Der milde Winter in Mitteleuropa – Klimawandel?
Wenn man die Wintertemperaturen bei uns vergleicht, schaut man gemeiniglich immer darauf, ob der Winter zu kalt oder zu mild war („normale“ Winter scheint es überhaupt nicht zu geben). Aber im Grunde vergleicht man dabei immer Äpfel oder Birnen mit Fruchtbrei. Ist es im Winter mild, liegen wir im Zustrom milder Luftmassen, meist von Südwesten her (na sowas!). Kälte dagegen kommt von Norden oder Osten. Mal überwiegt die eine Luftströmung, mal die andere, und manchmal wechseln sich beide ab. Die Aussage „Der Winter war zu kalt/zu mild“ bedeutet also im Klartext immer nur, dass wir überwiegend im Zustrom kalter/warmer Luftmassen lagen. Die Frage hier lautet: Kann man warme und kalte Luftmassen einfach so miteinander vergleichen?
Formuliert man es so, liegt die Antwort auf der Hand: natürlich nicht! Was man vergleichen kann, sind jedoch warme/kalte Luftmassen untereinander. Hierbei ist etwas auffällig, dass mir bedeutsam vorkommt.
Dieser ganze Winter ist nämlich seit praktisch Anfang Dezember durch immer die gleiche Wetterlage gekennzeichnet, nämlich einer außerordentlich starken atlantischen Frontalzone mit hohem zonalen Grundstrom. Üblicherweise ändert sich eine bestimmte Verteilung langer Rossby-Wellen von Zeit zu Zeit, meist im Abstand von einigen Wochen. In diesem Winter jedoch war das Rossby-Wellenregiment jedoch außerordentlich stabil, und im Grunde war bei der Abfassung dieses Beitrags immer noch keine grundlegende Änderung abzusehen. Ein Langwellentrog der Wellenzahl 3 befand sich über dem Atlantik, auf dessen Vorderseite milde Luft nach Norden und Nordosten geführt wurde, während auf seiner anderen Seite über den USA und Kanada arktische Luft weit nach Süden wehte, ohne einen Ozean dazwischen, der die Kälte hätte abmildern können. Man weiß jenseits des Atlantiks ja ein Lied davon zu singen.
Kurzwellentröge durchlaufen nun diesen Langwellentrog. Sie verstärken sich jeweils erheblich auf der zentralen Trogposition der langen Welle (die Folge ist jedes Mal die Bildung intensiver Tiefdruckwirbel) und schwächen sich wieder ab, wenn sie aus dieser heraus laufen. Zum Glück für uns lag die Position des Troges so weit westlich von uns, dass uns alle diese Entwicklungen nur gestreift haben, jedenfalls wenn man es mit den Britischen Inseln vergleicht. Denn das ist natürlich eine weitere Folge konstanter Strömungsverhältnisse: auch die aktiven Wettervorgänge finden immer im gleichen Gebiet statt. Der Durchzug starker Tiefdruckwirbel führt auf den Britischen Inseln immer zu Sturm und ergiebigem Niederschlag – Pech nur, dass das in diesem Winter immer wieder passiert.
Eine vergleichbare Lage gab es in Deutschland übrigens im Oktober 1974, als gleich vier Vb-Tiefdruckgebiete hintereinander Deutschland betrafen. In Berlin gab es im Oktober 1974 310% der normalen Niederschlagsmenge – aber nur, weil das letzte Tief in dieser Reihe am 1. November durchgezogen war.
Noch einmal: Die Bildung intensiver Orkanwirbel ist im Winter gang und gäbe, nicht jedoch die immer gleiche Lage über mehrere Monate hinweg. Eine solche Lage muss in vielen Gebieten zu Extremwetter führen, aber nicht durch einzelne Extravorgänge (wie z. B. Hurrikane), sondern einfach durch die stetige Wiederholung ganz „normalen“ Wetters immer an der gleichen Stelle. Aber ich schweife ab. Interessant ist nämlich ein anderer Aspekt.
Wie schon erwähnt, lag Mitteleuropa immer wieder im Zustrom sehr milder Luftmassen von Südwesten her. Es bot sich also Gelegenheit, diese milden Luftmassen einmal untereinander zu vergleichen, sowohl insgesamt in diesem Winter als auch mit Warmluftvorstößen in anderen Wintern.
Hierbei muss zunächst berücksichtigt werden, dass sich die milden Luftmassen vor allem bei windschwachem Wetter nicht bis in das Tiefland durchsetzen können. Man darf also für einen solchen Vergleich nicht einfach das Temperaturniveau am Boden heranziehen. Vergleichen muss man das Temperaturniveau im 850-hPa-Niveau (also in etwa 1500 m Höhe). Aber auch die Föhnluftmassen an den Alpen lassen sich vergleichen.
Hierbei ist auffällig, dass die milden Luftmassen in diesem Winter durchweg längst nicht so mild sind, wie sie es in früheren Winter schon waren. Zwar gab es im Alpenvorland Temperaturwerte über 10 Grad in diesem Niveau, aber das war ausschließlich dem Absinken im Lee der Alpen geschuldet. Advektiv, also im horizontalen Transport, waren solche Luftmassen nie im Spiel. Auch über dem Mittelmeer, wo in milden Luftmassen im 850-hPa-Niveau häufig Temperaturwerte bis 15 Grad anzutreffen sind, war es längst nicht so mild.
Oder im Klartext: bei einer so stark vorherrschenden südlichen oder südwestlichen Luftströmung hätte der Winter eigentlich noch deutlich milder ausfallen müssen. Warum die milde Luft diesmal auch nicht mehr das ist, was sie mal war, darüber kann jetzt spekuliert werden.
Im Übrigen halte ich das Aufleben des zonalen Grundstromes auf ein Ausmaß wie in diesem Winter nach vielen Jahren, in denen er immer schwächer wurde, eher für einen Ausreißer. Die EIKE-Autoren Kowatsch, Kämpfe und Leistenschneider (2013) haben in verschiedenen Beiträgen hier beim EIKE darauf hingewiesen, dass so gravierende Änderungen typisch sind für den Übergang in eine Kaltzeit. Der Zeitscale solcher Ausschläge nach beiden Seiten passt in dieses Bild.
Wollen wir hoffen, dass es nicht im nächsten Winter mit der gleichen Konstanz zu Nord- oder Nordostlagen kommt. Im Gegensatz zu den Alarmisten sehe ich so etwas nämlich als Gefahr an, nicht die milde Witterung. Ich glaube kaum, dass man in den USA jubelt, weil es so kalt ist und die Wärme sich nicht so schädlich auswirken kann, wie es Präsident Obama immer wieder behauptet.
Ach so, auch diese Kälte soll ja der Erderwärmung* geschuldet sein…
* Bild fragt:
Wieso spielt das Weltwetter verrückt?
Ist der Klimawandel schuld? Dieser Theorie gingen US-Forscher beim Jahrestreffen des weltgrößten Wissenschaftsverbands American Association for the Advancement of Science (AAAS) in Chicago nach.
„Es stimmt überein mit dem Muster, das wir auf Basis unserer Daten erwarten”, sagte die Klimaforscherin Jennifer Francis von der Rutgers Universität im US-Bundesstaat New Jersey am Samstag.