Will man weniger Todesfälle? Dann –> Kernkraft!
Bild rechts: Anstieg der Strahlung – die Tokyo Electric Power Co. sagt, dass die Strahlung im Grundwasser in der Nähe des Kraftwerkes Fukushima zugenommen hat. Das Bild zeigt die Blöcke 3 und 4 des KKW Oi in der Präfektur Fukui. Betreiber Kansai Electric Power Corp.(mit Dank an Leser Rainer Klute für den Hinweis)
Illustration: John Spooner
Kernkraft ist bei Weitem die sicherste Energiequelle. Sonnenenergie fordert 5 bis 10 mal so viele Todesopfer (abhängig von der Lebensdauer der Paneele) pro Einheit erzeugter Energie.
Die erste spontane Reaktion darauf ist: das kann nicht stimmen. Genauso ergeht es den Ergebnissen einer Untersuchungskommission der UN und der Weltgesundheitsorganisation WHO, denen zufolge die Havarie in Fukushima keine Todesfälle oder Krankheiten verursacht hat und dass es unwahrscheinlich ist, dass die Gesundheit von irgendjemandem in Zukunft in Gefahr ist, abgesehen von ein paar Mitgliedern des Notfallteams. Diese Ergebnisse wurden so verbreitet ignoriert, dass man ihnen einfach nicht geglaubt haben kann.
Man erinnere sich: Es handelte sich hier um das schlimmstmögliche nukleare Szenario einer Reaktorschmelze inmitten eines der stärksten Erdbeben und Tsunamis denn je. Der Betreiber hatte alle Möglichkeiten der Verschleierung [Original: The operator had a culture of corner-cutting and cover-ups]. Wie die Aufzeichnungen aber zeigen, lagen die Rufer der Apokalypse weit daneben und die Experten – Kernkraftphysiker – hatten recht.
Hinter uns liegen auch Jahrzehnte mit praktischer Erfahrung und Forschung. Das ermöglicht es uns, den „Todesfälle“-Fußabdruck jeder Energiequelle zu berechnen. Die Daten, zusammengestellt von der WHO, der International Energy Agency EIA, NASA, den Centres for Disease Control und der National Academy of Sciences in den USA sowie das europaweite ExternE-Projekt zeigen alle auf eine gleichlautende Schlussfolgerung.
Zählt man die Todesfälle durch Aktivitäten zur Energieerzeugung sowie der damit zusammen hängenden Verschmutzung und der Umweltschäden zusammen, zeigt sich, dass Kohle bei Weitem die tödlichste Quelle ist ( und die meisten Studien schließen spekulative Schätzungen über die Auswirkungen globaler Erwärmung aus). Die WHO ordnet mindestens 1 Million Todesfälle pro Jahr dem Kohlebergbau, dem Transport und Arbeitsunfällen sowie der Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung zu. (Im Gegensatz dazu war selbst die Strahlung, der das Wildleben in der Evakuierungszone von Fukushima ausgesetzt war, „zu schwach, um beobachtbare akute Auswirkungen“ zu zeitigen). In Ländern mit Kohle als größtem Teil im Energiemix wie z. B. Australien steigen dadurch die Ausgaben für das Gesundheitswesen um geschätzte 10 Prozent.
Aus Kohlevorräten wird die Hälfte des Stromes der Welt erzeugt, trotz einer geschätzten globalen Todesrate von etwa 100 Leben pro Terawattstunde Energie – viel höher als alle anderen Quellen. Öl folgt als Nächstes mit 36 Todesfällen. Die Welt benutzt die zwei tödlichsten Energiequellen, um 60% seines Energiebedarfs zu decken. Die dritte gefährlichste Quelle, Erdgas, trägt 21 Prozent bei und weist eine Todesrate von vier pro Terawattstunde auf.
Die Gefahren fossiler Treibstoffe sind in der Denkwelt der Umweltaktivisten kein Thema (ich selbst schließe mich mit ein), aber die Risiken einiger Alternativen sind es mit Sicherheit.
Biotreibstoffe fordern 12 Leben pro Terawattstunde, Wasserkraft 1,4 Leben (hauptsächlich wegen seltener, dann aber katastrophaler Dammbrüche), Sonnenkraft 0,44 Leben (hauptsächlich durch herab fallende Teile und Stromschläge) und Windkraft 0,15 Leben. Die sicherste Quelle von allen ist die Kernkraft, mit der 17 Prozent des globalen Stromes erzeugt werden, mit 0,04 Todesfällen pro Terawattstunde. Folglich tötet die Stromerzeugung mit Kohle pro einer gegebenen Energiemenge 2500 mal so viele Menschen.
Ah, könnte man nun fragen, und was ist mit Tschernobyl, dessen ganzes Ausmaß an Krebserkrankungen erst noch kommt? Nun, die o. g. Schätzungen enthalten bereits die Worst-Case-Schätzungen der WHO hinsichtlich zukünftiger Todesfälle durch Tschernobyl. Anti-Kernkraft-Befürworter stützen sich schwer auf eine Katastrophe vor 27 Jahren, obwohl kein einziges heutiges Kraftwerk mit der betrügerischen Bauweise von Tschernobyl vergleichbar ist. Dort fehlte sogar ein geeignetes Sammelbecken. Der Bau des Kraftwerkes in Tschernobyl begann 1970, gerade mal 14 Jahre nach Eröffnung des ersten kommerziellen Kraftwerkes der Welt. Das Heranziehen von Tschernobyl als Maß zur Bewertung heutiger Kernkraftwerke der dritten Generation und der kommenden vierten Generation ist so ähnlich wie der Vergleich der heutigen Sicherheit von Fahrzeugen auf der Basis des Modells T, des ersten, von Ford gebauten Autos im Jahre 1910, 14 Jahre nach dem Bau des ersten kommerziellen Autos.
Warum sollte sich Australien der Kernkraft zuwenden? Erstens, als ein Land mit fast 40 Prozent der weltweit zugänglichen Uranreserven, die sehr gerne in die Welt exportiert werden, ignorieren wir völlig unnötig eine riesige heimische Energieressource. Solar- und Windenergie mögen für viele Anwendungen effektiv sein, sind aber keine zuverlässigen Quellen der massiven Grundlast, die wir benötigen.
Zweitens, unter dem derzeitigen Status Quo akzeptieren wir Todesopfer von Australiern durch den Bergbau, dem Transport und dem Verbrennen großer Mengen von Material, Treibstoffen und der damit verbundenen Verschmutzung.
Die Mengen nuklearen Brennstoffs und Abfalls sind winzig, was die Risiken von Bergbau, Transport und Verschmutzung im Vergleich zu fossilen Ladungen, giftigen Abfällen und Umweltschäden [ohne Halbwertszeit! A. d. Übers.] minimiert. Ein Kohlekraftwerk erzeugt fast 15000 mal mehr Abfall als sein nukleares Pendant. Anders als der größte Teil der Verschmutzung durch fossile Treibstoffe kann nuklearer Abfall sicher im Untergrund gelagert werden, und zwar in stabilen geologischen Formationen.
Drittens, der Zerfall uranhaltiger Erze setzt das Gas Radon frei, was auf natürliche Weise zu Gebieten mit hoher Radioaktivität führt. (In Teilen Australiens ist deshalb der Zugang begrenzt). Radon akkumuliert sich in Gebäuden und steht an erster Stelle der Ursachen für Lungenkrebs. Daher könnte die Kernkraft Leben retten, indem Freisetzungen in die Umwelt reduziert werden.
Viertens, Kernkraftwerke können kosteneffektiv Entsalzung in hohem Maße leisten, und zwar durch Verwendung der Abfallwärme. Die Wärme von Hochtemperatur-Reaktoren könnte man auch abschöpfen, um den sauberen Treibstoff schlechthin, Wasserstoff, zu erzeugen, und zwar in einer Größenordnung, die ausreicht, fossile Treibstoffe als Transportmittel zu ersetzen. Und schließlich, durch die begrenzte Natur von Öl- und Gasvorräten – die auch für die Chemieindustrie essentiell sind – stellt sich das Problem der Energiesicherheit.
Kernkraft könnte Öl und Gas für die industrielle Produktion erhalten. Das könnte sogar einen Auslöser für den Gebrauch von Kernwaffen eliminieren: Kriege wegen Öl- und Gasvorräten. Der geniale Geist der Ausbreitung der Kernkraft ist aus der Flasche und hängt nicht von zivilen Kraftwerken ab. Genauso gut könnten wir Öl ablehnen, weil es gewaltige zerstörerische Kriegswaffen antreibt.
Wir sind oftmals blind, wenn es um die Wunder der Wissenschaft geht, und Kernkraft ist ein solches Wunder. Die Blindheit wird vorsätzlich, wenn wir Führer haben, die öffentliche Ängste fördern und sogar ausbeuten, anstatt eine vernünftige Politik hinsichtlich großer nationaler Herausforderungen zu betreiben.
Keine dieser Herausforderungen hat größere Bedeutung für unsere Zukunft als die Erzeugung von Energie in nachhaltiger, industrieller Größenordnung. Unsere Zivilisation begründet sich darauf, und es ist eine Dummheit, romantische, schlecht informierte und oftmals hysterische Vorstellungen bestimmen zu lassen, was nachhaltig, grün und sicher ist sowie darauf energiepolitische Entscheidungen zu treffen.
John Watson is an Age senior writer.
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Übersetzt von Chris Frey EIKE