Der große Biotreibstoff-Skandal
Bild rechts: Eine Palmölplantage in Indonesien: Man schätzt, dass etwa 30 Millionen Menschen hungern als direkte Folge von Biotreibstoffen. Photo: EPA.
Das Thema Biotreibstoffe ist ein perfektes Beispiel für gute Absichten, die zu furchtbaren Ergebnisse führen. Mehr noch, es ist eine Lektion, wie mächtige pseudo-grüne Interessen eine schlechte Politik nachhaltig beeinflussen. Hoffentlich wird es jetzt auch zu einem Beispiel dafür, wie wieder Vernunft in die spaltende Klimadebatte einzieht.
Die Grünen haben Biotreibstoffe anfangs bevorzugt als Waffe gegen die globale Erwärmung, und zwar mit der Behauptung, dass sie viel weniger CO2 emittieren würden als fossile Alternativen. Während die Pflanzen bei ihrem Wachstum CO2 aufnehmen, entweicht bei der Verbrennung genauso viel CO2 wieder in die Luft, was zu Null Gesamtemissionen führt.
Aber der Traum wurde zum Alptraum, als Umweltaktivisten sich dagegen gewandt haben. Selbst Al Gore hat behauptet, dass die Biotreibstoffe ein „Fehler“ seien.
Studien zeigen, dass Land, das zum Anbau von Energiepflanzen genutzt wird, dazu führt, dass Land für Ackerbau anderswo erschlossen wird – oftmals in Wäldern – was zu substantiellen CO2-Emissionen führt. Und die Verarbeitung emittiert ebenfalls CO2, was die Vorteile drastisch reduziert.
In der EU haben auf Ernten basierende Biotreibstoffe etwa 5 Prozent des Treibstoffs im Transportwesen ersetzt. Falls die Biotreibstoffe wirklich emissionsfrei wären, würde das die Emissionen um 5% reduzieren – eine Gesamtmenge von etwa 59 Millionen Tonnen CO2 in jedem Jahr bis 2020.
Aber eine Studie des International Institute for Sustainable Development aus diesem Jahr 2013 zeigt, dass Entwaldung, Düngemittel und fossile Treibstoffe, die bei der Erzeugung von Biotreibstoffen gebraucht werden, etwa 54 Millionen Tonnen CO2 emittieren würden. Volle 92 Prozent des „eingesparten“ CO2 werden einfach anderswo emittiert. Für Biotreibstoffe alleine bedeutet dies im Endeffekt eine Zunahme der Emissionen.
Folglich würden sich die Einsparungen in der EU minimale 5 Millionen Tonnen sein oder etwa ein Zehntel von einem Prozent der europäischen Emissionen insgesamt. Selbst über ein Jahrhundert wären die Auswirkungen dieser Einsparung trivial. Lässt man das in ein Standard-Klimamodell eingehen, wird dieses den globalen Temperaturanstieg bis zum Jahr 2100 um gerade mal 58 Stunden verzögern.
Und die Kosten für die Steuerzahler belaufen sich auf etwa 6 Milliarden Pfund pro Jahr; jede Tonne eingesparten CO2 kostet etwa 1200 Pfund. Das Zertifikate-Handelssystem der EU ergibt geschätzt Kosten von weniger als 4 Pfund für jede vermiedene Tonne. Das heißt, wir zahlen 300 mal zu viel.
Mehr noch, die besten wirtschaftlichen Schätzungen zeigen, dass die Vermeidung von einer Tonne CO2 der Welt Einsparungen hinsichtlich von Umweltschäden von etwa 4 Pfund bringen würde. Für jedes für Biotreibstoffe ausgegebenes Pfund vermeiden wir für einen Viertelpenny Klimaschäden – ein extrem ineffizienter Weg, der Welt zu helfen.
Traurigerweise wird es noch schlimmer werden. Ursprünglich wollte die EU dass volle Zehn-Prozent-Ziel erneuerbarer Energie für das Transportwesen bis zum Jahr 2020 erreichen, eine Verdoppelung der heutigen Zahl. Wenn jetzt jedermann erneut darüber nachdenkt, lautet der Vorschlag, dies auf 7 Prozent zu reduzieren.
Aber das Scheitern des Ministerrates, selbst diese moderate Reduktion einzuführen, hinterlässt uns weiterhin die 10 Prozent, was die Kosten für den Steuerzahler in der EU verdoppeln könnte auf etwa 13,8 Milliarden Euro pro Jahr. Verwendet man zehn Prozent des Treibstoffes für Transporte, würde dies die EU-Emissionen um winzige 9 Millionen Tonnen reduzieren und zu einer Kostensteigerung pro eingesparter Tonne von 1260 Pfund führen. Die Gesamtauswirkung auf die Temperatur bis zum Jahr 2100 würde lediglich 0,00025°C ausmachen.
Schlimmerweise sind die gewaltigen Kosten und winzigen Vorteile nur ein kleiner Teil dessen, was bei den Biotreibstoffen nicht stimmt. In fast jeder Hinsicht sind sie eine Katastrophe. Die gegenwärtigen EU-Anbauflächen für Biotreibstoff sind größer als Belgien, und eine ähnlich große Fläche wird für die Importe in die EU international benötigt. Der Biotreibstoff-Ackerbau verbraucht so viel Wasser wie die Flüsse Seine und Elbe zusammen mit sich führen.
Außerdem lassen die Landwirte schnell wachsende Bäume wie Pappeln, Weiden und Eukalyptusbäume wachsen. Unglücklicherweise emittieren diese drei eine Chemikalie namens Isopren, ein Luftverschmutzer, der die menschliche Gesundheit beeinträchtigen kann. Einer Studie der Lancaster University zufolge wird bei zunehmendem Ackerbau, um das EU-Ziel der 10 Prozent zu erreichen, die Luftverschmutzung zunehmen, was zu zusätzlich 1400 Todesopfern und Kosten in Höhe von 5,2 Milliarden jährlich führt.
Aber am wichtigsten ist der moralische Aspekt. Die Tatsache, dass man Land verbraucht, um Treibstoff anstatt Nahrungsmittel zu erzeugen, ist eine Scheußlichkeit in einer Welt, in der immer noch fast eine Milliarde Menschen hungern. Man schätzt, dass europäische Biotreibstoffe inzwischen ausreichend Landfläche verbrauchen, um 100 Millionen Menschen zu ernähren, und das Programm der USA verbraucht sogar noch mehr Land.
Obwohl Biotreibstoffe nicht der einzige Grund für steigende Nahrungsmittelpreise während der vergangenen Jahre waren, waren sie es zumindest zum größten Teil. Es ist für arme Leute schwierig, Nahrungsmittel zu kaufen, wenn westliche Gutmenschen die Preise mit stark subventionierten Biotreibstoffen in die Höhe treiben. Und wenn wir den Zug der Biotreibstoffe nicht anhalten, werden Modellrechnungen zufolge bis zum Jahr 2020 weitere 40 bis 135 Millionen Menschen hungern.
Warum gibt es immer noch Biotreibstoffe? Die einfache Antwort lautet: Big Green. Zehnermilliarden Pfund an Subventionen und Steuervorteilen kaufen eine furchtbare Menge begehrlicher Interessen. Al Gore sagte: „Es ist sehr schwierig, wenn ein solches Programm erst einmal eingeführt worden ist, mit den Lobbygruppen umzugehen, die dieses Programm am laufen halten“. Er räumt ein, dass sein Antreiben für zunehmenden Gebrauch von Biotreibstoffen hauptsächlich den Farmern in seinem Heimatstaat geschuldet war, denen dies sehr geholfen hat. Für einen Präsidentschaftsbewerber ist das unabdingbar.
Die Kosten der globalen Klimapolitik belaufen sich auf etwa 1 Milliarde Dollar jeden Tag. Windturbinen kosten zehnmal soviel wie die geschätzten Vorteile hinsichtlich Emissions-Reduktionen einbringen, und Solarpaneele kosten fast 100 mal so viel. Und doch gibt es mit den Ausgaben für diese Technologien in Höhe von 136 Milliarden Pfund pro Jahr viele Interessengruppen, die die Quelle weiter sprudeln lassen.
Aber Opposition gegen das zügellose Ausufern der Biotreibstoffe zeigt auch den Weg zu einer rationaleren Klimapolitik. Falls wir die weitere Ausbreitung von Biotreibstoffen verhindern können, können wir Menschenleben retten, Geld sparen und damit anfangen, bessere Wege der Abhilfe zu finden. Dieser könnte darin bestehen, die Landwirtschaft produktiver zu machen, so dass mehr Menschen preiswert ernährt werden können, während der Raum für wild lebende Spezies wieder wächst.
Für jetzt bleibt nur, nach einem Stopp der unmoralischen Biotreibstoff-Verrücktheit zu rufen. Nicht nur durch das zahme Reduzieren von Zielen, sondern durch das komplette Einstellen der Produktion dieser Treibstoffe.
Bjørn Lomborg ist Direktor des Copenhagen Consensus Centre. Sein neues Buch trägt den Titel ‚How Much Have Global Problems Cost the World? A Scorecard from 1900 to 2050’
Link: http://www.telegraph.co.uk/earth/energy/biofuels/10520736/The-great-biofuels-scandal.html
Übersetzt von Chris Frey EIKE