Können wir aus der Temperatur die Klimasensitivität ableiten?
Wie die meisten der der Klimapanik zugrunde liegenden Hypothesen ist auch diese mathematisch nicht überprüfbar. Der älteste aller globalen Temperatur-Datensätze – HadCRUT4 – beginnt erst im Jahre 1850, so dass das Ende des frühestmöglichen 125-jährigen Datensatzes im Jahre 1974 liegt, also deutlich später als 1950, dem Beginn eines potentiellen anthropogenen Einflusses.
Allerdings reicht der älteste regionale instrumentelle Datensatz, die Aufzeichnung aus Mittelengland (the Central England Temperature Record CET) zurück bis zum Jahr 1659. Hier könnte es ein paar Hinweise geben.
Die CET-Aufzeichnung hat ihre Nachteile. Sie ist regional und nicht global, und die frühesten Temperaturdaten darin haben eine Auflösung nicht besser als 0.5 bis 1,0 K. Allerdings liegt das damit abgedeckte Gebiet auf der richtigen geographischen Breite. Außerdem repräsentiert er während der letzten 120 Jahre zwei volle Zyklen der Pacific Decadal Oscillation, ihr Trend liegt innerhalb von 0,01 K des Trends der globalen Datensätze von GISS, HadCRUT4 und NCDC. Sie ist nicht völlig wertlos.
Ich habe Trends von 166 aufeinander folgenden 125-Jahres-Perioden genommen, und zwar von 1659 bis 1784 bis zur Periode 1824 bis 1949. Davon zeigten 57, oder 34% absolute Trends über |0.25| K (Tabelle 1)
Tabelle 1: Lineare Regression kleinster Quadrate der Trends (K) monatlicher regionaler Temperaturanomalien aus dem CET-Datensatz für 166 aufeinander folgende 125-Jahres-Perioden von 1659 bis 1784 bis zur Periode 1824 bis 1949. Davon zeigten 57, oder 34% absolute Trends über |0.25| K.
Die meisten der 125-Jahres-Perioden, die einen substantiellen absoluten Temperaturtrend zeigen, zeigen diesen am Anfang oder am Ende des getesteten Intervalls. Die Trends in den früheren Perioden zeigen die Erholung aus der Kleinen Eiszeit, die unabhängigen historischen Aufzeichnungen zufolge rapide war. In späteren Perioden kam die rapide Erwärmung on 1910 bis 1945 zum Ausdruck.
Gegenstand der Vorbehalte, mit denen man die von mir erwähnten Daten betrachten sollte, ist das Ergebnis, dass über ein Drittel aller 125-Jahres-Perioden vor Beginn des anthropogenen Einflusses auf das Klima beendet waren. Dies legt die Möglichkeit nahe, dass 125-Jahres-Perioden, die eine substantielle Temperaturänderung zeigen, mindestens dreimal so oft wie von Prof. Lovejoy vermutet auftreten.
Zusammen mit den vielen anderen Fehlern in der jüngsten Studie des Professors – vor allem seiner Vermutung, dass die Temperaturdatensätze, auf die er sich verließ, nur sehr kleine Fehlerintervalle aufwiesen, obwohl in Wirklichkeit große Fehlerintervalle vorhanden waren, die mit fernerer Vergangenheit immer mehr zunehmen – wirft seine Hypothese, dass rapide Temperaturänderungen selten sind, mehr als nur ein wenig Zweifel auf seine Behauptung, dass man die Klimasensitivität aus der jüngsten Temperaturaufzeichnung berechnen kann.
Wie können wir dann bestimmen, wie viel der Erwärmung im 20. Jahrhundert natürlichen Ursprungs war? Die Antwort lautet, ob man sie nun mag oder nicht, dass man das nicht kann. Aber wir wollen ad argumentum und per impossibile einmal annehmen, dass die Temperatur-Datensätze korrekt sind. Dann besteht eine Möglichkeit der Überprüfung der IPCC-Beweisführung darin, dessen Werte des Klimasensitivitäts-Parameters über verschiedene Zeitperioden zu untersuchen (Tabelle 2).
Tabelle 2: IPCC-Werte des Klimasensitivitäts-Parameters.
Grob gesagt ist der Wert des Klimasensitivitäts-Parameters unabhängig von der Ursache der direkten Erwärmung, die zu den Rückkopplungen führt, die dessen Wert verändern. Was auch immer der Grund für die Erwärmung ist, man macht nur einen geringen Fehler, wenn man annimmt, dass die Rückkopplungen als Reaktion darauf etwa gleich denen sind, die als Reaktion auf eine Erwärmung durch Antriebe ähnlicher Größenordnung aus irgendwelchen anderen Gründen auftreten.
Das IPCC sagt, dass es seit 1750 einen anthropogenen Antrieb von 2,3W/m² und einen geringen natürlichen Antrieb gegeben habe. In diesem Falle ist der Klimasensitivitäts-Parameter einfach der Quotient aus der Erwärmung um 0,9 K seit 1750 geteilt durch 2,3 W/m² oder 0,4 K m²/W. Da der größte Teil des Antriebs seit 1750 im vorigen Jahrhundert aufgetreten ist, liegt der Wert im richtigen Bereich und ist in etwa gleich dem Jahrhundert-Sensitivitäts-Parameter in Tabelle 2.
Als Nächstens brechen wir die Berechnung herunter. Dem IPCC zufolge betrug der gesamte anthropogene Antrieb seit 1950 0,6 W/m². Die Erwärmung von 1750 bis 1949 betrug 0,45 K. Daraus folgt, dass der Klimasensitivitäts-Parameter vor 1950 0,75 K m²/W betragen hatte, mehr auf der hohen Seite, was zeigt, dass einiges der Erwärmung vor 1950 natürlichen Ursprungs war.
Wie viel davon war natürlichen Ursprungs? Teilt man 0,45 K der Erwärmung vor 1950 durch den 200-Jahres-Sensitivitäts-Parameter 0,5 m²/W, ergibt sich 0,9 W/m². Falls das IPCC mit seiner Angabe von 0,6 W/m² als anthropogenem Anteil recht hat, waren 0,3 W/m² natürlichen Ursprungs.
Dem IPCC zufolge hatte der anthropogene Antrieb von 1950 bis 2011 1,7 W/m² betragen. Der lineare Temperaturtrend der Daten von 1950 bis 2011 beträgt 0,7 K. Man teile dies durch 1,7 W/m², um plausible 0,4 K m²/W zu erhalten, was erneut äquivalent zur Jahrhundert-Sensitivität des IPCC ist, dieses Mal jedoch unter der Hypothese, dass nichts von der Erwärmung seit 1950 natürlichen Ursprungs war.
Dieser Verlauf scheint plausibel. Aber die Plausibilität ist vollständig trügerisch. Sie wurde mit der einfachsten aller Methoden erreicht. Seit 1990 hat das IPCC den anthropogenen Strahlungsantrieb nichts weiter als halbiert, um den Anschein zu erwecken, dass dessen tote Theorie noch am Leben ist.
Im Jahre 1990 hat das IPCC vorhergesagt, dass sich der anthropogene Antrieb durch Treibhausgase seit 1765 bis zum Jahr 2014 auf 4 W/m² bei Business as Usual belaufen würde (Siehe Abbildung 1)
Abbildung 1: Projizierte anthropogene Treibhausgas-Antriebe 1990 bis 2100 (IPCC, 1990)
Jedoch – mit einer globalen Erwärmung von nur 0,9 K seit Beginn der industriellen Revolution würde der implizite Klimasensitivitäts-Parameter 0,9/4 = 0,23 m²/W betragen haben und damit deutlich selbst unter dem momentanen Wert liegen. Das ist nur die Hälfte der 0,4 bis 0,5 K m²/W, die man erwarten würde, falls die impliziten IPCC-Werte für den Parameter (Tabelle 2) für ein oder zwei Jahrhunderte korrekt wären.
Im Jahre 1990 gab es beim IPCC noch Momente der Ehrlichkeit. Es hat eingeräumt, dass die Größenordnung und sogar das Signal des Antriebs durch anthropogene Aerosol-Emissionen (Für Sie und mich Ruß) unbekannt war.
Allerdings befand es das IPCC graduell für angebracht, nicht nur einen Teil, sondern den gesamten CO2-Antrieb mit einem vermeintlichen negativen Antrieb durch Aerosol-Emissionen nicht mehr aufzurechnen. Nur durch diese Entscheidung konnte es fortfahren zu behaupten, dass seine sehr hohen Ein- und Zweihundert-Jahreswerte sowie die Gleichgewichts-Werte für den Klimasensitivitäts-Parameter plausibel waren.
Abbildung 2 zeigt das Ausmaß dieser Manipulationen. Der positive Antrieb durch CO2-Emissionen und der negative Antrieb durch anthropogene Aerosole sind sichtlich fast identisch:
Abbildung 2: Positive Antriebe (links) und negative Antriebe von 1950 bis 2008 (Murphy et al. 2009)
Als wäre das noch nicht schlimm genug, zeigt der Verlauf der globalen Erwärmung während der Instrumenten-Ära 60-jährige Zyklen, die der ~30-jährigen Abkühlungs- und der ~30-jährigen Erwärmungsphase der Pazifischen Dekadischen Oszillation folgen (Abbildung 3). Diese Oszillation scheint einen weitaus größeren Einfluss auf die globale Temperatur zu haben, zumindest kurz- und mittelfristig, als jedweder anthropogene Antrieb.
Die „settled Wissenschaft” des IPCC kann immer noch nicht erklären, was die Gründe für diese 60-jährigen Zyklen der PDO sind, aber deren Einfluss auf die globale Temperatur tritt in Abbildung 3 eindeutig hervor:
Abbildung 3: Monatliche globale Temperaturanomalien und –trends von Januar 1890 bis Februar 2014 als das Mittel der globalen mittleren Temperaturanomalien von GISS, HadCRUT4 und NCDC, zusammen mit Unter-Trends während der negativen oder Abkühlungsphase (grün) bzw. positiven oder Erwärmungsphasen (rot) der PDO. Die Daten der Phasen werden bereit gestellt durch dieses Institut. Anthropogene Strahlungsantriebe sind Aufteilungen des anthropogenen Antriebs von 2,3 W/m² von 1750 bis 2011, basierend auf dem IPCC (2013, Abbildung SPM.5.).
Überraschenderweise hat es in den gemessenen Aufzeichnungen seit 1659 nur drei Perioden mit einer globalen Erwärmung gegeben. Das waren die 40 Jahre von 1694 bis 1733, bevor die industrielle Revolution überhaupt begonnen hatte, mit einem Erwärmungstrend von +1,7 K nach dem dem Maunder-Minimum folgenden Anstieg der Sonnenaktivität; die 22 Jahre von 1925 bis 1946 mit einem Erwärmungstrend von +0,3 K und in Phase mit der PDO; und die 24 Jahre von 1977 bis 2000 mit einem Erwärmungstrend von +0,6 K, ebenfalls in Phase mit der PDO.
Tabelle 3: Perioden mit Abkühlung (blau) Erwärmung (rot) und ohne Trend (grün) seit 1659. Infolge von Unsicherheiten in der Temperaturaufzeichnung in Zentral-England könnte es in den 91 Jahren vor 1750 zu einer stärkeren Erwärmung gekommen sein als in den dreieinhalb Jahrhunderten danach.
Es gab nur eine einzige Periode mit Abkühlung, -0,6 K während der 35 Jahre von 1659 bis 1693 während des Maunder-Minimums. Die 191 Jahre von 1734 bis 1924, ob nun mit oder ohne industrielle Revolution, zeigten keinen Trend, ebenso wie während der negativen oder Kaltphasen der PDO während der 30 Jahre von 1947 bis 19786 oder während der 13 Jahre seit 2001.
Tabelle 3 fasst die Lage zusammen. Alles der globalen Erwärmung um 2 K seit 1750 kann einfach eine allmähliche und durch Unterbrechungen gekennzeichnete Erholung der globalen Temperatur nach der Kleinen Eiszeit sein.
Es gibt eine Diskrepanz zwischen dem fast-linearen projizierten anthropogenen Strahlungsantrieb (Abbildung 1) und den drei unabhängigen Perioden mit globaler Erwärmung seit 1659, wobei die stärkste Erwärmung vor der industriellen Revolution erfolgt und fast doppelt so stark wie die Gesamterwärmung seit 1750 war.
Kein zufriedenstellender Mechanismus ist bislang definitiv gezeigt worden, der erklärt, warum die PDO in Phasen agiert, und noch weniger, warum sich die gesamte globale Erwärmung seit 1750 nur während positiver bzw. warmer PDO-Phasen gezeigt haben soll.
Ein angemessenes Verständnis der Klimasensitivität hängt stark ab von der Größenordnung des anthropogenen Strahlungsantriebs, aber seit 1990 hat das IPCC diese Größenordnung fast halbiert, nämlich von 4 auf 2,3 W/m².
Um die Klimasensitivität aus der Temperaturänderung ableiten zu können, müsste man die Temperaturänderung mit hinreichender Präzision kennen. Allerdings, so wie der Strahlungsantrieb manipuliert worden ist, um ihn mit der Theorie in Einklang zu bringen, sind auch die Temperaturaufzeichnungen so manipuliert worden, dass sie zur Theorie passen.
Da nahezu jede Anpassung der globalen Temperatur mit der Zeit den Effekt hatte, dass die Erwärmung des 20. Jahrhunderts stärker aussah als sie tatsächlich war, wie oberflächlich auch immer die Erklärungen für die Anpassungen waren, sieht jetzt alles nicht gut aus.
In jedem Falle gilt aber: da das veröffentlichte Fehlerintervall Anfang des 20. Jahrhunderts von gleicher Größenordnung ist wie die gesamte globale Erwärmung seit 1750, ist offensichtlich, dass der Versuch, die Klimasensitivität aus globalen Temperaturtrends abzuleiten, sich selbst ad absurdum führt. Man kann es nicht.
Unter dem Strich: Die Verteilung der globalen Erwärmung, aufgeteilt in drei getrennte Perioden, wobei die erste und größte Erwärmung vor jedem möglichen anthropogenen Einfluss stattgefunden hatte, passt viel besser zu einer stochastischen natürlichen Variabilität als zu einer langsamen, unerbittlichen Zunahme des anthropogenen Antriebs, wie er vom IPCC vorhergesagt worden ist.
Das IPCC hat nicht nur seine Kurzfrist-Temperaturprojektionen kassiert (die möglicherweise immer noch exzessiv sind: es ist durchaus möglich, dass es auch während der nächsten 20 Jahre keine globale Erwärmung gibt), sondern es hat auch seine Schätzung des anthropogenen Strahlungsantrieb beim ‚Business as Usual‘ um fast die Hälfte reduziert. Zentimeter um Zentimeter befindet sich das IPCC auf dem Rückzug und hofft vergeblich, dass niemand das bemerken wird, während es weiterhin schreit: „Der Himmel fällt uns auf den Kopf!“.
Übersetzt von Chris Frey EIKE