
(13)  Video :http://www.1730live.de/sigmar-gabriel-nimmt-in-kassel-stellung-zur-energiewende/