Christiana im Klima-Wunderland
„Wer Visionen hat, der sollte zum Arzt gehen“ Diesen gutgemeinten Rat des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt kennt die Generalsekretärin der UNFCC – United Nations Frame Work Convention on Climate Change; Christiana Figueres vermutlich nicht, den sonst wäre sie nicht zum Vortrag am 3.2.14 in Berlin bei der Hertie School of Governance erschienen, sondern direkt zum Arzt gegangen. So aber ließ sie ca. 120 geladene Gäste – überwiegend jüngere Leute von diversen NGO`s, aber auch ein paar Botschafter von Entwicklungsländern- an ihren Visionen teilhaben.
Ihre Botschaft : Haben wir einmal die große Transformation geschafft, dann wird die Welt ein Wohlfühl- und Wohlstands-Paradies in dem alle und jeder sich seine eigene aber saubere Energie herstellt.
Zuvor aber, das stellte sie in ihrem eloquenten Vortrag fest, gelte es noch eine Riesenhürde zu überwinden. Denn wir dürften nicht nur die 800 Milliarden t CO2 „Guthaben“- dass die Völker ihrer Ansicht nach- noch zur Vermeidung der Weltklimakastatrophe insgesamt gehabt hätten, nicht nur nicht überschreiten, sondern unter Abzug der bereits „verbrauchten“ oder „gelieferten“ – je nach Betrachtung- 500 Mrd t CO2 welche die Industrieländer bereits verbraucht/geliefert hätten, müssten die restlichen 300 Mrd t CO2 den 135 Entwicklungsländern dieser Welt zugute kommen. Nur dann wäre die magische Grenze von 2 °C Temperatur Zunahme über der vorindustriellen Zeit noch zu vermeiden, das Klima würde dann nicht kippen und die Welt nicht in den Klima-Abgrund stürzen.
Zwar sei das jetzt noch verbliebene Zeitfenster inzwischen fast zu, aber dank ihrer Hilfe und der des UNFCC, des IPCC und aller guten Menschen, die dies auch wollten, würden wir es doch noch schaffen, uns da durch zu „quetschen“.
Weil, so die frohe Botschaft, spätestens 2015 – so hätten sich die Nationen in Warschau geeinigt- ein neues Weltklimaabkommen stehen würde.
Ihre Beobachtung wäre, dass die Regierungen, auf Grund der überall zu spürenden Zunahme von Extrem-Wetter Ereignissen, die fraglos dem Klimawandel zuzuschreiben seien, immer gewillter sind, dieser Tatsache durch ein neues Weltklimaabkommen Rechnung zu tragen. Und das schöne und wichtige daran sei, dass dies nicht ohne eine Weltregierung um- und durchsetzbar sei. Das stellte sie gleich am Anfang ihrer Ausführungen klar. Allein das sei es für sie so wichtig, dass sie sich als Chefin einer UN-Unterbehörde so sehr dafür einsetze.
Um die Entwicklungsländer in die Lage zu versetzen ihre 300 Mrd t CO2 auch ordnungsgemäß zu erzeugen forderte sie: „Dafür brauchen sie unsere technologische und finanzielle Unterstützung.“
Sie müssten also durch die reichen Länder in die Lage versetzt werden, ihren Wohlstand drastisch zu steigern. Deshalb müssten die Industrieländer den bereits beschlossenen Ausgleichsfonds von erhofften 100 Mrd $US jährlich ,auf eine Billion $US jährlich aufstocken. Das sei nur gerecht und das Gebot der Stunde. Sie ließ unerwähnt, dass auch für die beschlossene Summe von 100 Mrd $US, abgesehen von ein paar Zahlungen der EU, noch kein Zahler gefunden worden war. Doch solche Peanuts hält man als gelernter Diplomat nicht für mitteilenswert.
Spätestens hier wurde einmal mehr deutlich, dass Frau Figueres, als Tochter eines ehemaligen Staatspräsidenten des bitterarmen Entwicklungslandes Costa Rica (Welch Ironie: Costa Rica = Reiche Küste) mit knapp 5 Millione Einwohnern, durchaus im eigenen Interesses redete.
Und dann kam die Verheißung, die Vision:
Weil die Industrieländer ganz schnell auf „Erneuerbare“ umsteigen würden und müssten, würde dort auch ungeahnter Wohlstand ausbrechen. Energie gäbe es im Überfluss. Jedes Haus, jeder Wohnblock, jede Fabrik würde dezentral eine eigene saubere weil „erneuerbare“ Energieversorgung haben. Sogar die Autos, so schwärmte die ausgebildete Diplomatin, würden nicht nur elektrisch fahren, sondern auch noch überschüssige Energie abgeben können.
Und all dies sei auf einem sehr guten Weg, denn anders als in Kopenhagen 2009, wo jeder eine großen Vertrag erwartete, aber keiner zustande kam, würde heute Konsens darüber herrschen, dass es 2015 zu einem Vertrag käme. Alle 194 Teilnehmerstaaten, ohne Ausnahme, hätten dem zugestimmt. Grundsätzlich sei sie „optimistisch“, dass die historisch einmalige Transformation, die zur Bewältigung des Klimawandels nötig sei, gelingen werde. „Das Zeitfenster, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, schließt sich. Wir müssen uns ein bisschen quetschen, aber wir können es schaffen.“
Die Zuhörer lauschten gebannt. Manche waren regelrecht sprachlos. Denn der Moderator musste seine anwesenden Studenten mehrfach bitten, doch auch ein paar Fragen an Frau Figueres zu stellen. In der folgenden Diskussion ging es u.a. um die Fragen wie der Geldsegen gerecht zu verteilen wäre, auch natürlich an die eine oder andere NGO. Ihre Exzellenzen, die Botschafter lauschten ebenfalls hingerissen dieser Erzählung von der schönen Neuen Klimawelt.
Auf den schüchternen Hinweis des Autors dieser Zeilen, dass die Welt seit 16 Jahren trotz rasantem CO2 Emissionsanstiegs nicht mehr wärmer geworden wäre, wurde er als einer aussterbenden Spezies zugehörig bezeichnet, denn die Wissenschaft sei sich nun mal einig. Daran würden die wenigen „Climate Denier“ auch nichts ändern. Dann folgte von Frau Figueres noch eine nette Pantomime, mit der sie darstellte, dass der Erwärmungstrend ungebrochen sei. Es bedurfte keinerlei Erwähnung – weil das ja Konsens sei- dass CO2 definitiv die Ursache dafür wäre.
Auch mein Hinweis auf die tausende von Wissenschaftlern, die anderer Meinung seien und die über 1000 begutachteten Publikationen, die Gegensätzliches verkündeten, wurde mit der Bemerkung abgebürstet, das IPCC hätte alles, alles dazu überprüft und sei danach zu seinem Urteil gekommen. Basta!
Schöne Neue Klimawelt. es ist doch so einfach!
Nachtrag: Vor mir saß eine nette Reporterin von Klimaretter Info Frau Susanne Ehlerding *, mit der ich mich über das Gehörte ein wenig austauschen wollte. Doch sie brach den Kontakt mit mir brüsk ab, als ich sie bat, mir doch wenigstens einen einzigen Beweis für die Wirkung des CO2 auf das Klima zu nennen. Einziger Kommentar: Das wäre doch wieder ganz typisch, das ich nicht mal daran glaubte. Und wandte sich dann wichtigeren Dingen zu.
* Susanne Ehlerding ist von Haus aus Literaturwissenschaftlerin. Sie hat als Redakteurin beim Nordkurier gearbeitet, als Referentin für Öffentlichkeitsarbeit an der Fachhochschule Neubrandenburg und als freie Journalistin für die Nachrichtenagentur dapd. Heute gräbt sie sich mit Vorliebe in die Bestimmungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und die Planungen zum Netzausbau ein. Wissenschaftsmeldungen zum Klimawandel sind für sie das Sahnehäubchen im Redaktionsalltag.
Nachrichten an: susanne.ehlerding@klimaretter.info