Energiewende: „Okay, dann eben Planwirtschaft!“
Es handelte sich dabei um die beiden spanischen Unternehmen Iberdrola und Gas Natural , die zwei italienischen Firmen Enel und Eni, die französische GDF Suez, den kleinen niederländischen Gashändler und –Versorger GasTerra sowie RWE und E.ON.
Die Überschrift spricht von einem Aufruf zur Wiederbelebung der europäischen Energiepolitik; der Inhalt liest sich allerdings anders.
Zunächst gibt es politisch korrekte Pflichtbekenntnisse: Im 3. und4. Absatz dieses Papiers geht es um „die Umstellung auf eine CO2-arme Wirtschaft“ und ferner darum, dass auch „weiterhin der Kampf gegen den Klimawandel unterstützt“ werden müsse.
Dann folgen Forderungen. Schon im ersten Punkt wird die Katze aus dem Sack gelassen: Gefordert wird „eine verbesserte Marktausgestaltung, einschließlich eines auf europäischer Ebene koordinierten Ansatzes für Kapazitätsmechanismen (!) , die gewährleisten, dass alle zur Versorgungssicherheit der europäischen Kunden beitragenden Anlagen gerecht entlohnt (!) werden.“
Im Klartext: Der Begriff Kapazitätsmechanismus wird seit etwa einem Jahr von Energieversorgern, von Behörden wie der Bundesnetzagentur und auch von Verbänden wie dem BDEW für eine neue Subventionsart für Kraftwerksbetreiber benutzt. Mit dieser sollen die durch die übermäßige Einspeisung von „Grünstrom“ und die dadurch verursachte drastische Verringerung der Volllast-Betriebsstunden unrentabel gewordene Gas- und Kohlekraftwerke unterstützt werden, damit deren Betreiber sie nicht stilllegen, was sie sonst tun würden. Deren unausgesprochene, aber unüberhörbare Drohung: Wir müssen und werden das aus wirtschaftlichen Gründen machen – und wenn dann das Netz zusammenbricht, tut es uns leid.
Einen ersten Erfolg hatte die Lobby bereits: Die drohende Stilllegung des hochmodernen Gaskraftwerks Irsching in Bayern konnte kürzlich abgewendet werden, indem jetzt die Betreiber Geld für die Vorhaltung der Anlage als „Kaltreserve“ erhalten.
Es ist die Subventionierung des Stillstands – und genau das wird nun unter der schönen Bezeichnung Kapazitätsmechanismus von den 8 Vorstandschefs gefordert. Bezahlter Stillstand als „Wiederbelebung der Energiepolitik“.
Die Pläne gehen aber noch weiter, wie man es bereits von deutschen Behörden und Verbänden hörte: Das Gleiche soll mit Anlagen geschehen, die wegen des Erreichens ihrer Lebensdauer eigentlich stillgelegt werden sollten. Auch diese alten Kraftwerke mit ihren schlechten Wirkungsgraden müssen unbedingt mit zusätzlichem Geld am Netz gehalten und dafür auch noch teuer aufgerüstet und modernisiert werden – als Reserve.
Wer diese Zusatzkosten aufzubringen hat, dürfte klar sein: Die Verbraucher, wie immer.
Nachdem dieser wichtigste Punkt von den acht CEO´s vorgetragen wurde, kommt anschließend in Punkt 2 wieder der Ruf nach „klimafreundlichen Techniken“ sowie die Bitte, dass doch zwar „ehrgeizige, aber realistische und belastbare Ziele für Treibhausgasemissionen“ vorgegeben werden.
Im Punkt 3 wird gewünscht, dass doch die Kosten für die Bürger sinken mögen – was aber gerade durch die Forderung nach der neuen Subventionsart in Punkt 1 ins Gegenteil verkehrt wird. Denn die Finanzierung eines stillstehenden Kraftwerksparks wird die Bürger sehr viel Geld kosten.
So etwas nennt man gemeinhin Heuchelei.
In Punkt 4 werden Investitionen in „vielversprechende Techniken“ (wörtlich !) gefordert. Diese lächerliche, naive Bezeichnung kommt hier tatsächlich von Industrieunternehmen. In diesem Zusammenhang wird die CO2-Abtrennung (vielversprechend ?), die Speicherung und sogar Schiefergas genannt. Man beachte, was nicht genannt wird: Die so schön CO2-freie Kernkraft. Und das, obwohl doch zwei der Unterzeichner, RWE und E.ON, durch die Zwangsabschaltung ihrer KKW schwer geschädigt wurden.
Damit erklärt sich auch, weshalb die mächtige französische EDF nicht unterschrieb; auch die deutsche EnBW fehlt. Weiterhin fehlen EVU aus Großbritannien, der Schweiz, aus Östereich, Norwegen, Finnland, Schweden, Dänemark, Tschechien, Polen, Belgien, Ungarn usw.
Es sind also keineswegs die maßgeblichen Energieunternehmen Europas, die hier ideologisch korrekte Bekenntnisse abliefern und dafür dann die Hand aufhalten. Das Motto scheint zu sein: Wenn die Politiker Stück für Stück die Marktwirtschaft im Energiesektor abschaffen und sie durch Planwirtschaft ersetzen, dann fordern wir hier eben ein weiteres Stück neuer Planwirtschaft, damit wenigstens die Kasse stimmt.
Man sollte sich nicht täuschen: Die hier eingeforderte neue Subvention ist bereits im Gange und wird einen weiteren erheblichen Abfluss an Wirtschaftskraft bei allen Verbrauchern mit sich bringen. Diese Forderung ist im Grunde ein Zeichen von Resignation in der Energiewirtschaft. Bevor es endgültig kracht, möchte man wenigstens noch etwas verdienen.
Dr. Günter Keil, u.a. Autor des Buches "Die Energiewende ist schon gescheitert"
(1): http://www.eon.com/de/news/pressemitteilungen/2013/5/22/acht-fuehrende-……html
Sankt Augustin, 15.6.2013