Parallel zu dieser Umverteilung werden trotz Staatsschulden von mehreren Billionen Euro in Deutschland im Rahmen der Umstellung auf sogenannte erneuerbare Energien alte und bewährte Energieversorgungssysteme verschrottet, und es wird billigend in Kauf genommen, dass durch die zwangsläufig nötigen doppelten Installationen von Versorgungsanlagen zur Absicherung einer stabilen Stromversorgung und Subventionen für neue technisch nicht ausgereifte, teurere Versorgungssysteme die Belastung der Bevölkerung sowie die Staatsverschuldung unüberschaubar steigen.

Der deutschen Bevölkerung wird der volkswirtschaftliche Kraftakt der Energieumstellung durch die angeblich bevorstehende Klimaerwärmung begründet und mit einem Beschäftigungsboom im Bereich der erneuerbaren Energien schmackhaft gemacht. „Die Verpflichtungen zum Erreichen der Klimaziele bedeuten Arbeitsplätze und Wachstum“, lautet seit Jahren der Tenor der Politik. 2009 erklärte die deutsche Bundeskanzlerin: „Deutschland kann allein im Bereich der Energieeffizienz in den kommenden 10 Jahren 800.000 neue Jobs gewinnen“, und der Unternehmensberater Roland Berger prognostiziert, dass 2020 die Umweltbranche mehr Mitarbeiter ernähren wird als die heutigen beiden Leitbranchen Automobilbau und Maschinenbau zusammen.

Das Gegenteil ist der Fall, wie man am Beispiel des ehemaligen Musterlandes für erneuerbare Energien, Spanien, erkennen kann: Die Ökoindustrie ist keineswegs ein Job-Motor, sondern mittel- und langfristig eine Arbeitsplatz-Vernichtungs-Maschine für die Länder, die sich dieser Philosophie angeschlossen haben und ein Wohlstandvernichtungsprogramm größten Ausmaßes.

Spanien: Ökoindustrie als Jobvernichter

Für den US-Präsidenten Obama diente Spanien noch vor gar nicht so langer Zeit als Referenz für die Einführung erneuerbarer Energien und als Begründung dafür, die so nötige Belebung der amerikanischen Wirtschaft durch neue Industrien und neue Arbeitsplätze zu erreichen. Kein anderes Land hatte zu diesem Zeitpunkt die Einführung erneuerbarer Energien so intensiv unterstützt wie Spanien, das seinen Energiemarkt nach deutschem Vorbild ordnete. Entsprechend dem deutschen Erneuerbaren-Energie-Gesetz waren Renditen aus dieser Energieform für 25 Jahre gesichert, Strom aus Photovoltaik-Anlagen wurde mit bis zu 575 Prozent und Strom aus Windkraftanlagen mit bis zu 90 Prozent über dem Marktwert liegenden Strompreisen unterstützt. Das sind auch nach der aktuellen Reduktion der deutschen Einspeisevergütung noch sehr zurückhaltende Zahlen. In Deutschland liegen diese Werte heute immer noch bei cirka 900 Prozent (Solarförderung) bzw. 400 Prozent (Förderung der Windenergie).

Die Wirtschaftskrise in der zweiten Hälfte des Jahres 2007 hat jedoch die Problematik dieser Subventionen offengelegt und gezeigt, dass die derzeitige Finanzkrise in Spanien neben der explodierenden Bauwirtschaft zum großen Teil auf Fehlentwicklungen durch das Erneuerbare-Energie-Gesetz zurückzuführen ist. Die Kreditkrise 2007/08 zwang Spanien zu Kürzungen in der massiv unterstützten Bauwirtschaft, dem Transportwesen, dem Maschinenbau etc. Erneuerbare Energien blieben die bevorzugten Felder für die Kreditvergabe und starteten ein himmelstürmendes Investitionsprogramm speziell bei der Photovoltaik (allein eine Verdreifachung der Kapazitäten zwischen 2007 und 2008), während der Rest der spanischen Produktion stagnierte.

Das Wirtschaftswachstum brach ein und hat sich seitdem nicht mehr erholt. Am 27.1.2012 wurden die Subventionen für neue Solar-, Wind- und Bioenergieanlagen mit folgender Begründung gestoppt: „Was heute ein Energieproblem ist, könnte zu einem finanziellen Problem werden“ (Industrie-Minister Jose Manuel Soria in Madrid). Leider nicht früh genug, um die spanische Finanzkrise aufzuhalten! Investitionen in erneuerbare Energien, die einer ständigen Nachfinanzierung bedürfen und nicht zu einem sich selbst finanzierenden Geschäftsfeld führen, vernichten Kapital, das letztendlich dem privaten Sektor für selbsttragende Investitionen fehlt.

Die Einführung erneuerbarer Energien auf der Basis eines Erneuerbaren-Energie-Gesetzes sind keineswegs ein Job-Motor, wie es die EU- Kommission und Bundesregierung nicht müde werden zu betonen. Eine Studie der Madrider Universität Rey Juan Carlos aus dem Jahr 2009 über die spanischen Situation [1] kommt zu ganz anderen Ergebnissen. Darin sind derart viele Parallelen zur deutschen Situation zu erkennen, dass sie deutschen Politikern als Warnung dienen sollte. Gabriel Calzada Alvarez und seine Mitarbeiter gingen dabei von zwei verschiedenen Ansätzen aus. Bei der ersten Methode verglichen sie den Kapitalbedarf für einen Arbeitsplatz im Bereich der erneuerbaren Energien mit demjenigen in der privaten Wirtschaft, beim zweiten Ansatz wurde die jährliche Produktivität zwischen einem Arbeitsplatz im Bereich der erneuerbaren Energien mit demjenigen in der privaten Wirtschaft verglichen.

Durch eine Investitionssumme, die die gesamten bereits ausgegebenen und vertraglich festgelegten Subventionen von 28,67 Milliarden Euro zwischen den Jahren 2000 und 2010 erfasst, wurden in Spanien 50.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Das ergibt einen Betrag von 571.000 Euro pro aktuellem Arbeitsplatz. Die durchschnittlichen Kosten für einen langzeitstabilen Arbeitsplatz im Privatsektor liegen in Spanien bei 259.000 Euro. Ein Arbeitsplatz im Erneuerbaren-Energie-Bereich kostet also 2,2 mal so viel wie ein Arbeitsplatz im Privatsektor der Wirtschaft.

Trotz der aggressiven Politik in diesem Bereich entstanden jedoch nur wenige wirklich neue Jobs. Von den neuen Arbeitsplätzen im erneuerbaren Energiesektor entfielen zwei Drittel auf Konstruktion, Herstellung und Installation, ein Viertel auf administrative Tätigkeiten, Marketing und Projekt-Engineering, und gerade einmal ein Job von zehn wurde für dauerhafte Tätigkeiten in Anlagenbetrieb und -wartung sowie Verwaltung geschaffen. Wenn diese Zahlen zugrunde gelegt werden und zehn Arbeitsplätze im Sektor erneuerbare Energien 22 Arbeitsplätze im Privatsektor der Wirtschaft kosten, werden für einen dauerhaften Arbeitsplatz im Erneuerbaren-Energie-Sektor 22 Arbeitsplätze in der Privatindustrie vernichtet oder nicht aufgebaut.

Neben diesem äußerst überraschenden Effekt verbrauchten die erneuerbaren Energien viel Geld der Steuerzahler. In Spanien beträgt der jährliche Beitrag, der für die erneuerbaren Energien aufgebracht wird, bereits 4,35 Prozent der gesamten Konsumausgaben und beeinflusst den privaten Finanzrahmen merklich. Dieses Geld steht für andere Investitionen nicht mehr zur Verfügung. Der ausgeuferte Ausbau der erneuerbaren Energien hat die aktuelle spanische Finanzkrise deutlich verstärkt. Glücklicherweise hat Spanien im Gegensatz zu Deutschland keinen Beschluss zum Ausstieg aus der Kernenergie getroffen und somit nach Behebung der Finanzprobleme eine Chance, den Irrweg ohne bleibende negative Folgen für die Wirtschaft wieder zu verlassen. Die traditionelle Energieversorgung ist noch funktionsfähig.

Deutschland: Droht die Deindustrialisierung?

In Deutschland führt das Erneuerbare-Energie-Gesetz in gleicher Weise zur Verteuerung der Energiekosten und damit zu einer wachsenden Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit. Letztlich ist in den nächsten Jahren mit einer Auslagerung von energieintensiven Produktionen in Länder besserer Wirtschaftlichkeit, verbunden mit dem Verlust von Arbeitsplätzen zu rechnen. Durch den Ausstiegsbeschluss aus der Kernenergie ist nach 2022 keine Auffanglösung wie im Fall Spanien mehr vorhanden. Von den ehemals 17 Kernkraftwerken sind bereits acht für immer abgeschaltet. Deutschland beschreitet einen noch gefährlicheren Weg als Spanien.

2012 meldete die Ökobranche in Deutschland cirka 370.000 Mitarbeiter. Das sieht auf den ersten Blick wie eine Erfolgsgeschichte aus. Übersehen wird dabei die Anzahl der Entlassenen und nicht neu Eingestellten sowie die Gegenrechnung der Umsatzverluste, die in energieintensiven Betrieben, wie den metallurgischen und metallverarbeitenden Betrieben, den Nahrungsmittelfirmen, der chemischen Industrie sowie der Papierindustrie, aufgetreten sind bzw. auftreten werden. Die zahlreichen Entlassungen in der Atomindustrie, die geplante Verlagerung metallurgischer Betriebe, vor allem der Aluminiumindustrie, ins Ausland sind ein erstes Anzeichen für diese Entwicklung. Nicht umsonst warnten etwa vor Kurzem Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Chemiebranche in seltener Eintracht vor den unkalkulierbaren Folgen der Energiewende für den Industriestandort Deutschland. [2]

Die augenblicklich gute gesamtwirtschaftliche Lage in Deutschland überspielt diese Probleme. Deutschland hat bis zum Jahr 2010 cirka 130 Milliarden Euro in erneuerbare Energien investiert (40 Mrd. € für die Photovoltaik, 50 Mrd. € für die Windenergie und 40 Mrd. € für die Bioenergie). Auf den Arbeitsplatz umgelegt, ergibt sich ein Betrag von cirka 520.000 Euro pro Arbeitsplatz, der nicht weit von den spanischen Zahlen entfernt ist. Es kann also davon ausgegangen werden, dass im Mittel auch in Deutschland für jeden subventionierten Arbeitsplatz im Erneuerbaren-Energie-Sektor mindestens 2,2 Arbeitsplätze und insgesamt somit rund 700.000 im traditionellen Arbeitsmarkt verloren gehen.

Die Ökoindustrie ist also keineswegs ein Job-Motor, sondern mittel- und langfristig eine Arbeitsplatz-Vernichtungs-Maschine für die Länder, die sich dieser Philosophie angeschlossen haben und ein Wohlstandvernichtungsprogramm ungeahnten Ausmaßes für den Großteil der deutschen Bevölkerung.

Dr. Ing. Jürgen Langeheine

Zuerst erschienen in NOVO Argumente im Dezember 2012

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