Zustimmung des VDI zur Energiewende gefährdet zehntausende von Arbeitsplätzen von VDI MItgliedern

Der nachfolgende Briefwechsel, der auf einem Interview des Vorsitzenden der VDI-Gesellschaft für Energie und Umwelt, Prof. Dr.-Ing. H.-J. Wagner (hier), beruht, verdeutlicht die Misere unter den deutschen Ingenieuren. Wenn schon innerhalb des VDI grundsätzliche Debatten nicht initiiert oder sogar behindert werden, so will EIKE mit nachfolgenden Papieren einen weiteren Anstoß zu dieser längst überfälligen Debatte – im VDI und darüber hinaus – geben.
Dr. Dietmar Ufer
Sehr geehrter Herr Professor Wagner,
als langjähriges VDI-Mitglied und als Energiewirtschaftler mit mehr als einem halben Jahrhundert Berufserfahrung habe ich sehr aufmerksam Ihr Interview „Energiewende: Die Entscheidung ist ehrgeizig, verfolgt aber einen richtigen Weg“ in den VDI nachrichten vom 31. Mai 2013 gelesen. Ich gestehe Ihnen: Ich war maßlos enttäuscht von dem, was Sie als Vorsitzender der VDI-Gesellschaft für Energie und Umwelt zur Energiewende zu sagen hatten.
Im Interview weisen Sie mehrfach darauf hin, was getan werden muss, um die „Energiewende“ durchzusetzen: Beispielsweise verweisen Sie auf die Notwendigkeit, Energie einzusparen (die Erhöhung der energetischen Effizienz wird seit mindestens hundert Jahren erfolgreich praktiziert, ist aber nur sinnvoll, wenn sie mit ökonomischer Effizienz verbunden ist), im Verkehrsbereich den Energiebedarf um 40 Prozent zu senken oder etwa 2  Prozent der deutschen Gebäude pro Jahr energetisch zu sanieren. Sie möchten die Genehmigungsdauer für 2800 km neue und 1000 km auszubauende Hochspannungstrassen reduzieren, indem Sie unliebsame „Einzelklagen“ besorgter Bürger verhindern wollen.
Als Ziel betrachten Sie es, „erneuerbare Energien zu bevorzugen“. Als Erfolg auf diesem Wege sehen Sie, dass „Windenergie und Sonnenenergie … heute in Deutschland über das Jahr gesehen 15 % des Stromverbrauchs“ decken und „derzeit schon 32 GW Windanlagen und 34 GW Photovoltaikanlagen installiert“ sind. Ich gestehe, dass ich sehr nachdenklich wurde, als ich in Ihrem Interview lesen musste, dass wir in zwei oder drei Jahren an „einem wind- und sonnenreichen Wochenende mittags … 100 % unseres Stromverbrauchs mit Wind- und Sonnenenergiestrom decken können.“ Meinen Sie wirklich, dass das irgendeine energiewirtschaftliche Relevanz besitzt? Es handelt sich hier um maximal ein bis zwei Stunden unter außerordentlich günstigen und relativ seltenen meteorologischen Bedingungen. In dieser Zeit müssten alle konventionellen Kraftwerke ihre Leistung auf Null zurückfahren, um eventuell 10 Minuten später, wenn eine Windflaute eintritt oder sich die Sonne hinter Wolken versteckt, wieder am Netz zu sein? Wollen Sie damit etwa ausdrücken, dass das einige Jahre später auch fünf, sechs oder gar 24 Stunden und vielleicht noch später nicht nur als Wochenenden, sondern sogar ganzjährig, auch in windstillen Winternächten, möglich sein könnte? Sie wissen sehr genau, dass der Gedanke an eine derartige Entwicklung utopisch – besser: unsinnig – ist! Zwar verweisen Sie auf die Absicht der Bundesregierung, die Energiespeicherung zu fördern, wissen aber darüber nicht mehr zu sagen, als dass es sich hier um eine nicht finanzierbare Technik handelt. Ich muss Sie nicht darauf hinweisen, dass die Speicherung ohnehin schon überteuerter Energie aus alternativen Quellen die Stromkosten für Durchschnittsbürger und sehr viele Unternehmen praktisch unbezahlbar machen würde.
Recht weltfremd erscheint mir Ihre Vorstellung, man könne auch in Zukunft überschüssigen Strom aus deutschen Wind- und Solaranlagen exportieren. Die daraus entspringenden Export-Erlöse, die bekanntlich zeitweise auch negativ sind, lassen Sie vorsichtshalber völlig unberücksichtigt! Und wenn andere Länder, von denen Sie annehmen, dass auch die größere Wind- und Photovoltaikkapazitäten aufbauen, ihrerseits überschüssigen Strom nach Deutschland liefern wollen? Hat die VDI-Gesellschaft für Energie und Umwelt eine Antwort darauf?
Es ließ sich im Interview wohl nicht vermeiden, auf die Kosten der „Energiewende“ hinzuweisen. Sie konstatierten – sinngemäß identisch mit der inzwischen sattsam bekannte Politiker-Phrase „Die Energiewende ist nicht zum Nulltarif zu haben“: „Die Energiewende kostet Geld“. Auch Sie stellten fest, dass es „politische Forderungen gibt, die Energiekosten zukünftig nicht mehr ansteigen zu lassen“. Von ebenfalls laut geäußerten Forderungen, die Energiekosten zu senken, war bei Ihnen nichts zu lesen. Ihr „Lösungsvorschlag“: „Die neue Bundesregierung wird erhebliche Anstrengungen unternehmen müssen, um die Strompreiserhöhungen in Grenzen zu halten“. Weiß der VDI, welche „Anstrengungen“ das sein sollen? Und wo sind die „Grenzen“ einer – Ihrer Meinung nach nicht zu vemeidenden – Strompreis-Erhöhung?
Sie bringen zusätzliche Belastungen der Industrie durch höhere Strompreise (Abschaffung der EEG-Kostenbefreiung) ins Spiel, obwohl sehr gut bekannt ist, dass das für die Stromrechnung der Bevölkerung kaum Entlastungen bringen dürfte. Es ist sehr interessant, dass auf der gleichen Seite der VDI nachrichten, auf der Ihr Interview erschien, der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU), Volker Fasbender, erklärte: „Industriearbeitsplätze zu sichern ist wichtiger als private Stromrechnungen zu schonen.“ – Wie sieht das die VDI-Gesellschaft für Energie und Umwelt?
Sie haben aber auch ein „konkretes“ Rezept zur Finanzierung der „Energiewende“ zu bieten: „Um auch Energieeinsparungen im Gebäudesektor voranzubringen, wird man mehr Anreizprogramme schaffen müssen.“ Sie wissen, wer diese Anreizprogramme finanziert: Der Steuerzahler, der als Energieverbraucher zugleich der Finanzier der „Energiewende“ ist! Oder kennen Sie angesichts der gegenwärtigen Finanzkrise andere Geldquellen?
Wie Pfeifen im Wald hört sich Ihre Beteuerung an, dass die „Energiewende“ Deutschland „viel Nutzen“ bringen würde, weil wir die – in Deutschland schon nicht bezahlbare – „Energiewende“-Technik exportieren könnten. Sie setzen dabei voraus, dass andere Industrieländer die gleichen energiepolitischen Geisterfahrten unternehmen wie Deutschland.
Insgesamt enthält Ihr Interview eine Menge ungelöster technischer, ökonomischer und politischer Probleme der „Energiewende“ (Umwelt-Probleme haben Sie gar nicht angesprochen). Lösungsvorschläge, die zu einer wirtschaftlichen, zuverlässigen und umweltfreundlichen Energieversorgung führen („Strategisches Zieldreieck der Energiepolitik“), waren an keiner Stelle Ihrer Ausführungen zu erkennen. Das alles hielt Sie aber nicht davon ab, die politische Entscheidung für die „Energiewende“ als „richtig“ zu bewerten.
Sie erklärten: „Die angestrebten Ziele – Energieeinsparung, langfristig weg von fossilen Energieträgern und Kernenergie hin zu erneuerbaren Energien – sind, vor dem Hintergrund der angespannten weltweiten Energiemärkte und der Notwendigkeit Klimaschutz zu betreiben, richtig.“ Wenn das Begründungen für die Notwendigkeit der völligen Umgestaltung der deutschen Energiewirtschaft sein sollen, so halte ich sie für extrem dürftig, sogar für falsch!
Welche „angespannten weltweiten Energiemärkte“ haben Sie denn im Auge? Es gibt keinen Energiemangel – nicht heute und auch nicht in 50 oder 100 Jahren, folglich auch keine „angespannten Energiemärkte“! Ich muss Sie wohl nicht auf die Tatsache hinweisen, dass sich die USA auf dem Wege vom Energieimporteur zum Energieexporteur befinden, dass insgesamt Kohle-, Erdöl- und Erdgas-Vorräte für mehrere Jahrhunderte verfügbar sind, dass immense Vorkommen von Uran und Thorium bekannt sind, die für Millionen Jahre reichen, und dass die Menschheit an der Erforschung der Kernfusion arbeitet. Welche weiteren Ideen unseren Nachkommen zur Deckung des ständig wachsenden (!) Energiebedarfs  noch einfallen werden, können weder Sie noch ich absehen. Welchen Energiemangel soll denn die deutsche „Energiewende“ beheben? Warum wohl wollen Sie „weg von fossilen Energieträgern und Kernenergie“, wenn doch beide nahezu unbegrenzt verfügbar sind?
Woraus leiten Sie die „Notwendigkeit Klimaschutz zu betreiben“ ab? Wovor soll denn das Klima eigentlich geschützt werden? Wenn Sie unter „Klimaschutz“ verstehen, weniger von dem lebensnotwendigen Spurengas CO2 zu emittieren, um die Temperaturen nicht steigen zu lassen, dann möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass trotz weiter steigender Emissionen die Durchschnittstemperaturen weltweit in den letzen 15 Jahren nicht – wie vorhergesagt – gestiegen, sondern gefallen sind. Diese Tatsache beweist, dass mathematische Modelle keine Klimaprognosen ermöglichen, was übrigens schon 2001 vom IPCC festgestellt wurde: „In climate research and modelling we should recognize, that we are dealing with a coupled non-linear chaotic system, and therefore that the long-term prediction of future climate states is not possible“. (Third Assessment Report,  Section 14.2.2.2,  S.774). Bekannt sein dürfte Ihnen auch, dass es bisher nicht einen einzigen wissenschaftlichen, d. h. messtechnisch belegten, Nachweis für Temperaturerhöhungen als Folge eines steigenden CO2-Gehalts der Atmosphäre gibt. Wenn der VDI über einen solchen Nachweis verfügen würde – der Nobelpreis (und zwar der für Physik!) wäre ihm sicher!
Und warum wollen der VDI und Sie persönlich auf die Kernenergienutzung verzichten? Glauben etwa auch Sie an die Unbeherrschbarkeit, an die unermessliche Gefährlichkeit dieser Technik? Nicht einmal Forschungen auf diesem Gebiet oder gar den Ersatz heutiger Kernkraftwerke durch modernere (andere Länder praktizieren das!) wollen Sie zulassen? Brütertechnologie und Transmutation, über die in Deutschland noch nicht einmal gesprochen wird, werden alle Debatten über die „Endlagerung“ gegenstandlos machen. Es ist in der modernen Technikgeschichte ein wohl einmaliger Akt, dass durch die Politik die Forschung auf einem technisch höchst wichtigen Gebiet untersagt wird! Und der VDI findet kein Wort der Erwiderung, sondern unterwirft sich demütig grün-ideologischen Forderungen!
Ich hätte erwartet, dass Sie angesichts der vielen technischen Probleme, für die zum großen Teil noch nicht einmal Lösungsansätze erkennbar sind, und der riesigen Kosten, die auf uns zukommen werden – sogar Bundesumweltminister Peter Altmaier sprach von einer Billion Euro, einer m. E. sehr geschönten Zahl – die Frage aufwerfen, ob die „Energiewende“ überhaupt notwendig ist. Warum fragen Sie nicht, warum wir eine gut funktionierende, wirtschaftliche und umweltfreundliche Energieversorgung durch eine in jeder Beziehung unsicheres unbezahlbares und umweltschädliches System ersetzen müssen? Warum wollen wir plötzlich die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft, den Wohlstand der Bürger und die Umwelt in Gefahr bringen? Können Sie und der VDI verantworten, dass durch die Abwanderung großer Teile der Grundstoffindustrie infolge überhöhter Energiepreise hunderttausende Arbeitsplätze in Deutschland vernichtet werden?
Vom VDI, dem ich seit vielen Jahren angehöre, hätte ich solche Fragestellungen erwartet! Die Wiederholung von Glaubenssätzen und die damit verbundene bedingungslose Unterwerfung unter das „Primat der Politik“, wie sie im Interview zu finden sind, hilft möglicherweise bestimmten politischen Kräften, nicht aber Bürgern, der Wirtschaft, der Technik oder gar der Wissenschaft!
Eine ehrliche Antwort auf die Frage nach der Notwendigkeit der „Energiewende“ kann nur lauten: Die Entscheidung war falsch! Ich weiß: Diese Antwort ist nicht „politisch korrekt“, aber sie ist technisch, ökonomisch, sozial und – nicht zuletzt! – wissenschaftlich korrekt!
Wenn nicht einmal der VDI mit seinem großen Fachpotenzial den Mut aufbringt, sachlich über Sinn und Unsinn der „Energiewende“ zu sprechen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn immer mehr Fachleute resignieren und den VDI verlassen! Noch schlimmer: Mit Ihrem Verhalten stoßen Sie begabte junge Menschen von der Beschäftigung mit bedeutenden traditionsreichen Zweigen der Energietechnik ab. Nicht nur Ihr Interview, sondern das gesamte opportunistische Verhalten des VDI (einschließlich VDI nachrichten)  führt dazu, offenen Debatten zu energiepolitischen Grundsatzfragen völlig zu unterbinden! Will das der VDI wirklich?
Ich bin mir völlig darüber im Klaren, dass ich von Ihnen keine Antwort auf diese mich – und viele andere Fachkollegen – bewegenden Fragen erhalten werde. Daher erlaube ich mir, diesen Brief einem weiten Kreis von Fachleuten zur Kenntnis zu geben – mit der Absicht, auf diese Weise eine offene Diskussion zur „Energiewende“ in Deutschland in Gang zu setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dietmar Ufer EIKE
Antwort von Prof Dr. H.J. Wagnwer
RUHR-Universität Bochum Lehrstuhl Energiesysteme und Energiewirtschaft
Prof. Dr.-Ing. H.-J. Wagner FAKULTÄT FÜR MASCHINENBAU, Institut für Energietechnik Lehrstuhl Energiesysteme und Energiewirtschaft Gebäude IB 4/125
Universitätsstraße 150, 44801 Bochum
PROF. DR.-ING. H.-J. WAGNER
13. Juni 2013
Ihr Schreiben vom 10. Juni 2013
Sehr geehrter Herr Dr. Ufer,
zunächst einmal möchte ich Ihnen dafür, dass Sie auf meinen Artikel in den VDI-Nachrichten geschrieben haben, danken.
Wir kennen ja unsere gegenseitigen beruflichen Aktivitäten schon seit einiger Zeit. Ihre Ausführungen habe ich mit Interesse gelesen, viele davon waren mir allerdings nicht neu, da Sie dies bereits mehrfach geäußert haben, auch unter Widerspruch. Beim Beantworten der Fragen der VDI-Nachrichten habe ich insbesondere auch daran gedacht, dass die weit überwiegende Mehrzahl der Leser der VDI-Nachrichten nicht das spezifische Energiefachwissen hat, was die Energieingenieure mit sich bringen. Man kann nicht davon ausgehen, dass den Lesern a priori klar ist, was 32 und 34 GW installierte Leistung an Photovoltaik- und Windenergieanlagen bedeutet. Deshalb habe ich das Beispiel gebracht, das damit Mittagsspitzen in einigen Zeiten abgedeckt werden können, was auch eintreten wird. Ich habe nicht damit die These vertreten, das dann die Energieversorgung Deutschlands gesichert sei und wir keine konventionellen Kraftwerke mehr benötigen würden. Ich bitte Sie, dies zu berücksichtigen. 
Des Weiteren habe ich mit einer Reihe von Aspekten zu verstehen gegeben, welche Fragestellungen in der nächsten Legislaturperiode anliegen werden und in geeigneter Weise gelöst werden müssen. Dazu zählt auch die Frage, wer bei zunehmenden erneuerbaren Energien die Einspeisevergütung zahlen soll. Berücksichtigen müssen Sie auch, dass in letzter Zeit die Politik bereits erklärt hat, dass die Einspeisevergütung für private Verbraucher trotz Zunahme der Photovoltaikleistung nicht mehr steigen soll. Wie bitte erwarten Sie, dass dann diese Mehrausgaben gedeckt werden?
In Bezug auf die von Ihnen intensiv in der Öffentlichkeit – und auch gegenüber dem VDI – vertretende Meinung, dass die CO2-Problematik nicht existiere, möchte ich darauf hinweisen, dass es viele andere Einschätzungen gibt. Selbst, wenn vielleicht manche Meinungen bzgl. des Temperaturanstiegs infolge von CO2 auf der pessimistischen Seite liegen, wird der grundsätzliche Einfluss von CO2 auf die weltweite Klimabildung aber nicht von den Wissenschaftlern infrage gestellt. Außerdem wissen Sie sehr gut, dass sich gerade VDI-GEU bemüht hat, zu einem wissenschaftlichen Diskussionsgespräch in Form einer kleinen Veranstaltung zu kommen, um die unterschiedlichen Meinungen gegenüberzustellen und zu diskutieren. An dieser Stelle spreche ich dem VDI ein großes Kompliment aus dafür, dass er versucht hat, diesen Weg zu gehen.
Insgesamt gesehen finde ich es gut, dass Sie sich intensiv mit der Thematik auseinandersetzen. Ich teile jedoch in vielen Punkten Ihre Meinung nicht und halte auch die teilweise von Ihnen vorgenommene Darstellung als nicht ausreichend breit für die Beschreibung der vorhandenen Thematik. 
Trotzdem herzlichen Dank, dass Sie meinen Artikel gelesen haben.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr.-Ing. H.-J. Wagner
Antwort D. Ufer
Dr. Dietmar Ufer
04103 Leipzig, 18. Juni 2013
Herrn Prof. Dr.-Ing. Hermann-Josef Wagner
Ruhr-Universität Bochum
Lehrstuhl für Energiesysteme und Energiewirtschaft
Universitätsstraße 150
44780 Bochum
 
Sehr geehrter Herr Professor Wagner,
auch ich möchte mich herzlich bei Ihnen bedanken, nämlich für Ihre rasche Antwort auf meinen kritischen und recht umfangreichen Brief! Auch aus Ihrem Schreiben vom 13. Juni 2013 erkenne ich, dass wir teilweise recht unterschiedlicher Meinung sind. Kann ich aber der Tatsache, dass Sie in Ihrer Antwort einige Probleme offen lassen (z. B. die Kernenergie-Nutzung), eine vorsichtig-zurückhaltende Annäherung oder Nähe entnehmen?
Gestatten Sie mir einige Anmerkungen zu unserem aktuellen Briefwechsel, weil die möglicherweise nicht nur zur Klärung von Widersprüchen, sondern vielleicht auch zur allgemeinen Debatte über die „Energiewende“ innerhalb des VDI beitragen könnten. 
Zur Rolle von Photovoltaik- und Windenergieanlagen: Im Interview wollten Sie Rücksicht auf das ungenügende Fachwissen von Lesern der VDI nachrichten nehmen. Das führt mich allerdings zu der Frage, ob es sich hier nicht vorwiegend um technisch gebildete Menschen, z. B. Ingenieure, handelt, die durchaus den Unterschied zwischen Arbeit und Leistung kennen. In Ihren Ausführungen wollten Sie diese beiden Technologien als „Erfolgsgeschichte“ darstellten und weckten damit ausgerechnet in der Zielgruppe, die „nicht das spezifische Energiefachwissen“ besitzt, Illusionen. Sie wissen selbst genau: Nie wird es in Deutschland oder in Europa möglich sein (auch nicht stundenweise!), dass wir – wie Sie schrieben – „100 % unseres Stromverbrauchs mit Wind- und Sonnenenergiestrom decken können.“ Es gibt sicher Politiker, die über eine solche Feststellung jubeln – sie ist aber trotzdem falsch. Und es ist bedauerlich, dass sie von einem profilierten Energietechniker und Vorsitzenden der VDI-Gesellschaft für Energie und Umwelt kommt!
Sie stellen mir die Frage, wie die Mehrausgaben bei zunehmenden alternativen Energien gedeckt werden sollen. Meine Antwort ist sehr einfach: Gar nicht! Ich lehne den weiteren Ausbau dieser nur mit Hilfe von Subventionen lebensfähigen Energieanlagen strikt ab, plädiere für die sofortige und ersatzlose Streichung des „Erneuerbare-Energien-Gesetzes“. Ausnahmslos alle Energien, egal woher sie stammen, sollten – ab sofort! – den Regeln des Marktes unterworfen werden, auch unter Verzicht auf den Bestandsschutz bei schon existierenden Anlagen. Es ist nicht möglich – auch das wissen Sie sehr genau – Sonnen-, Wind-, Biomasseenergie etc. unter ökonomischen Bedingungen zu erzeugen, die den Strom „bezahlbar“ machen. Alle Versuche in dieser Richtung, z. B. Altmaiers „Strompreisbremse“ oder eine „Reformierung“ des EEG, sind nichts anderes als ein hilfloser Versuch der Quadratur des Kreises. – Ist diese einfache Wahrheit, sehr geehrter Herr Professor Wagner, wirklich so kompliziert, dass sie nicht auch vom VDI ausgesprochen und der Politik vorgelegt werden kann? Zehntausende Ingenieure in Deutschland – mit Ausnahme derjenigen, die vom EEG profitieren – würden dem zustimmen! Warum hat kein VDI-Gremium den Mut, das auszusprechen?
Zum CO2-Einfluss auf die Klimaentwicklung nur so viel: Wenn es überhaupt einen Einfluss geben sollte, dann ist er so gering, dass er messtechnisch nicht nachweisbar ist. Halten Sie diese Feststellung für falsch? Und für diesen nicht nachweisbaren Effekt sollen wir Billionen Euro ausgeben, die wir wirklich dringend woanders brauchen? Folgt man Ihren Vorstellungen über die Bedeutung des CO2 als „Klimagas“, dann müssten zur „Rettung“ des Klimas (nochmals: Was ist das?) nicht nur Billionen Euro in Deutschland, sondern Billiarden Euro auf der Erde ausgegeben werden! Der Erfolg dürfte aber – so zeigen die Fakten – gegen Null gehen! Übrigens: Ihre Auffassung, der „grundsätzliche Einfluss“ des CO2 auf die Klimaentwicklung werde „nicht von den Wissenschaftlern infrage gestellt“, ist schlicht falsch. Oder wollen Sie etwa Klima-Fachleute mit gegenteiliger Meinung als „Nicht-Wissenschaftler“ diskriminieren? Solchen ans Mittelalter erinnernden Denkweisen sollten wir keinen Raum geben, weder im VDI noch in Deutschland insgesamt!
So viel zu den in Ihrem Antwortschreiben angesprochenen Fragen. Bei anderen, wie der schon erwähnten Kernenergie, aber auch beim Windstrom-Export, bei der Verfügbarkeit von Energieressourcen und beim angeblichen volkswirtschaftlichen Nutzen aus den Export von Alternativenergie-Techniken u. ä., verzichten Sie auf eine Erwiderung, was ich als Zustimmung zu meinen kritischen Bemerkungen auffassen könnte.
Seltsamerweise taucht in Ihrem Brief das Wort „Energiewende“ überhaupt nicht auf. Distanzieren Sie sich etwa von diesem Begriff und seinem Inhalt? Ich kenne nicht einen einzigen ökonomischen, technischen oder ökologischen Vorteil, der sich aus der Durchsetzung der „Energiewende“ ergeben könnte, jedoch schon sehr viele Nachteile, sogar gewaltige Schäden (erkennbar z. B. in meiner aktuellen Stromrechnung). In Ihren Ausführungen habe nichts Positives dazu gefunden, obwohl Sie im Interview sogar versuchen, diesen verhängnisvollen Schritt der Bundesregierung zu rechtfertigen!
Warum besitzen Sie nicht den Mut, offen die Frage aufzuwerfen, wofür wir diese energiepolitische Fehlentscheidung überhaupt benötigen? Ich habe Ihnen in meinem Brief genau das sehr deutlich nahegelegt und von Ihnen dazu kein Wort lesen können! Es handelt sich m. E. um die gegenwärtig wichtigste energiepolitische Frage in Deutschland! Leider hat bisher noch kein Politiker, Wirtschaftspraktiker oder Journalist (von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen) diese Frage gestellt und nach einer Antwort gesucht!
Offen sollte die Frage nach Sinn und Unsinn der Energiewende gestellt und darüber im VDI und in der medialen Öffentlichkeit diskutiert werden. Die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen sind konsequent politisch und ökonomisch umzusetzen. Das ist der einzige Weg, der uns vor der Zerstörung unserer über Jahrzehnte gewachsenen, einstmals erfolgreichen Energiewirtschaft und schließlich vorm Absturz der Volkswirtschaft ins Bodenlose (Verlust der Wettbewerbsfähigkeit, Deindustrialisierung, Massenarbeitslosigkeit, Wohlstandsverlust) bewahrt!
Bitte, sehr geehrter Herr Professor Wagner, nutzen Sie Ihr hohes Ansehen als Wissenschaftler und setzen sich an die Spitze einer Bewegung, die die angeblich alternativlose „Energiewende“ um 180 Grad „wendet“ und zur energiepolitischen Vernunft zurückführt: Wettbewerbsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Umweltverträglichkeit! Veranlassen Sie als erstes eine Debatte in den VDI nachrichten darüber, nicht zuletzt als Alternative zu den sich dort immer mehr ausbreitenden grün eingefärbten Artikeln!
Nochmals besten Dank für Ihr Antwortschreiben! Ihr Brief und meine Antwort betrachte ich nicht als Schlusspunkt einer „Vier-Augen-Debatte“, sondern als Anfang einer grundsätzlichen Diskussion über die Zukunft der deutschen Energiewirtschaft. Deshalb werde ich auch dieses Schreiben einer größeren Zahl von Fachleuten zur Kenntnis geben.
Mit freundlichen Grüßen 
Ihr
D. Ufer
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Ein sich abkühlender Konsens

Mr. Cohn tut sein Bestes, um zu bekräftigen, dass die dringende Notwendigkeit von Aktionen, um die Erwärmung zu verzögern, nicht geringer geworden ist, ebenso wie Brad Plumer von der Washington Post und diese Zeitung. Aber es führt kein Weg an der Tatsache vorbei, dass diese Galgenfrist [so es wirklich eine ist, A. d. Übers.] für den Planeten eine schlechte Nachricht für Befürworter einer Politik ist, die über Kohlenstoffsteuern und Emissions-Verträge nachdenkt, womit die Freisetzung von Treibhausgasen verringert werden soll. Die Realität ist, dass sich die schon jetzt dürftigen Erwartungen dieser Politik, zumindest in Amerika, völlig zerschlagen werden, falls die Temperaturen tatsächlich auch noch die unterste Grenze der Projektionen unterschreiten werden. Umweltaktivisten haben diese Projektionen genutzt, um ein panisches Gefühl des Notstands zu kreieren. Egal ob dramatische klimapolitische Interventionen weiterhin ratsam erscheinen oder nicht, es wird schwieriger wenn nicht unmöglich, das der Öffentlichkeit zu verkaufen, die allmählich nicht von ungefähr merken, dass die Wissenschaft und die Medienlandschaft mit den Wölfen geheult haben.
Eine dramatische Erwärmung könnte einen schlimmen Preis hinsichtlich des menschlichen Wohlergehens fordern, vor allem in ärmeren Ländern. Aber das Beschneiden der Emissionen in einem Ausmaß, dass ein wirklicher Keil in die Erwärmung getrieben wird, kann auch einen wirklichen Keil in das ökonomische Wachstum treiben. Das könnte ebenfalls einen schlimmen humanitären Preis fordern, vor allem in ärmeren Ländern. Angesichts der bislang unergründlichen Komplexität des globalen Klimas und unseres ärmlichen Verstehens der relevanten physikalischen Mechanismen habe ich mich immer dafür ausgesprochen, noch ein oder zwei Jahrzehnte zu warten, um die empirische Zuverlässigkeit unserer Klimamodelle zu testen und zu verbessern, was gleichzeitig den Ökonomien der weniger entwickelten Teile der Welt erlauben würde, ungehindert zu wachsen und ihre Möglichkeiten zu verbessern, sich an alle Extremwetterereignisse welcher Art auch immer anzupassen. Wiederholt wurde mir gesagt, dass „wir es uns nicht leisten können zu warten“. Noch trauriger ist, dass mein Empirismus oftmals auf einen knüppelharten Dogmatismus über die Autorität des wissenschaftlichen Konsens’ gestoßen ist.
Natürlich, wenn sich der Konsens der Klimamodelle nur wenige Jahre später als falsch herausstellen sollte, wenn nämlich die mittlere Temperatur auf einem Niveau verharrt, dass man zugegebenermaßen für physikalisch nicht möglich gehalten hätte, wäre die Autorität des Konsens’ als ziemlich schwach bloßgestellt worden. Die Autorität eines Expertenkonsens’ verstärkt sich offensichtlich, wenn sich die Qualität der Expertise verbessert. Darum ist es ziemlich vernünftig im Sinne einer auf Wissenschaft basierenden Politik zu warten, bis sich eine unausgegorene Wissenschaft verbessert, bevor man große Maßnahmen auf der Basis irgendwelcher Vorhersagen ergreift.
Wie auch immer. Mr. Cohn zitiert einige Wissenschaftler, die angesichts der unerwartet langsamen Erwärmung ganz ruhig bleiben.
Es könnte so aussehen, als ob ein eine Dekade langes Erwärmungs-Plateau eine Krise der Klimawissenschaft verursachen würde. Gerald Meehl, ein leitender Wissenschaftler am National Center for Atmospheric Research, hat auch früher schon Lücken gesehen. Sie „kommen  in unseren beobachteten Aufzeichnungen immer wieder vor“, und es gibt Klimamodelle, die „eine Pause bis zu 15 Jahren“ zeigen. Als Folge davon sagt Isaac Held, ein leitender Forschungswissenschaftler am Geophysical Fluid Dynamics Laboratory der NOAA: „Niemand hat je eine kontinuierlich verlaufende Erwärmung erlebt, die mit einer geraden Linie erfolgt“. Diese vielgerühmten Computermodelle sind aus zahlreichen Simulationen zusammengesetzt, die die natürliche Variabilität spiegeln. Aber, wie Meehl sagt, „bei der Mittelbildung wird dies eliminiert“.
Ist das nicht ziemlich durchsichtig. Der Punkt bei der Mittelbildung ist, außerordentlich unwahrscheinliche Möglichkeiten auszuschließen. Es rechtfertigt das Modell nicht, wenn man sagt, dass es seinen einzigen akkuraten wesentlichen Simulationen kein Gewicht verleiht – dass es sie eliminiert.
Wenn „Pausen immer wieder vorkommen” der richtige Weg ist, das gegenwärtige Erwärmungs-Plateau zu sehen, dann ist der Rest von Cohns Artikel, in dem es um das Rätsel der Pause geht, überflüssig. Aber wie aus allen Bruchstücken bei der Diskussion über das Plateau perfekt hervorgeht, sind die Klimawissenschaftler über das Scheitern ihrer Vorhersagen verwirrt. Sind es die Ozeane? Wolken? Vulkane? Die Sonne? Ein Fehler in den Temperaturdaten?
In der Regel waren die Klimawissenschaftler zuvor sehr zuversichtlich, dass der Planet jetzt wärmer wäre als er eigentlich ist, und niemand weiß genau den Grund dafür, warum das so ist. Das ist keine Krise für die Klimawissenschaft. Es ist einfach die Art und Weise, wie Wissenschaft funktioniert. Aber es ist sehr wohl eine Krise für die Befürworter einer Klimapolitik, die ihre Argumente auf die Basis der Autorität eines wissenschaftlichen Konsens’ stellt. Cohn räumt das später widerwillig ein.
Schließlich sieht der so genannte wissenschaftliche Konsens zur globalen Erwärmung nicht gerade wie ein wirklicher Konsens aus, wenn die Wissenschaftler nur mühsam die Komplexität des irdischen Klimasystems erklären können, oder wenn sie die Welt mit erstaunlicher Regelmäßigkeit mit dem Wort „Ungewissheit“ konfrontieren.
Aber sein Versuch, die politische Relevanz hiervon kleinzureden, ist nicht überzeugend. Er schreibt:
Die jüngste Welle von Nachrichten und Artikeln über die Wissenschaftler und ihre mühevollen Erklärungen der Verlangsamung der Erwärmung könnten den Skeptizismus der Öffentlichkeit erweitern oder vertiefen.
Aber der Konsens” erstreckte sich niemals auf die Komplexität des Klimasystems, sondern lediglich auf den Kerngedanken, dass zusätzliche Treibhausgasemissionen den Planeten erwärmen würden.
Wenn das stimmen würde, dann wäre die Öffentlichkeit systematisch betrogen worden. So wie er der Öffentlichkeit präsentiert worden ist, erstreckte sich der Konsens auf genau das, was jetzt in Frage gestellt zu sein scheint: die Sensitivität der globalen Temperatur hinsichtlich eines zunehmenden atmosphärischen CO2-Gehaltes. Wenn es bei dem Konsens tatsächlich nur darum gegangen wäre, dass Treibhausgase einen gewissen Erwärmungseffekt hätten, hätte es gar keine offensichtlichen politischen Implikationen gegeben. Wie in dieser Studie festgestellt worden ist:
Falls … die Temperaturen wahrscheinlich um nur 2°C steigen werden als Folge einer Verdoppelung der Kohlenstoffemissionen (und falls die Wahrscheinlichkeit eines Anstiegs um 6°C trivial ist), könnte sich die Berechnung ändern. Vielleicht sollte die Welt danach trachten, sich an die Treibhausgas-Orgie anzupassen (anstatt sie zu stoppen). Es ist unsinnig, eine Versicherung gegen Erdbeben zu kaufen, wenn man nicht in einer Erdbebenzone lebt. In diesem Falle wäre eine stärkere Anpassung als eine weitere Abschwächung die richtige Politik an der Wurzel. Aber dies wäre nur dann ein guter Rat, wenn diese neuen Schätzungen wirklich zuverlässiger sind als die alten. Und unterschiedliche Modelle zeitigen unterschiedliche Ergebnisse.
Wir wurden mit Argumenten für eine Anpassung nicht gerade überflutet, weil der Konsens die jetzt in Zweifel geratenen Schätzungen der Klimasensitivität betrifft. Die moralisierende Schärfe so vieler Argumente für Zertifikatehandel, Kohlenstoffsteuern und Verträge hinsichtlich globaler Emissionen wurde aus dem Gedanken geboren, dass es einen Konsens darüber gibt, wie stark die Erwärmung wäre, wenn der Kohlenstoffausstoß so weitergehen würde wie bisher. Die ziemlich hitzigen Debatten, die wir hinsichtlich der ökonomischen und sozialen Schäden der Kohlenstoffemissionen hatten, basierten auf dem Gedanken, dass es so etwas wie einen spezifischen Konsens über die zu erwartende Bandbreite der Erwärmung gibt. Wenn dieser Konsens jetzt auseinander bricht, wie es der Fall zu sein scheint, dann ist das zum Guten oder zum Schlechten eine sehr große Sache.
Link: http://www.economist.com/blogs/democracyinamerica/2013/06/climate-change?fsrc=scn%2Ftw_ec%2Fa_cooling_consensus
Übersetzt von Chris Frey EIKE




Globale Erwärmung und der Nepper

Könnte es sein, dass es Ronald Reagan und nicht Präsident Obama war, der den Anstieg des Meeresspiegels verlangsamt hat? Das ist eine der Schlussfolgerungen, die man aus der Studie des kanadischen Physikers Qing-Bin Lu an der University of Waterloo in Ontario ziehen kann. An Stelle von Kohlendioxid-Emissionen, argumentiert Lu, haben Ozon zerstörende Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe FCKW und andere die globale Erwärmung verursacht. Dank der Reagan-Administration und des Montreal-Protokolls wurden FCKW in den entwickelten Ländern verbannt. Nach einer Verzögerung, sagt Lu, erreichten die globalen Temperaturen um das Jahr 2002 einen Höhepunkt, und er sagt voraus, dass sie während der nächsten fünf bis sieben Dekaden fallen werden.
Anhänger des Konsens’ sagen, dass der gestiegene Kohlendioxidgehalt die einzig mögliche Erklärung für steigende globale Temperaturen ist. Jetzt gibt es eine weitere Erklärung, und zwar mit einer Chronologie, die viel besser zu den Beweisen passt.
Es gab immer ein Problem bei der Begründung mit dem CO2 – wie man den Rückgang der Temperatur von Mitte der vierziger Jahre und den relative flachen Verlauf bis 1975 erklären kann, als der Kohlendioxidgehalt bereits kontinuierlich im Steigen begriffen war. Das IPCC hat dieses Problem damit erklärt, dass zunehmende Aerosole aus den Emissionen von Kohlekraftwerken einen Abkühlungseffekt bewirkt hätten, der den Temperaturanstieg vorübergehend zum Stillstand gebracht hätte.
Es gab keine gemessenen Daten hinsichtlich der Aerosole, so dass man Hypothesen verwendet hatte, die nicht mit der Realität verglichen werden konnten. Für jedermann außer einem Klimawissenschaftler war das zutiefst unbefriedigend – vor allem, als verschiedene Klimamodellierer verschiedene Werte verwendet haben, um ähnliche Ergebnisse zu bekommen. Trotzdem war dies die Richtschnur, die das IPCC mit seinem zweiten Zustandsbericht 1995 verfolgte. Im Gegensatz dazu wurden die Auswirkungen der FCKW auf das Klima Lu zufolge erst Ende der siebziger Jahre bedeutsam (laut Lus Analyse gibt es eine Verzögerung von etwa neun Jahren, bevor die FCKW die obere Atmosphäre erreichen und von der Erde abgestrahlte Wärme einfangen).

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In jüngerer Zeit kam dann wieder die Realität ins Spiel. „Das Klima erwärmt sich schneller, als irgendjemand noch vor fünf oder zehn Jahren gedacht hat“, erklärte Präsident Obama im vorigen Monat. Nur dass es sich eben überhaupt nicht erwärmt hat. Wie die Abbildung mit den Temperaturdaten des UK Met. Office zeigt, war die Temperatur in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts unverändert geblieben und hat dann begonnen zu sinken. Derzeit zeigt sich also eine negative Korrelation zwischen Kohlendioxid und der Temperatur.
Im Gegensatz zu der kaum eingetretenen Vorhersage einer vom CO2 getriebenen Erwärmung ist es mit den FCKW etwas Anderes. Lu zufolge weist die lineare Korrelation mit FCKW und anderen Stoffen [halocarbons] in der Atmosphäre eine „nahezu perfekte“ lineare Korrelation auf. Mit sorgfältigen Berechnungen des Erwärmungseffektes halogenhaltiger Gase konnte Lu beobachtete Temperaturwerte seit 1970 reproduzieren und auch den Abkühlungstrend der letzten 10 Jahre. Aber Lu kann die Temperaturen zwischen 1850 und 1970 oder die jüngste Abkühlung nicht mit der IPCC-Gleichung des Treibhauseffektes durch Kohlendioxid in Übereinstimmung bringen.
Egal ob der genaue physikalische Mechanismus der von Lu behaupteten  FCKW-Erwärmung anschließend modifiziert wird, die FCKW als Ursache liegen viel näher an Änderungen des beobachteten Temperaturverlaufs. Vielleicht sind die Klimawissenschaftler hereingefallen: Wie Lu anmerkt, war das Wachstum der FCKW-Konzentrationen nahezu identisch mit der Zunahme des CO2, doch hat sich Ersteres seit der Jahrtausendwende drastisch verändert.
Kritiker der amerikanischen Politik hinsichtlich der Kohlenstoffemissionen werfen dieser vor, ein Gefangener der Ideologie des freien Marktes zu sein. Aber sie war im Gegenteil das Produkt von Betonkopf-Pragmatismus. Eine Analyse der Montreal-und Kyoto-Protokolle von Cass Sunstein, der später zum Leiter für regulierende Angelegenheiten von Präsident Obama wurde, im Jahr 2007 zeigt den Grund dafür. Man hatte erwartet, dass die USA von allen Ländern die meisten Vorteile aus dem Montreal-Protokoll gewinnen und aus dem Kyoto-Protokoll verlieren würden. Jede Milliarde US-Dollar, die die USA im Zuge des Montreal-Protokolls ausgegeben hätten, sollte Schätzungen zufolge Vorteile in Höhe von 170 Milliarden Dollar zeitigen; im Falle Kyoto sollten es lediglich läppische 37 Millionen sein.
Innerhalb der Reagan-Administration war es mit einer Kosten-Nutzen-Analyse durch den Council of Economic zu einem entscheidenden Durchbruch gekommen, der die monetären Vorteile aufzeigte, zukünftige Todesfälle durch Hautkrebs zu vermeiden, was erheblich mehr Kosten sparen würde als man für diese Maßnahme ausgeben müsste. Als man die Ergebnisse Reagan vorlegte – zusammen mit dem Vorbehalt, dass im Falle die USA als Einzige tätig werden würden es nur geringe langfristige Vorteile geben würde – hat der Präsident die US-Unterhändler angewiesen, die Latte niedriger zu legen, bei der das Abkommen in Kraft treten würde.
George Shultz hat mir gesagt, dass das Montreal-Protokoll ein „wunderbarer Erfolg“ sei. Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan beschrieb es als das bis heute vielleicht erfolgreichste internationale Einzelabkommen. Obwohl es nicht zur Reduktion von Treibhausgasen gedacht war, war es doch wesentlich effektiver als das Kyoto-Protokoll.
Die Analyse von Lu wird mit Sicherheit nachhaltig ins Kreuzfeuer geraten, da sie impliziert, dass der gegenwärtige Umgang mit der globalen Erwärmung wissenschaftlich falsch ist. Solange halogenhaltige Gase, die nicht vom Montreal-Protokoll abgedeckt sind, nicht reguliert werden, würde sich der allmähliche Temperaturrückgang umkehren. Und falls er recht hat, dass nämlich die FCKW und nicht das CO2 die Temperatur der letzten 40 Jahre getrieben hat, wäre das Montreal-Protokoll viel wirkungsvoller als jeder gedacht hat. Man kreide einen weiteren Sieg für den Nepper an.
Mr. Darwall ist der Autor von "The Age of Global Warming—A History," (Quartet, 2013).
Link: http://online.wsj.com/article/SB10001424127887323844804578528841152512364.html?KEYWORDS=RUPERT+DARWALL
Übersetzt von Chris Frey EIKE




„Das Zeitalter der Kerntechnik beginnt gerade erst“ – Interview mit Dr. Klaus-Dieter Humpich

Herr Dr. Humpich, sie haben kürzlich das Buch „Atommüll – Der Versuch einer Neubetrachtung“ veröffentlicht, indem es um das Strahlenrisiko der Atomkraft und das Problem des Umgangs mit dem Atommüll geht. Was war ihre Motivation? Jetzt wo der beschleunigte Atomausstieg beschlossene Sache zu sein scheint, kann so ein Buch überhaupt noch eine Rolle spielen?
Gerade die öffentliche Debatte in den letzten Tagen zeigt doch deutlich, dass sich die „reale Welt“ nicht nach irgendwelchen Beschlüssen irgendwelcher Parteien richtet. Deutschland schaltet seine Kernkraftwerke ab, aber wird dadurch weniger „Atommüll“ produziert, wenn man nun „Atomstrom“ aus dem Ausland bezieht? Wird durch einen Ausstiegsbeschluss auch nur ein Gramm des bereits vorhandenen radioaktiven Materials beseitigt? Verweigert Deutschland zukünftig auch die Nutzung radioaktiver Stoffe in Medizin und Forschung? Sind geplante Atommülllager unmittelbar an der deutschen Grenze so viel sicherer, weil sie Schweizer oder französischen Vorschriften genügen? Wie soll der „Anti-Strahlungs-Schutzwall“ aussehen? Ich wage vielmehr zu behaupten, dass sich noch keine Partei in Deutschland ernsthaft mit diesen Fragen beschäftigt hat. Insofern halte ich ein solches Buch für notwendiger denn je. Meine Motivation war, die komplexe Materie möglichst verständlich darzustellen, um sie auch für nicht Fachleute erfassbar zu machen und darüber hinaus aufzuzeigen, in welche Richtungen sich Lösungen des Problems auftun. Ist der Pulverdampf politischer Auseinandersetzungen erst verflogen, wird man sich dem Problem wieder sachlich nähern müssen. Dieses Buch könnte für alle ernsthaft interessierten den Einstieg in die Materie ermöglichen. Es gibt klar gekennzeichnete „Prüfbedingungen“ und mögliche Handlungsanweisungen für die Beurteilung unterschiedlicher Konzepte an. Insofern mag es allen Bürgern, die — dank der neuen „ergebnisoffenen“ Suche –demnächst mit einem potentiellen Endlager in ihrer Nähe konfrontiert werden, etwas nützlich sein.
Sie schreiben viel über relative Belastungen mit radioaktiven Strahlen, über die Strahlung der natürlichen Umgebung, durch unseren Umgang mit Technik und die Kernenergienutzung. Der Laie stößt hier auf paradoxe Zusammenhänge. Natürliche Hintergrundstrahlung, Röntgenuntersuchungen und die Radioaktivität von scheinbar harmlosen Energieträgern wie Kohle belasten uns mehr als die Radioaktivität von Kernkraftanlagen. Haben wir vor der Kernenergie zuviel Angst?
Man sollte im Zusammenhang mit politischen Auseinandersetzungen sehr vorsichtig mit dem Begriff Angst sein. Ängste sind immer subjektiv und für den, der darunter leidet, sehr belastend. Man sollte daher die Ängste von Menschen stets respektieren und sehr ernst nehmen. Für jemand, der ernsthaft unter Flugangst leidet, ist die Angabe einer Wahrscheinlichkeit für Flugzeugabstürze wenig hilfreich, oft sogar zusätzlich belastend, weil er sich dadurch in seinen Ängsten nicht ernst genommen fühlt und folglich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. In diesem Sinne, habe ich keinerlei Probleme mit der Angst von Menschen vor Strahlung. Etwas völlig anderes ist es jedoch, wenn das schüren von Ängsten als politische Waffe eingesetzt wird. Wenn ein Flugzeug nur noch als das Produkt einer profitgierigen Flugzeugmaffia verunglimpft wird, das jede Woche Millionen armer Fußballfans durch Abstürze auf vollbesetzte Stadien gefährdet, dann muss die Stunde der Aufklärung schlagen. Denn nicht die Menschen mit Angst vorm Fliegen sind verwirrte Geister, sondern die Verbreiter von Gruselgeschichten zur Förderung und Verschleierung ihrer politischen Ziele. Jedenfalls gibt es keine Technik, die durch eine Mixtur aus Halbwahrheiten und tumber Propaganda so verteufelt wurde, wie die friedliche Nutzung der Kernenergie in Deutschland. Für mich ist allein der Begriff „Atomexperte“ als Synonym für einen Menschen, der garantiert keine fachliche Qualifikation besitzt, ein in der Welt einzigartiges Phänomen. Wo sonst ist es denkbar, dass sich Bäcker und Schuster wie in deutschen „Qualitätsmedien“ über den Stand bei Herzoperationen verbreitern dürfen und ein ganzes Volk — angeblich — tief ergriffen lauscht? Zugegebenermaßen mag der Anspruch über die Herkunft radioaktiver Strahlung in unserer Umwelt informieren zu wollen und eine Vergleichbarkeit und Gewichtung herstellen zu wollen, etwas arg idealistisch anmuten. Schließlich kommt in Deutschland ja auch der Strom aus der Steckdose und der Staat sorgt für die Arbeitsplätze.
Es mag ja sein, dass der Normalbetrieb von Kernkraftwerken nicht sonderlich gefährlich ist. Was aber, wenn es wie in Fukushima richtig kracht. Ist das nicht auch ein vorstellbares Szenario für Deutschland und Europa? Riskieren wir hier nicht zuviel? Immerhin geht es um zehntausende Tote und eine auf lange Zeit verstrahlte Umwelt. Was sagen Sie zu den Gefahren des Super GAU?
Die „Anti-Atomkraft-Bewegung“ in Deutschland baut auf zwei Axiome auf: (1) Wenn es in einem Kernkraftwerk zu einem Schaden kommt, sterben Millionen Menschen und mindestens eine Region ist für zehntausende von Jahren unbewohnbar. (2) Die „Atommüllfrage“ ist nirgendwo gelöst und wir hinterlassen nachfolgenden Generationen Berge von tödlich strahlendem Müll. Mit diesen zwei Jokern wird seit Jahrzehnten in Deutschland jedwede Diskussion über Energiepolitik erfolgreich auf Stammtisch-Niveau herunter gebrochen. Die gehoben ministerielle Form von (1) und (2) ist neuerdings das Geschwafel vom Restrisiko. Scheinbar müssen sich deutsche Politiker immer ins mystische flüchten, wenn sie über keine rationalen Argumente verfügen können. Lassen Sie es mich in aller Deutlichkeit und Klarheit sagen: Beide Axiome sind schlichtweg Unsinn und dienen wie der Hexenwahn des Mittelalters lediglich politischen Zwecken. Spätestens seit dem tragischen Experiment Tschernobyl wissen wir, daß es selbst durch eine nukleare Explosion, die einen kompletten Reaktor pulverisiert und wie bei einem Vulkan tausende Meter in die Höhe schleudert, nicht möglich ist Millionen Menschen zu töten und Regionen für zehntausende Jahre unbewohnbar zu machen. Das nähere Umfeld der Ruine hat sich inzwischen zur Touristenattraktion entwickelt. Reaktorunfälle sind zwar sehr kostspielig und die Beseitigung ihrer Folgen nimmt Jahrzehnte in Anspruch, aber sie führen — im Vergleich zu Flugzeugabstürzen, Schiffsunglücken usw. — nur zu geringen Opferzahlen. Wie politisch scheinheilig die Argumentation ist, zeigt gerade wieder Fukushima: Parallel zum Reaktorunglück hat die gleiche Naturkatastrophe beispielsweise zum Niederbrennen einer Raffinerie in der Tokio Bay geführt. Bei den verzweifelten Löscharbeiten sind 30 Feuerwehrleute getötet worden. Hat deshalb ein Deutscher Politiker die sofortige Stilllegung aller Raffinerien in Hamburg gefordert? Wer immer noch nicht einsehen will, dass es sich bei der „Anti-Atomkraft-Bewegung“ um eine Bewegung zur Gesellschaftsveränderung handelt, dem ist nicht mehr zu helfen. Eine Gesellschaft, die sich vor macht, Wohlstand sei ohne jedes Risiko zu haben, ist unweigerlich zum Untergang verurteilt. Der freiwillige Weg zurück ins Zeitalter von Wind und Sonne ist der wahre Super GAU. Geradezu peinlich ist es, wenn man das auch noch als „High Tech“ verkaufen will.
Die Reaktorunfälle in Tschernobyl und in Fukushima wurden in den vergangenen Monaten gern in einem Atemzug genannt. Ist dieser Vergleich überhaupt zulässig. Was war los damals in dem sowjetischen Reaktor? Wie schätzen Sie dagegen die Lage in Fukushima ein?
Technisch und von den Opferzahlen betrachtet, haben diese beiden Ereignisse soviel gemeinsam, wie der Flugzeugabsturz von Lockerbie mit einer Notlandung eines Sportflugzeuges nach einem Motorschaden. Es gibt allerdings eine fatale Gemeinsamkeit, die manchem als trivial erscheinen mag: Entweder man macht es fachlich richtig oder man lässt es wirklich besser ganz bleiben. In beiden Fällen wurde bewusst gegen eindeutige Erkenntnisse verstoßen. Im Falle Tschernobyl hat man um den Preis einer billigen und versteckten Produktion von waffengrädigem Plutonium — gegen massive Kritik — einen Reaktor gebaut, der jederzeit explodieren konnte. Im Falle Fukushima hat man eine Sicherung gegen Flutwellen von rund 6m Höhe gebaut, obwohl man wusste, dass schon mehrfach Flutwellen von über 14 m in diesem Gebiet aufgetreten sind. Ich wage voraus zu sagen, dass nach Fukushima für die japanische kerntechnische Industrie nichts mehr so sein wird wie zuvor. Es wird ähnlich heilsame Konsequenzen geben, wie es sie nach TMI in den USA gegeben hat. Ich hoffe nur, dass man in China und Korea lernfähiger ist, als es die Japaner offensichtlich waren.
Ihr Buch handelt vor allem vom Umgang mit Atommüll, wie er entsteht, woraus er sich zusammensetzt und welche Gefahren von ihm ausgehen. Inwieweit wird unser tägliches Leben dadurch beeinträchtigt?

Man muss sich immer wieder vor Augen führen, welch gewaltige Energie durch die Kernspaltung freigesetzt wird: Ein Gramm Uran erzeugt so viel Wärme, wie die Verbrennung von 3000 kg Kohle. Oder anders ausgedrückt: Die Mengen entstehenden „Atommülls“ sind extrem gering. Damit lassen sie sich auf einfache Weise und zu relativ geringen Kosten lagern. Der radioaktive Zerfall ist ein physikalischer Prozess, der nur in einer Richtung abläuft: Die radioaktiven Substanzen verschwinden mit der Zeit wieder von allein. Ganz anders, als bei biologischen Prozessen: Die Krankheitserreger die in tausenden Biogasanlagen (unbeabsichtigt) gezüchtet werden, können sich durchaus in der „freien Natur“ unkontrolliert ausbreiten. Hier können einige wenige Erreger durch ihre Vermehrung eine gewaltige Katastrophe auslösen.
Aber was fangen zukünftige Generationen mit unserem Atommüll an?

Was zukünftige Generation alles mit dem sog. „Atommüll“ anfangen werden, vermag ich nicht zu sagen. Nur so viel, es fängt alles mit den Begriffen Müll oder Abfall an. Natürlich ist der abgenutzte Brennstab für den Kraftwerksbetreiber Abfall, da sein Geschäftsmodell die Erzeugung von elektrischer Energie ist. In diesem Sinne ist das „abgebrannte Brennelement“ für ihn wertlos und verursacht durch seine kontrollierte Lagerung nur zusätzliche Kosten. Technisch betrachtet, stellt sich die Sache völlig anders dar: Zu dem Zeitpunkt der Entladung, sind lediglich etwa 4% des enthaltenen Urans gespalten worden. In dem Moment, wo Natururan so teuer geworden ist und andererseits die Technologie zur Wiederaufbereitung alter Brennstäbe entsprechend billiger, setzt aus wirtschaftlichen Gründen die Wiederaufbereitung in großem Maßstab ein. Aus heutiger Sicht wird das erst in mehr als hundert Jahren der Fall sein, da die Uranvorräte auf der Welt — anders als man in den 1950er Jahren erwartet hatte — gewaltig sind. Wohlgemerkt, die zu (heutigen) geringen Preisen abbaubaren. Auch bei dieser Fragestellung wird von Laien oft die gewaltige Energiedichte der Kernspaltung völlig unterschätzt. Um mit heutigen Reaktoren etwa 1000 MWe ein ganzes Jahr zu produzieren, werden lediglich rund 200 to Natururan benötigt. Ein pound U3O8 kostet etwa 38 € und enthält so viel spaltbares Uran 235, wie dem Energiegehalt von rund 7,5 to Steinkohle entspricht. Diese Menge kostet aber zur Zeit (Preisbasis Juni 2011) rund 652€. In diesem Zahlenverhältnis liegt ganz neben bei auch die Begründung, warum sich nur Deutschland meint den Luxus leisten zu können, seine Kernkraftwerke sofort abzuschalten.
Das sind alles wirtschaftliche Erwägungen. Was aber ist mit der Strahlensicherheit?

Nun aber noch ein paar Worte zu den Spaltprodukten: Sie sind es, die maßgeblich für die radioaktive Strahlung der abgenutzten Brennelemente verantwortlich sind. Sie machen also die „Gefährlichkeit“ aus. Sie wandeln sich gemäß ihrer verschiedenen Lebensdauern (Halbwertszeiten) letztendlich in stabile — also nicht mehr strahlende — Elemente um. An dieser Stelle muss man sich wieder der Mengen vergewissern: Die Spaltprodukte machen weniger als 4% des Brennelementes aus. Also einen Bruchteil einer ohnehin geringen Menge. Es spricht nichts dagegen, diese äußerst geringen Volumina sicher einzulagern. Nach etwa 300 Jahren wäre dieser Mix praktisch vollständig zerfallen. Es hätte sich also ein sehr „wertvolles Erz“ mit hohen Gehalten an heute schon sehr wertvollen Elementen gebildet. Dies ist die Antwort, warum außerhalb Deutschlands nur noch von „rückholbaren Lagern“ gesprochen wird. Kein Mensch — es sei denn, er ist ideologisch völlig verblendet — will es den nachfolgenden Generationen unnötig schwer machen, an diese (wahrscheinlich schneller als erwartet) sehr wertvollen Lagerstätten zu gelangen. Ganz neben bei, bietet die geplante„Rückholbarkeit“ eine zusätzliche Sicherheit gegen alle möglichen Eventualitäten. Ein Schelm, wer an den Sinneswandel mancher Politiker aus dem Süden der Republik denkt, wenn es um das „Endlager“ Gorleben geht.
Für Sie ist ein Großteil des Atommüllproblems Ergebnis falscher Energiepolitik. Erzählen Sie uns bitte, warum sie dieser Meinung sind und welche Rolle die Wiederaufbereitung von abgebrannten Kernbrennstäben dabei spielt?

Wie gesagt, nach der Verwendung im Reaktor sind erst rund 4% des Urans gespalten, also verbraucht worden. Es lag also von Anfang an nahe, die restlichen 96% auch noch zu verwenden. Am Beginn des Zeitalters der Kerntechnik ging man noch von wenigen (wirtschaftlich) abbaubaren Uranvorkommen weltweit aus. Hinzu kam noch der Bedarf für die nukleare Rüstung. Es erschien daher notwendig, möglichst schnell auf Brutreaktoren überzugehen, um die begrenzten Uranminen zu schonen. Heute hat sich so viel auf dem Sektor der Exploration und Gewinnung getan, dass man mit den (wirtschaftlichen) Uranvorkommen mehrere Jahrtausende Kerntechnik auf dem heutigen Niveau betreiben könnte. Für eine Wiederaufbereitung und Brutreaktoren bestünde nur eine Notwendigkeit, wenn man die Nutzung der Kernenergie erheblich ausweiten würde. So ist man z. B. in den USA der Meinung, für mindestens hundert Jahre auf eine Wiederaufbereitung verzichten zu können, da der offene Kreislauf mit nur einmaliger Nutzung der mit Abstand profitabelste Weg ist. Die Frage ob Endlagerung oder Wiederaufbereitung ließe sich somit weitere hundert Jahre verschieben. Allerdings vergrößert sich dadurch beständig die Menge des zu lagernden Atommülls. Technisch/wirtschaftlich ist das kein Problem. Es entwickelt sich aber immer mehr zu einer ethischen Frage, ob es verantwortbar ist, die Kosten nachfolgenden Generationen ungefragt aufzubürden. Es geht deshalb immer mehr um die Beseitigung des Atommülls als Gefahrenquelle. Durch eine Trennung in stark strahlende Spaltprodukte, langlebige Aktinoide und „harmloses“ Uran lassen sich die zu schützenden Mengen um über 90% verringern. Wenn man aus den Spaltprodukten bzw. dem Resturan 99,9% der Transurane einschließlich des Plutoniums entfernt, erhält man ein Produkt auf dem Niveau von natürlichem Uranerz. Bei den Spaltprodukten handelt es sich um ein Problem von unter 300 Jahren, da sie danach praktisch zerfallen sind. Es gibt sogar Studien, die Anteile mit längeren Halbwertszeiten (Cäsium, Strontium) auch noch abzutrennen und eventuell über Neutronenreaktionen zu beseitigen. Technisch kein Problem, sondern lediglich eine Kostenfrage. Der Atommüll wäre somit ein Problem weniger Jahrzehnte. Die langlebige Fraktion der Aktinoiden einschließlich des Plutoniums würde in Reaktoren mit schnellem Neutronenspektrum „verbrannt“ werden. Je nach Wunsch zur endgültigen Beseitigung oder zur Erzeugung neuen Spaltmaterials.
Wie kam es, dass diese Alternative zur Entsorgung des Kernbrennstoffs in Deutschland so in Misskredit geriet?
Es ist klar, dass dieser Weg in Deutschland — in des Wortes Bedeutung — mit aller Gewalt (Wackersdorf) verhindert werden musste, um das zweite Axiom der „Anti-Atomkraft-Bewegung“ von dem nicht gelösten Atommüllproblem zu erschaffen. Würde man zum „integrierten Entsorgungskonzept“ zurückkehren, wäre das zentrale „Totschlagargument“ wie eine Luftblase zerplatzt. Man darf dabei aber nicht die Rolle der Betreiber außer acht lassen. Während die „Autonomen“ über Monate bürgerkriegsähnliche Veranstaltungen am Bauzaun aufführten, ließen die Vorstände Politik und Polizei im Regen stehen. Unter Anstiftung des späteren Rot/Grünen Ministers Müller (parteilos), zog man sich generös zurück. Der Zucker des Umweltministers Trittin mit der „Konditionierung der Brennstäbe“ und deren Endlagerung in Gorleben erschien einfach zu profitabel. Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. In grenzenloser Selbstüberschätzung oder Unterschätzung des strategischen Vermögens K-Gruppen-gestählter Politiker, steht man nun vor einem Scherbenhaufen der Nutzung der Kernenergie in Deutschland. 
Bringt man über die Wiederaufbereitung in Spiel muss man nicht lange auf das Totschlagargument des illegalen Plutoniumhandels mit Terroristen und Schurkenstaaten warten. Was ist an diesem Argument dran? Gibt es eine Alternative?
Bisher ist noch keiner den Weg über „Reaktorplutonium“ zur Atombombe gegangen. Er ist einfach zu aufwendig und wenig zielführend. Man ging bei dem Gedanken der Weiterverbreitung vielmehr von der Verbreitung der Technologien zum Bau einer Atomwaffe aus. Wie die Geschichte inzwischen gelehrt hat, war es nicht möglich „Wissen“ geheim zu halten. Heute ist das Wissen der 1940er Jahre überall auf der Welt frei zugänglich. Selbst die Hürde der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist, wie spätestens Pakistan und Indien bewiesen haben, sehr klein geworden. Wer zusätzliche Kernwaffenstaaten verhindern will muss andere Wege gehen. Wie ineffektiv das Verhindern von Zugang zu Technologie ist, stellt Iran anschaulich unter Beweis. Weit erfolgreicher erscheinen die Abkommen mit den VAE zu sein. Die Emirate verzichten glaubwürdig auf die Entwicklung von Kernwaffen, in dem sie auf den gesamten Brennstoffkreislauf verzichten und sich Brennelemente quasi nur ausleihen. Dafür erhalten sie internationale Garantien zur Belieferung mit Brennelementen und zur Bereitstellung von Wiederaufbereitung. Bei diesem System ist das Plutonium in den abgebrannten Brennelementen durch die Verunreinigung mit Spaltprodukten sicher geschützt. Bevor dieser „Schutz“ zerfallen ist, werden diese Stäbe wieder zurück in einen Vertragsstaat zur Wiederaufbereitung geschafft. All dies geschieht selbstverständlich ohne Deutschland. Obwohl gerade Deutschland besonderes Vertrauen und Ansehen in der arabischen Welt genießt. Wer nicht so unbedingt gerne mit den USA und Russland kooperiert, muss sich notgedrungen nach Asien orientieren. Europa unter (selbst verursachten) Ausschluss von Deutschland generiert immer mehr zum Bio-Bauern-Hof der Welt.
Sie hinterfragen in ihrem Buch die Forderung nach einem „sicheren Einschluss des Atommülls für geologische Zeiträume“. Weshalb? Welche Rolle ordnen sie der Endlagerung überhaupt zu?

Ich bin grundsätzlich ein Gegner von Endlösungen. Die Kerntechnik hat von Anfang an versucht, den Weg der Abfallentsorgung über Deponien zu verhindern. Der Ansatz von Rot/Grün einfach gebrauchte Brennelemente zu verbuddeln ist der Weg ewig gestriger. Er ist genauso kurzsichtig und unüberlegt, wie die „Müllkippen“ der Vergangenheit. Man kann sich zwar für kurze Zeit entsorgen, hinterlässt aber den Nachkommen einen Haufen Probleme, für den diese meist mit Zins und Zinseszins bezahlen müssen. Ehrlich gesagt, erschüttert mich die Skrupellosigkeit von Politikern, die Probleme erschaffen, nur um mit diesem Vehikel ihre Weltsichten durchzudrücken. Wie gesagt, weltweit hängt nur noch die deutsche Linke an dem Gedanken eines endgültigen Lagers. 
Wagen Sie für uns bitte einen Ausblick in die Zukunft. Ist die Kernenergie auch international Auslaufmodell oder handelt es sich wirklich nur um einen deutschen Alleingang?
Sehen wir es ganz nüchtern. Wir haben Kohle, Öl, Gas und Kernenergie als stets verfügbare Energien. Sonnenenergie und ihre Derivate (Wind, Biomasse etc.) sind nur zufällig verfügbar und somit für eine moderne Industriegesellschaft völlig ungeeignet. Da hilft auch nicht das ewige Gefasel von der Wunderwaffe Speicher, die demnächst zur Verfügung steht und den Endsieg sichert. Tatsache ist, es ist nicht einmal ein neuer physikalischer Speicher-Effekt in den letzten hundert Jahren entdeckt worden. Hinzu kommen neben der ohnehin sehr geringen Energiedichte noch die hin und zurück auftretenden Wandlungsverluste bei der Speicherung. Wenn man fossile Brennstoffe nicht mehr nutzen kann oder will, wie es die Klimapolitik von uns fordert, bleibt überhaupt nur die Kernenergie. Wohlgemerkt, wir reden über die großtechnische Nutzung, die den Energiehunger von Milliarden Indern und Chinesen stillen muss! China hat nicht ohne Grund die Kraftwerkstechnik als eine der drei zentralen Technologiebereiche, also neben Automobilindustrie und Informationsverarbeitung, erwählt.
Wenn wir den Stand der Kerntechnik von heute mit der Entwicklung der Schifffahrt vergleichen, schnauben gerade die ersten Kohle verschlingenden Dampfer über die Weltmeere. Hin und wieder explodiert auch mal ein Kessel, aber der Vorteil der Unabhängigkeit von den Launen des Windes überzeugt immer mehr Reeder. Einige besonders weitsichtige Reeder bestellen die ersten Dampfer mit Ölkesseln. Sie laufen demnächst vom Stapel. Auf den Reißbrettern führender Werften werden bereits ganz neue Antriebskonzepte geplant. Völlig neue Häfen entstehen. Nur Käpt’n Blaubär und seine Gefolgsleute halten Dampfer für Teufelszeug und geben ihnen keine Zukunft.
Aber geht das nicht alles auch ohne uns? Käpt’n Blaubär lebt doch auch in seiner Nische.

Spaß beiseite. Das Zeitalter der Kerntechnik (Uran und Thorium) beginnt gerade erst und wird mindestens die nächsten 500 Jahre die Entwicklung der Menschheit vorantreiben. Es sei denn, die Erde wird von einem Meteoriten getroffen. Ob Deutschland nun mitmacht oder nicht, ist dafür völlig unerheblich. Selbstverständlich kann Deutschland sich zu einem Agrarstaat zurück entwickeln, wenn es Atomangst hat. Allerdings waren die Alleingänge in der deutschen Geschichte nie von langer Dauer und noch viel weniger erfolgreich.
Warum China so massiv in die Kerntechnik einsteigt, liegt nicht nur an dem gewaltigen Energiehunger. China hat erkannt, dass die Kerntechnik die Sperrspitze des Kraftwerks- und Anlagenbaues ist. Gerade die deutsche Industriegeschichte der siebziger bis neunziger Jahre hat das eindrucksvoll bewiesen. Sie besitzt ausdrücklich Vorbildfunktion. Was wäre Werkstofftechnik, Schweiß- und Schmiedetechnik, Regelungs- und Automatisierungstechnik, Sicherheits- und Qualitätstechnik ohne den Anschub aus der Kerntechnik? Insofern ist es folgerichtig für jeden „Gesellschaftsveränderer“ hier den Hebel anzusetzen. Eine zeitlang wird es deutschen Zulieferern noch gelingen vorne mitzuspielen. Langfristig ergeht es ihnen, wie der deutschen Werftindustrie. Wo werden noch mal die Spezialschiffe für Nordsee Windparks gebaut? Richtig, nicht in Deutschland. Deutsche Werften haben längst den technologischen Anschluss verpasst. Sie waren zu lange mit dem Verkauf von Blaupausen in sog. Entwicklungsländer beschäftigt. Schiffbau ist doch Saurier-Technologie aus vergangenen Jahrhunderten.
Nicht nur Umweltschützer fordern den raschen Ausstieg aus der Kernenergie aus Sicherheitsgründen, auch einige Liberale halten die Atomkraftnutzung für wirtschaftlich nicht vertretbar. Ist die Kernenergie tatsächlich nicht versicherbar und nur am Tropf staatlicher Subventionen lebensfähig?
Allein ihre Formulierung „wirtschaftlich vertretbar“ lässt schon tief blicken, finde ich. Für Investoren kommt es darauf an, was die kWh kostet, die in einem Kraftwerk erzeugt wird. Kernenergie ist die zurzeit preiswerteste Methode elektrischen Strom zu erzeugen und das weltweit und im Vergleich zu allen anderen Energieträgern. Deshalb investieren die ölfördernden Länder (Saudi Arabien 16 geplant, VAE 4 bestellt), Kohle fördernden Länder (China, Indien, USA) und selbst die traditionellen Nutzer der Wasserkraft (Brasilien, Schweden, Rußland) mehr oder weniger massiv in neue Kernkraftwerke. Haben Sie eine Erklärung dafür, warum die alle nicht rechnen können sollen bzw. trotz teilweise grundsätzlich verschiedener politischer Systeme trotzdem alle zu ähnlichen Ergebnissen kommen? Warum muss sich sonst die deutsche Linke so viel Mühe geben, immer wieder neue „externe Kosten“ zu erfinden, die angeblich „internalisiert“ werden müssen? Wer behauptet, dass Kernkraftwerke nicht versichert sind? Wenn eine höhere Versicherungssumme gewünscht wird, bitte. Nur macht eine Versicherung nur Sinn, wenn sie im Ernstfall auch zahlen kann. Im Falle solcher „Einzelrisiken“, wie sie Kraftwerke, Staudämme, Chemieanlagen etc. darstellen, lassen sich die laufenden Schadensfälle aber nicht aus den entsprechenden Zahlungsströmen der Prämien decken. Deshalb muss das Geld — auf welche Art auch immer — im Topf sein. Also müssen Rücklagen gebildet werden. Ich möchte allerdings sehen, welcher Politiker dafür auf laufende Steuereinnahmen verzichten will. Ich frage zurück: Welche Versicherungssumme erscheint ihnen angemessen und sinnvoll? Eine Milliarde, hundert Milliarden oder lieber doch gleich 1000 Milliarden? Das Finanzministerium kann ihnen sicherlich die dafür erforderlichen Steuerausfälle ausrechnen. Neu sind solche Rechnungen übrigens nicht, es sind die gleichen Methoden, mit denen auch die „Eigenversicherungen“ bei öffentlichen Investitionen begründet werden. Ich wage zu behaupten, dass gerade die linken Parteien sehr schnell von dieser Forderung abrücken werden. Warum angeblich liberale Politiker auf solche Forderungen hereinfallen, vermag ich nicht mit Sicherheit zu sagen. Am wahrscheinlichsten erscheint mir aber, dass es sich schlichtweg um mangelnde Sachkenntnis handelt.
Was ist von dem immer wieder vorgebrachten Widerspruch zwischen großtechnischer Kernenergienutzung und dezentraler Energieversorgung aus erneuerbaren Energien zu halten?

In der Energietechnik gibt es ausgeprägte Skaleneffekte. Das betrifft ein Kernkraftwerk genau so, wie den Windpark im Meer. Je größer die Anlage, je geringer die spezifischen Kosten für Personal und Material. Die Frage „zentral“ oder „dezentral“ muss daher politisch entschieden werden. Allerdings gibt es bei jedem komplexen System ein Optimum. Der Windpark in der Nordsee, der München mit Strom versorgen soll, ist mit Sicherheit genauso wenig optimal, wie (ausschließlich) Kernreaktoren mit über 1700 MWe. Die Zukunft wird zeigen, wohin die Reise geht. Ich bin allerdings persönlich überzeugt, dass in wenigen Jahrzehnten Kernkraftwerke mit kleiner Leistung als „Blockheizkraftwerke“ für die Metropolen und Industrieparks der Welt noch eine ungeahnte Rolle spielen werden. Aber auch auf diesem Gebiet, ist China nicht untätig. Warum sollten wir auch in zwanzig Jahren nicht unsere Kraftwerke aus China importieren? Klappt doch heute schon ganz gut mit Notebooks und Unterhaltungselektronik. Womit wir die dann bezahlen sollen? Natürlich mit Äpfeln vom Biobauernhof, schließlich müssen die leeren Containerschiffe auf ihrer Rückfahrt ohnehin Ballast aufnehmen. In diesem Sinne, glückliches „atomfreies“ Deutschland, denn diesmal muss der Letzte nicht mal mehr das Licht ausmachen.
Herr Dr. Humpich, vielen Dank für das interessante Gespräch.
Das Interview führte Steffen Hentrich
Das Interview erschien bereits im Juni 2011 bei Freie Welt– Wir betrachten es abe rals sehr wichtig die darin geäußerten Gedanken unserer Leserschaft heute nochmals zugänglich zu machen
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Bog des Interviewten Dr. Klaus-Dieter Humpich hier




Investitionen in Erneuerbare: Zerbröselnde Renditen!

Diverse Qualitätsprobleme mit Solaranlagen

Todd Woody berichtete am 28.Mai in der New York Times über die zunehmenden Probleme mit der Qualität der  Solarmodule, die in den USA installiert wurden (1): Die Solarpaneele, die ein riesiges Warenhaus-Dach in der Region östlich von Los Angeles bedeckten, hatten  erst zwei Jahre ihrer angeblich 25-jährigen Lebensdauer hinter sich, als sie versagten. Schutzschichten lösten sich auf, während weitere Defekte zwei Brände verursachten, die das System  für zwei Jahre außer Betrieb setzten. Es kostete Hunderttausende Dollar an Einnahmeverlusten. Es war kein Einzelfall. Weltweit berichten Testlabore, Entwickler, Finanziers und Versicherer über ähnliche Probleme und sprechen davon, dass die 77-Milliarden-Dollar Solarindustrie eine Qualitätskrise hat.  Ob dieses Problem durchgängig existiert, ist unklar, weil es aus der Industrie keine Zahlen über defekte Solarmodule gibt. Wenn Ausfälle entdeckt werden, verhindern Vertraulichkeitsabmachungen die Veröffentlichung der Namen der Produzenten.
Aber auf dem Spiel stehen Milliarden Dollar, mit denen Solarinstallationen finanziert wurden – von Kraftwerken in Wüstengebieten bis zu Vorstadtdächern – unter der Voraussetzung, dass sie sich ein Vierteljahrhundert lang rentieren, was wohl nicht mehr in allen Fällen zu erwarten ist.
Die Solar-Entwicklungsfirma Dissingo erlebte beträchtliche Ausfälle von Solarmoduln bei ihren Projekten, wie deren Direktor Dave Williams bestätigte. „Ich möchte nicht alarmistisch sein, aber die Qualität stellt eine Langzeitbedrohung dar“, erklärte er.  „Die Qualität ist gefährdet, seit sich die Materialien in den Moduln täglich ändern und die Hersteller die Information darüber verweigern.“
Die meisten Sorgen über die Qualität konzentrieren sich auf China, die Heimat der größten Solarproduktionskapazität weltweit. Nachdem Chinas Solarunternehmen Milliarden  Dollar Schulden machten, um ihre Produktion dermaßen hochzufahren, dass schließlich die Preise der Solarpaneele seit 2009 abstürzten, stehen sie nun unter extremem Druck, ihre Kosten zu senken.
Ein spektakulärer Fall: Chinesische Banken zwangen im März Suntech – bis 2012 der weltgrößte Solarproduzent – in die Insolvenz.
Führungskräfte von Unternehmen, die chinesische Fabriken im Auftrag von Entwicklern und Finanziers inspizieren, teilten mit, dass sie seit 18 Monaten festgestellt hätten, dass selbst die renommiertesten Unternehmen billigeres, nicht getestetes Material anstelle des bisher verwendeten Materials einsetzen. Andere Markenhersteller hätten Fertigungslinien geschlossen und kleineren Unterauftragnehmern die Montage der Module übertragen.
„Wir haben Inspektoren in vielen Fabriken und es kommt nicht selten vor, dass die Produkte großer Markenhersteller in jenen kleinen Werkstätten gefertigt werden, wo es keine Qualitätskontrollen gibt“, sagte Thibaud Lemoine, der General Manager von SRS Certified, einer französischen Testfirma. Als STS 215.000 Module in ihrem Shanghaier Labor 2011 und 2012 untersuchte, sprang die Anzahl der Defekte von 7,8 auf 13 Prozent. In einem Falle, sagte Mr. Lemoine, sei eine komplette Modul-Lieferung eines an der New Yorker Börse notierten Markenherstellers defekt gewesen; er durfte dessen Namen nicht nennen.
„Nach unseren Untersuchungen wechseln einige Hersteller absolut zu billigen chinesischen Materialien, um Geld zu sparen“, erklärte Jenya Meydbray von der kalifornischen Testfirma PV Evolution Labs.
Solar Buyer, ein Unternehmen aus Marlborough, Mass., entdeckte Fehlerraten zwischen 5,5 und 22 Prozent bei der Prüfung von 50 chinesischen Fabriken in den letzten 18 Monaten, teilte Marketing Direktor Ian Gregory mit.
Die photovoltaische Zelle, die einen sehr kleinen Teil des Sonnenlichtes in Strom umwandelt, ist das wichtigste Element eines Moduls.  Aber dessen kritischste Komponenten sind ein dünner Film, der die Zelle vor Feuchtigkeit schützt, und eine Vergussmasse, die die Zelle zwischen Glasschichten versiegelt. Dieses System ist großen Temperaturschwankungen ausgesetzt; agressive Luftschadstoffe greifen es an; die harte Ultraviolettstrahlung der Sonne verursacht molekulare Brüche in den Kunststoffen – Versprödung und Rißbildung drohen. Wenn dann Nässe eindringt, ist das Ende der Lebensdauer erreicht.
Mr. Gregory bestätigte, dass wiederholte Inspektionen herausgefunden hätten, dass einige Hersteller systematisch auf billigere Materialien umgestellt hätten, einschließlich solcher, deren Anwendungszeitraum schon abgelaufen war. „Wenn die Materialien nicht gut oder nicht gründlich getestet sind, haften sie nicht zusammen und das Solarmodul fällt dann vielleicht im Feld auseinander“, sagte er. Genau das geschah 2011 bei einem erst ein Jahr alten Solarkraftwerk in Australien, wie Mr. Meydbray sagte. Tests bestätigten die Verwendung minderwertiger Schutzschicht-Materialien.
In den Niederlanden bestätigte René Moerman vom Versicherer Solar Insurance and Finance,  dass die Ansprüche aus Schadensfällen jüngst um 15% angestiegen seien. Die Inspektion eines britischen Solarkraftwerks hätte ergeben, dass 12% der gerade installierten chinesischen Module versagt hatten. Wiederum verboten ihm Vertraulichkeits-Vereinbarungen die Nennung des Herstellers.
Auch nicht-chinesische Hersteller haben Qualitätsprobleme. First Solar, einer der größten U.S.-Hersteller, hat zur Deckung der Kosten für den Ersatz von 2008 und 2009 produzierten defekten Modulen 271 Millionen Dollar zurückgelegt. Auch die schadhaften  Paneele auf dem Warenhaus bei L.A. (s.o.) stammten  von einem amerikanischen Hersteller.
Die Nennung des Namens dieses Produzenten wurde dem Reporter verweigert….

Das ist offenbar in der Photovoltaikbranche die gängige Methode – und nicht unbedingt ein Anlass für Vertrauen.

Da der enorme Kostendruck anhält, wird sich vermutlich an dieser Situation nur eine Sache ändern: Die Versicherer, die noch im Solargeschäft bleiben, werden wohl ihre Prämien anpassen. Das knabbert an der Rendite.
Mit den Problemen der Hersteller sind die Probleme der Photovoltaik-Anwender aber noch nicht vorbei. Eine sehr ärgerliche Begleiterscheinung ist die Brandgefahr. Schon kleinste Schäden wie Montagepfusch, Marderbisse, Leitungsaufschabungen oder wetterbedingte Abnutzung können unter Umständen einen Brand auslösen. Die hohe Gleichspannung der in Serie geschalteten Module, die bis zu 1000 Volt gehen kann, führt bei einer Leitungsunterbrechung zu einem rund 5000 Grad heißen Lichtbogen, der über Stunden brennen kann (2). Die Feuerwehr ist angesichts der Gefahr durch die Hochspannung sehr zurückhaltend beim Löschen.
Der Solaranlagenbauer Günter Franke, Elektromeister und Sachverständiger für Photovoltaik meint, die Probleme fingen bereits bei der Montage an. „Nach der momentanen Rechtslage darf jeder diese PV-Anlagen montieren, ohne die regeln genau zu kennen. Es wird nicht geprüft, ob derjenige, der es baut, auch weiß, was er da tut“. Franke schätzt, dass circa 80 Prozent der heute (Anm.:Febr.2012) montierten PV-Anlagen nicht den Vorschriften entsprechen. So seien mit der Zeit auftretende Defekte und damit auch mögliche Brandgefahren programmiert. Regelmäßige Überprüfungen der Anlagen durch Fachleute könnten das Problem minimieren. Doch lediglich eine berufsgenossenschaftliche Vorschrift verpflichtet theoretisch den Monteur zur Prüfung.  „In der Praxis wird darauf sehr gerne und häufig verzichtet, einfach aus Profitgier oder um Euros zu sparen und natürlich auch aus Unwissenheit, weil der Installateur dem Kunden die Notwendigkeit der regelmäßigen Prüfungen nicht mitgeteilt hat“.
Solche Überprüfungen würden viel Geld kosten und die Rendite der subventionierten Anlagen meist zunichte machen. Zudem würden Regelverstöße in der Praxis weder verfolgt noch geahndet, so Günter Franke (2).

Auch diese Zustände dürften für die Versicherungen von Interesse sein.

Aber auch seriöse Hersteller sehen sich technologischen Problemen gegenüber, die im Prinzip seit 1987 bekannt sind, die aber erst mit der zunehmenden Anzahl von zusammen geschalteten Modulen ein ärgerliches Ausmaß erreichten: Es ist der sogenannte Hochspannungs-Stress, auch als PID (Potential-Induced Deduction – Spannungs-verursachter Schwund) bekannt, der die Leistung einer Solaranlage unerwartet absacken läßt (3).
PID äußert sich in Leckströmen auf Zell-, Modul- und Anlagenebene und tritt besonders stark auf, wenn Feuchtigkeit im Spiel ist. Der Effekt beginnt bereits bei Spannungen von einigen hundert Volt und verstärkt sich mit der Gesamtspannung einer Modulreihe. Leistungsverluste von 20 bis 30 % sind bei längeren Modulreihen durchaus möglich.
Arbeiten des Solarmodulherstellers Solon ergaben, dass bei PID insbesondere die oberste antireflexive Schicht der Zelle aus Siliziumnitrid eine wichtige Rolle spielt. Solon plädiert für dickere Schichten. Einige Hersteller haben mit entsprechenden Änderungen im Produktionsprozess der Zellen begonnen. Der zweite Ansatzpunkt für PID ist das Einbettungsmaterial, das verhindern soll, dass keine Feuchtigkeit in das Modul gelangt. Auch daran wird gearbeitet.
Vermutlich wird das PID-Problem gelöst; für die Besitzer der in den Jahren zuvor installierten  Solaranlagen ist das allerdings kein Trost.
Ärger steht den Photovoltaik-Besitzern auch durch die Betreiber des Niederspannungsnetzes ins Haus, wenn die immer weiter wachsende Anzahl der Solarstromeinspeiser das dafür nicht ausgelegte Netz überfordert. Denn dadurch kann die Netzspannung über ihren Grenzwert steigen, was zur Zerstörung von Elektrogeräten führen kann, wie das „Handelsblatt“ unter Berufung auf Experten berichtete (4).
Als Beispiel nannte das Blatt die Stadt Fröndenberg in Westfalen, wo in einigen Stadtteilen keine neuen Photovoltaikanlagen mehr ans Netz gehen dürften. Die Aufnahmegrenze sei erreicht, sagte Bernd Heitmann, Chef der örtlichen Stadtwerke der Zeitung. Grund für das Problem sei die ländliche Struktur: Ein weitmaschiges Netz mit dünnen Leitungen verbinde relativ wenige Verbraucher, aber viele Produzenten. Der Knackpunkt seien die Spannungshübe. Vor allem bei Solaranlagen, die bei Sonne schnell besonders viel und bei Bewölkung sofort weniger Strom produzierten, sei dies ein Problem.
Selbst innerhalb der erlaubten Variation der Voltzahl im Netz, die bei +/- 10 Prozent liegt, dürften die Spannungshübe nicht mehr als 2 bis 3 Prozent ausmachen. Werde dieser Wert der Schwankungen überschritten, drohten Schäden, für die der Netzbetreiber verantwortlich gemacht werden könne.
98 Prozent aller Solaranlagen seien an das Niederspannungsnetz angeschlossen. Das führe bei 77 Prozent der Betreiber von Verteilnetzen zu Problemen bei der Integration des Solarstroms, schreibt das „Handelsblatt“. Diese historisch gewachsenen Netze seien nur so dimensioniert, dass sie allein die Last, die der Verbrauch verursacht, tragen könnten, nicht aber die plötzlich auftretende Stromeinspeisung von neuen Erzeugern.
Um die Größenordnung des Problems zu veranschaulichen: Das stets in den Medien genannte Übertragungsnetz, das insbesondere von Nord- nach Süddeutschland ausgebaut werden soll, ist ein Höchstspannungsnetz von bisher 35.000 km Länge. Aber bereits das regionale Hochspannungsnetz (60-100 kV) ist mit 77.000 km mehr als doppelt so lang. Das Mittelspannungsnetz (3 bis 30 kV) hat  jedoch eine Länge von 500.000 km und das Niederspannungsnetz, von dem hier die Rede ist (400 oder 230 Volt Spannung), hat über 1 Million Kilometer. An diesem hängen die Solaranlagen und hier werden die teuren regionalen Probleme verursacht, deren jahrelang andauernde Behebung sich sehr deutlich in den künftigen Stromrechnungen niederschlagen wird (5).
Der vor allem durch die riesige Zahl der im sonnenarmen Deutschland mit Milliardensubventionen  errichteten – zumeist chinesischen – Photovoltaikanlagen erzeugte, vom Gesetzgeber per EEG abgesicherte  Druck auf die regionalen Verteilnetzbetreiber löst  eine ebenso riesige Kostenlawine aus, die vorerst kein Ende hat.
Es ist jedoch absehbar, weil völlig unvermeidlich, dass die nächste Regierung, gleich welcher  Farbkombination,  ihre überfälligen energiepolitischen Reformmaßnahmen vor allem zu Lasten der Photovoltaik  vornehmen wird. Dabei dürften auch Netzausbaukosten und Nachrüstungen für Regeleinrichtungen der PV-Anlagen auf die bestehenden Altanlagen umgelegt werden, weil die noch stärkere Belastung der Verbraucher an ihre Grenze stößt.  Das würde dann die nächste Rendite-Diät sein.
Die beschriebenen Probleme, die selbst die durch eine Zwangssubvention erzeugte künstliche Rentabilität der Solarstromanlagen bedrohen, stellen keine Überraschung dar. Das politisch durchgesetzte Stromerzeugungssystem, das auf die Errichtung von Millionen von Photovoltaikanlagen abzielt, ist wirtschaftlich eine Katastrophe – wie inzwischen weitgehend anerkannt – aber auch technisch unseriös.
Jede einzelne dieser Anlagen erzeugt abhängig vom Durchzug einer Wolke und vom dann wieder einfallenden Sonnenlicht eine vollkommen unberechenbare Folge von Leistungsspitzen und –Löchern.  Laienhafte Betrachter glauben nun daran, dass sich diese Schwankungen gegenseitig ausgleichen würden. Das Gegenteil ist der Fall. Wie auch bei den Windkraftanlagen erhöht sich mit steigender Zahl der Maschinen oder Module  auch die Höhe der Schwankungen – einfach, weil sich nicht nur Leistungsspitzen einer Anlage mit einem zufälligen Leistungsloch einer anderen Anlage gegenseitig ausgleichen, sondern weil sich selbstverständlich auch viele gleichzeitig auftretende Leistungsspitzen aufeinander setzen. Das einzige Gegenmittel wären Stromspeicher, die es aber zu bezahlbaren Kosten nicht gibt.
Eine unzuverlässigere, die Versorgung durch das Netz störendere Methode der Stromerzeugung ist gar nicht vorstellbar. Dass sie auch noch die mit Abstand teuerste ist, macht es nur schlimmer.
Die riesige Zahl der Einzelanlagen führt zwangsläufig auch zu den anderen beschriebenen Problemen:

  • Die Vielzahl der Hersteller führt einerseits zu einer großen Vielzahl von Produkten, die offensichtlich sehr unterschiedliche Qualitäten aufweisen und bei denen von einer langfristig gesicherten, gleichbleibenden und damit berechenbaren Qualität anscheinend bei keinem einzigen Hersteller gesprochen werden kann. Für die Kunden ist die Auswirkung technischer  und organisatorischer Änderungen im Herstellungsprozeß völlig undurchschaubar.
  • Daran schließt sich das offensichtliche Chaos bei der Montage der Module an. Die Spannweite von fachkundiger, solider  Arbeit bis hin zu unprofessionellem Pfusch scheint groß zu sein und die Neigung sowohl bei den Montagefirmen wie auch bei den Kunden zur Einsparung von Kosten hat Folgen.
  • Die nötigen regelmäßigen Überprüfungen werden weitgehend eingespart – ein Lotteriespiel.
  • Das Vertrauen in die Produkte wird durch die von den Herstellern  bisher erfolgreich durchgesetzte Anonymität bei spektakulären Ausfällen unterminiert.
  • Für die Versicherer ist angesichts der Vielfalt der Anlagen und der durch unsachgemäße Montage verursachten Probleme das Einzelrisiko kaum abschätzbar.
  • Für die Finanziers gilt das Gleiche.

Vergleicht man dieses System mit einem Großkraftwerk, dann bietet letzteres nicht nur eine absolut zuverlässige Leistung – das auch noch zu niedrigen Kosten und auf einer minimalen Fläche – es besteht auch ausnahmslos aus penibel geprüften Aggregaten und Bauteilen,  ist solide konstruiert und errichtet und wird regelmäßig überprüft. So etwas nennt man seriöse Technik. Verglichen damit ist die Massenversammlung von Photovoltaikanlagen in Deutschland ein chaotisch entstandenes und betriebenes  System, das durch keine noch so teuren Maßnahmen eine auch nur annähernd gleiche Versorgungsqualität wie die bisher durch Großkraftwerke gewährleistete erreichen kann.

Wir befinden uns im energiepolitischen Schilda.

Nicht erreichbare Renditehoffnungen bei Windkraftanlagen

Windkraftanlagen litten weniger unter Produktionsfehlern als Photovoltaikanlagen. Eine Zeitlang beunruhigte die sogenannte Graufleckenkrankheit die Branche – ein Getriebeschaden, der durch abrupte Belastungsänderungen auftrat. Getriebelose Generatoren umgehen diese Gefahr, sind aber teurer. Bränden in den Maschinenhäusern mußte die Feuerwehr tatenlos zuschauen, weil sie unerreichbar waren.
Was jedoch die Renditen der Windpark-Betreiber deutlich schmälerte und teilweise zunichte machte, waren unrealistische Angaben der Emissionshäuser in ihren Prospekten über die erreichbaren Erträge.
Ein kürzlich veröffentlichter Bericht des Bundesverbands Windenergie e.V. (BWE) zeichnet ein deprimierendes Bild von Versprechungen und Wirklichkeit.  Es folgen Zitierungen (6):

„In den Kapitalanlage-Prospekten der Jahre 2000 – 2005 betrug die Summe der geplanten Ausschüttungen über den Zeitraum von 20 Jahren zwischen 200 –300 % des ursprünglichen Eigenkapitals. Anleger konnten somit über die Rückzahlung ihrer Einlage hinaus mit einem Gesamtgewinn von 100 – 200 % ihrer Einlage rechnen. Die geplante Rendite sollte demnach zwischen 5 und 10% jährlich liegen.“

„Die Emissionshäuser hatten noch bis 2004 regelmäßig Leistungsbilanzen veröffentlicht. Zur Unterstützung ihrer Verkaufsaktivitäten.  Seitdem sind die kumulierten Ergebnisse der meisten Windparks so schlecht geworden, dass sie von den meisten Initiatoren nicht mehr dargestellt werden.  Besonders schlimm traf es die Cuxhavener Firma UmaAG AG, deren Anleger in 2007 und 2008 von ihren 30 Windparks (320 MWp) 13 Windparks mit 142 MWp verkaufen mußten.“

Wegen des Verschwindens der Leistungsbilanzen beschloß der Vorstand des BWE-Anlegerbeirats, systematisch Jahresabschlüsse von Windparks zu sammeln und auszuwerten.

„Für den 10-Jahreszeitraum 2002-2011 ist festzustellen, dass die Windstromerlöse im Durchschnitt nur 86% der prospektierten Umsätze erreichten. In 82% der geprüften Jahresabschlüsse lagen die Umsatzerlöse unter dem Prospektansatz.“

„Hier liegt der Grund für die Misere der kommerziellen Windparks in Deutschland.“

„Die Ursache für die systematische Überschätzung des Windertrags-Potenzials wird von den Planern bei den Windgutachtern gesehen, die ihrerseits auf die überschätzten Index-Werte der Betreiber-Datenbasis BDB (IWET-Index) verweisen. Dieser BDB-Index wurde im Verlauf vieler Jahre mehrmals nach unten korrigiert, zuletzt im Dezember 2011.“

„In den Kapitalanlageprospekten wurden insbesondere nicht die Unsicherheitsbereiche der Prognosen von +/- 10% für den ermittelten Windertrag dargestellt.“ Erst Jahre später erzwangen Prospekthaftungsurteile solche Hintergrundinformationen.
„Die bei den bisher untersuchten Windparks im Schnitt fehlenden Umsatzerlöse von Jährlich 15% gegenüber der Planung haben folgende Probleme erzeugt:
⇒       37% der Jahresabschlüsse zeigten einen negativen cash flow, d.h. die Darlehenstilgungen waren höher als die vom Windpark erwirtschafteten Mittel;
        nur in 35% der Jahresabschlüsse wurden Ausschüttungen von 2% und mehr ausgewiesen.
     Nach den Index-Korrekturen müssen die Ertragswerte der meisten deutschen Inlandswindparks deutlich nach unten berichtigt werden.“
Zu den Betriebskosten: Über das Prüfungsergebnis der Jahresabschlüsse von über 70 Windpark-Gesellschaften, die zusammenhängend über 8 und mehr Jahre vorliegen, wird mitgeteilt:
 Wie zu erwarten war, liegen die echten Betriebskosten oft viel höher als prospektiert, besonders bei Versicherungen und Reparaturen. Die Summe der Betriebskosten ohne Abschreibung und Zinsen betrug 27,5 % der Erlöse.“

Die Schlußfolgerung  von Werner Daldorf :

1.     „Rund die Hälfte aller kommerziellen onshore-Windparks laufen so schlecht, dass die Anleger froh sein können, wenn sie nach 20 Jahren ihr Kommanditkapital zurück bekommen haben.

2.     Bürgerwindparks haben dieselben Probleme. Da sie in der Regel günstigere Herstellungskosten und weniger Bankschulden hatten, sind die Chancen ihrer Anleger auf eine geringe Rendite etwas besser.“

Eine verdienstvolle Untersuchung, die nur leider für etliche getäuschte Anleger recht spät kommt. Im Grunde bewahrheitet sich die alte Regel, dass hohe Renditeversprechen meist unseriös sind – und da machen auch grüne Projekte keine Ausnahme.
Die Risiken der Inland-Windparks sind jedoch nichts im Vergleich zu denen der  Offhore-Anlagen.  Schade, dass es dazu noch keine Bewertung durch den BWE gibt.
Jenseits aller Abschätzung der zahlreichen und handfesten Risiken auf See aber zittern alle vor dem GAU:

Wenn ein großer Öltanker mit ausgefallener Ruderanlage eine Schneise durch einen Offshore-Windpark pflügt. Und die umstürzenden Windkraft-Riesen das Schiff in Stücke schlagen. Die Ölpest, die dann Europas Küsten trifft, dürfte nicht nur Seevögel, sondern vermutlich eine ganze Branche als Opfer fordern.

Lit.:
(1): Todd Woody: “Solar Industry Anxious Over Defective Panels”, The New York Times, 28. Mai 2013,  http://www.nytimes.com/2013/05/29/business/energy-environment/solar-powers-dark-side.html
(2): Reinhard Weber: “Photovoltaik: Brandgefahr”, WDR Fernsehen, Markt, Sendung vom 6.2.2012, www.wdr.de/tv/markt/sendungsbeitraege/2012/0206/03_photovoltaik.jsp
(3): Ariane Rüdiger: „Stromlecks knabbern an Solarrendite“, vdi-nachrichten , 26.8.2011
(4): T-Online: „Solarstrom: Überforderte Stromnetze können Elektrogeräte zerstören“, 18.02.2011,  www.t-online.de/wirtschaft/energie/versorgerwechsel/id-44460600/solarstrom-ueberforderte-stromnetze-knnen-elektrogeraete-zerstoeren.html
(5): Günter Keil: „Die Energiewende ist schon gescheitert“, TvR-Medienverlag, Jena 2012, ISBN 978-3-940431-32-5, Seite 79
(6): Werner Daldorf (Autor) für den Bundesverband Windenergie e.V.: „Praxiserfahrungen mit der Wirtschaftlichkeit von Bürgerwindparks in Deutschland“, 02-2013, www.wind-energie.de
 
Dr. Günter Keil Sankt Augustin, im Juni 2013