Die Entwicklung der Landwirtschaft erlaubte die Bildung größerer Siedlungen, obwohl die Nahrungsmittelsicherheit keineswegs garantiert war. Selbst heute noch: obwohl zum ersten Mal in der Geschichte eine enorme Vielfalt von Nahrungsmitteln angeboten wird, jedenfalls für den größten Teil der Bevölkerung in der entwickelten Welt, sind etwa 1 Milliarde Menschen – vor allem in Südasien und Afrika südlich der Sahara – chronisch unterernährt.

Sollten wir daraus schließen, dass Nahrungsmittelsicherheit in der heutigen Welt das größte Problem ist? Für die restlichen Jäger und Sammler ist es mit Sicherheit der Schlüsselpunkt ihrer Existenz. Aber die große Mehrheit derjenigen, die hungrig zu Bett gehen und sich nicht auf Tiere oder Wildpflanzen verlassen können – bei ihnen handelt es sich entweder um Landwirte, die für den Eigenbedarf produzieren, oder um die Armen in der Stadt. Erstere sind abhängig vom Erfolg ihrer eigenen Ernten. Sie haben nicht genug Geld, um Nahrungsmittel dazu zu kaufen (oder es fehlt ihnen vielfach auch die Gelegenheit dazu). Für die Armen der Stadt ist das Problem einfach und allein das fehlende Geld.

Obwohl also Nahrung weiterhin ganz oben auf der Liste der Bedürfnisse steht, sollten wir uns ernsthaft aber etwas anderes überlegen, nämlich was nötig ist, um entweder mehr Nahrungsmittel anzubauen oder um wohlhabend genug zu werden, um in der Lage zu sein, diese Nahrungsmittel auch zu kaufen. Und die Antwort lautet: Energie! Nahrung für sich genommen ist Energie für den menschlichen Körper. Für diejenigen von uns, die das Glück haben, in der industrialisierten Welt zu leben (und für eine Minderheit von Kleptokraten in ärmeren Ländern) ist ausreichend und vielfältige Nahrung eines der Vergnügen des Lebens, wobei ganze Industrien entstanden sind, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen (Hersteller von Nahrungsmitteln, Händler, Restaurants etc.) Aber ultimativ essen wir, um gesund weiter zu leben und um in der Lage zu sein, mehr Nahrungsmittel anzubauen oder das Geld für deren Erwerb zu verdienen.

Landwirte für den Eigenbedarf haben lediglich ihre eigene Muskelkraft und die von irgendwelchen Tieren als Hilfen beim Ackerbau. Das ist eine wesentliche Strapaze sowohl für das Landgebiet, das sie bearbeiten, als auch für die Ernte, die man dabei erwarten kann. Der Ertrag ist darüber hinaus begrenzt durch die Verfügbarkeit von Grundnährstoffen: vor allem Stickstoff, aber auch Kalium und Phosphor. So war es auch in Europa vor der industriellen Ära.

Dann kam die Dampfkraft, und damit begann ein immer mehr sich fortentwickelnder Prozess, in dem Pferd und Ochse (die selbst schon den kümmerlichen Menschen einen deutlichen Vorteil verschafften) durch den Traktor ersetzt wurden. Die Erfindung des Haber-Bosch-Prozesses und dessen erste kommerzielle Umsetzung vor einhundert Jahren machte Stickstoffdünger weit verbreitet verfügbar, was zu einer großen Verbesserung der Ernten auf dem bearbeiteten Land geführt hat.

Heutzutage reicht relativ eine Handvoll Menschen aus, um viel mehr Nahrungsmittel zu erzeugen, als zu jener Zeit, als die Mehrheit der Menschen auf dem Lande gearbeitet hat. Die rapide Verstädterung in Entwicklungsländern wird in nicht allzu ferner Zukunft dazu führen, dass die Landwirtschaft nur noch einen geringen Anteil an der Gesamtwirtschaft eines jeden Landes hat. Bislang ist sie noch einer der größten Faktoren in weiten Gebieten von Afrika südlich der Sahara sowie Süd- und Südostasien. Aber dieser scheinbar nicht aufzuhaltende Prozess kann nur weitergehen, wenn es genügend zuverlässige und preiswerte Energie gibt, um die Muskelkraft zu ersetzen.

Dies ist auch der Grund, dass China nicht aufhören wird, in naher Zukunft immer neue Kraftwerke zu bauen – trotz seines Engagements in dem herum reisenden Zirkus der stattfindenden Verhandlungen zum Thema Klimaänderung. Manche weisen darauf hin, dass das Land viele Windparks und Solarpaneele installiert, aber in einem Land mit einem so hohen Energiebedarf ist das praktisch bedeutungslos im Vergleich mit der installierten Kohle und Kernkraft.

Einem kürzlich veröffentlichten Artikel zufolge (ChinaFAQs: Renewable Energy in China – An Overview) erzeugt das Land etwa 8% seiner Gesamt-Primärenergie aus nicht fossilen Quellen. Allerdings ist vieles davon Wasserkraft: Es gibt dort fast 230 GW installierter Kapazität (die größte im Vergleich zu allen anderen Ländern). Im Vergleich dazu beträgt die Kapazität von Windkraft 75 GW und die von Solarpaneelen nur 7 GW. China mag der größte Produzent von Photovoltaik-Zellen sein (von denen viele exportiert werden) und plant den Bau weiterer Windparks, aber dies bedeutet keineswegs eine Abkehr von fossilen Treibstoffen.

Ein Ende des vorigen Jahres im Guardian erschienener Artikel bringt es auf den Punkt: More than 1,000 new coal plants planned worldwide, figures show. Das World Resources Institute hat ermittelt, dass 1200 Kohlekraftwerke in Planung sind, zwei Drittel davon in China und Indien. Einige Kohlekraftwerke in Peking wurden durch Gaskraftwerke ersetzt, um das notorische Problem der Luftverschmutzung in dieser Stadt in den Griff zu bekommen, aber es scheint eindeutig, dass China und Indien während der nächsten Jahrzehnte auf das Wachstum von Kohlekraft setzen werden.

Der größte Wettbewerbsvorteil Chinas sind die niedrigen Produktionskosten, und das wird man nicht unnötig durch steigende Energiepreise aufs Spiel setzen. Indien mit seiner weniger dynamischen Wirtschaft als sein nördlicher Nachbar kann sein Wachstum nur durch ähnliche Vorteile bei den Produktionskosten beschleunigen. Nur eine wachsende Wirtschaft wird in der Lage sein, das erschreckend hohe Niveau der Mangelernährung im ganzen Land zu reduzieren.

Billige und sichere Energie ist der Schlüssel zu wirtschaftlichem Wachstum und produktiver Landwirtschaft. Sie ist ultimativ auch die Antwort auf das wachsende Problem der Trinkwasserknappheit. Wasser als solches ist keine begrenzte Ressource, aber häufig befindet es sich an der falschen Stelle oder ist zu salzhaltig für den Gebrauch. Eine sichere und erweiterbare Energieversorgung ermöglicht es, via Osmose Salzwasser in Trinkwasser zu verwandeln und auch die Entwicklung intelligenterer Bewässerungssysteme.

Die globale Erwärmung kann später in diesem Jahrhundert zu einem Problem werden oder auch nicht, aber eine wohlhabende und gut ernährte Bevölkerung wird viel besser in der Lage sein, damit umzugehen als eine Welt, in der eine Milliarde Menschen unterernährt ist. Energiesicherheit ist das heutige Imperativ!

Link: http://www.scientific-alliance.org/scientific-alliance-newsletter/energy-imperative

Übersetzt von Chris Frey EIKE

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