Kernenergie zwischen Tschernobyl und Fukushima

Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl:

      Für die Explosion im Kern von Block IV des RBMK-1000 Tschernobyl-Reaktors können nicht nur einzelne Mitglieder der Betriebsführung sowie die schlecht ausgebildete Betriebsmannschaft der Reaktoranlage vor Ort verantwortlich gemacht werden. Die Schuld an dem Versagen muss sicherlich vor allem der damalig schlechten, ja sogar naiven Organisation in Sachen Kernenergie in der UdSSR zugeteilt werden. Und das sowohl bei der Auswahl, dem Bau und  Betrieb diesen Typs von Reaktoren, der Ausbildung des Betriebsteams sowie des Fehlens eines verantwortungsvollen und kompetenten Krisenmanagements. Die Explosion war Auslöser einer rd. 3 km hoch brennender stark radioaktiven Graphitsäule, die tagelang nicht gelöscht werden konnte und damit viel Radioaktivität über die Umgebung und halb Europa verbreitete, und zu einer nachfolgenden Kernschmelze führte. Schon  5 Jahre vorher gab es in den USA einen ersten und weltweit stark beachteten Kernschmelzunfall in Harrisburg. Bei dem entstand zwar grosser Sachschaden für die Betreiberfirma,  Todesopfer waren aber keine zu beklagen. In der UdSSR war man sich (z. T. auch wegen der damals noch fehlenden Perestroika) der Gefahr eines GAU-s und der Gefährlichkeit der Strahlung überhaupt noch nicht bewusst, Das wurde auch deutlich, als in dieser Unglücksnacht beim Abfahren der Reaktoranlage nicht nur allgemein übliche Messungen vorgesehen waren, bei denen in den routinemäßigen Ablauf normalerweise nicht eingegriffen werden muss, auch spezielle Experimente geplant waren. Diese waren schon ein Jahr zuvor gescheitert und sollten nun nachgeholt werden. Der nur 3 Jahre alte Druckröhren-Siedewasser RBMK-1000 Reaktor wurde somit als Versuchsreaktor missbraucht. Dabei wurde, als die Versuche wieder zu scheitern drohten, vom Vizedirektor einfach (ohne Genehmigung irgendeiner Aufsichtsbehörde) spezielle sehr riskante Manöver angeordnet, um das Ziel der Messungen trotzdem zu erreichen. U. a. wurde befohlen, Steuerstäbe zu ziehen und gleichzeitig Notfall- und Schutzmechanismen außer Kraft zu setzen. Dies gegen den Widerstand eines der Reaktorfahrer, der dann, als er sich weigerte den Anordnungen zu folgen, abgelöst wurde. (Solches Vorgehen wäre natürlich unmöglich mit einer westlichen Reaktorsicherheitsphilosophie zu vereinbaren). Die Wucht und das verheerende Ausmaß des dadurch ausgelösten Unglücks traf die Betreiber dieser Anlage vollkommen unerwartet und unvorbereitet und endete in einer Katastrophe (hier kann man mit recht davon sprechen). Vor allem, da es auch kaum sinnvolle Vorkehrungen für das Abmindern der Konsequenzen solch eines ’Desasters’ gab. Man war gezwungen zu improvisieren. Auch nach dem Eintreten der Katastrophe wurde der Ernst der Lage immer noch nicht erkannt. Gorbatschow, damals Vorsitzender des Politbüros, wurde um 5:00 früh von einem Mitglied der Akademie der Wissenschaften geweckt, über den Unfall informiert und beruhigt. Dieser sei vollkommen ungefährlich, genau so, ‚wie wenn man eine Kuh auf den Kreml stellt‘. Man dachte damals noch, die Anlage schon in 3 Wochen wieder in Betrieb nehmen zu können. Wer im Westen hätte die Feuerwehrleute, zwar in ihren schmucken Uniformen aber ansonsten vollkommen ungeschützt, direkt und ohne Vorsichtsmassnahmen zum Löschen der brennenden stark radioaktiven Graphitsäule geschickt (alle waren nach ein paar Tagen tot, ebenso Hubschrauberpiloten, die mit hochrangigen Journalisten die Säule in geringem Abstand umkreisten usw.). Welches Krisenkommando hätte das benachbarte Pripjat erst nach 36 h evakuiert und solange Familien mit Kindern vollkommen ahnungslos im Park spazieren gehen lassen. Die Evakuierung von Tschernobyl erfolgte sogar erst nach einer Woche. Sechs Tage nach dieser (lange Zeit nicht erkannten) Katastrophe fanden noch Maikundgebungen im rd. 110 km entfernten Kiew statt, an denen auch Mitglieder des Politbüros ’mit ihren Familien und (Originalton Gorbatschow) ihren Enkeln’ teilnahmen.  

Unfall an der Reaktoranlage Fukushima-Daiichi in Japan:

       Bei dem Unfall in Fukushima lagen dagegen ganz andere Verhältnisse vor.        Als Folge der aufwendigen und weltweiten Sicherheitsforschung waren die Anlagen von Fukushima, wie weltweit auch, gegen Erdbeben ausgelegt (dies aber nur für eine maximale Stärke von 7,0 n. R), aber auch gegen einen eventuellen Tsunami (mit einer Wellenhöhe von bis zu 5,7 m). Allgemein wurden Wellen von max. 4 m erwartet, und das nicht nur im Zusammenhang von Atomenergieanlagen sondern auch für konventionelle Bauten. Tatsächlich wurden die Fukushima-Anlagen von einer Welle von 15,5 m getroffen. Trotz des Jahrtausendbebens (von 9,0 n. R.) haben alle damals in Betrieb befindlichen japanischen Reaktoren auch diesem (ungewollten) ’Stresstest standgehalten. Genauso wie in Tokio, deren Hochhäuser speziell gegen Erdbeben ausgelegt sind, und nur 7 Todesopfer zu beklagen waren. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei weltweit 436 in Betrieb befindlichen Reaktoren auch weitere AKW-Anlagen in Zukunft Erdbeben ausgesetzt sein könnten (aber wohl kaum von dieser Stärke).
      Hier einige Passagen aus einer sehr gut recherchierte TV-Dokumentation (‚Das Mega-Beben‘) zum vorigen Jahrestag über diese Ereignisse
  – Das 5:50 Minuten dauernde ’Jahrtausend’-Erdbeben von 9,0 nach Richter zählt zu den 5 größten, die je unseren Planeten erschütterten.
  – Es bewirkte, dass rd. 150 km östlich von Japan der Meeresboden auf rd. 400 km um 3 m gehoben (bzw. die japanische Küste um 1 m gesenkt) wurde. Das löste eine ‚apokalyptische‘ Tsunami -Welle aus, die mit Flugzeuggeschwindigkeit (d. h. mit rd. 800 km/h) losraste und selbst noch an der fernen US-Westküste (nach einer Laufzeit von 12 h) Zerstörungen anrichtete. Die japanische Küste wurde in 56 min. erreicht (nach einem ARTE Bericht in 20 min). Die Welle drang bis zu 10 km in das Landesinnere ein und hatte z. T. eine Höhe von 40 m. Rd. 810,000 Gebäude wurden zerstört oder beschädigt. Eine ganze Kleinstadt an der Küste wurde in rd. 5 min. vollkommen vernichtet, Man versuchte verzweifelt auszurechnen, mit welcher Höhe die Welle die Reaktoranlagen erreichen würde. Vergeblich, weil die Computerrechnungen z. T. auch durch Stromausfälle behindert worden waren (Heutzutage im Nachhinein zu argumentieren, man hätte die Anlagen mit höheren Mauern schützen sollen, ist daher nicht besonders fair).
  – Neben dem Verlust sämtlicher Stromquellen fielen (z. T. wegen eines Auslegungsfehlers) auch alle Batterien aus. Dadurch konnten auch keine Messsignale an die Betriebsmannschaft geliefert werden. Man war zeitweise ’blind und taub’. Erst mit einiger Verspätung konnten dann diese Signale provisorisch wieder zum Laufen gebracht werden, in dem man Batterien von Bussen, die auf dem benachbarten Parkplatz standen, herbeischaffte. Da Wasserleitungen und später auch Pumpen nach einiger Zeit nicht mehr zur Verfügung standen, konnte der sich immer mehr erhitzende Kern nur mehr mit Meereswasser gekühlt werden. Bei drei der sechs Blöcke von Fukushima II konnte daher eine Kernschmelze nicht mehr verhindert werden. Trotzdem gelang es der Betriebsmannschaft, diese Reaktoren auf einen sicheren Zustand abzufahren,

Beurteilung der Kernenergie:

     Leider ist es mittlerweile üblich geworden, dass jeder meint, über die Gefahren der Kernenergie mitreden zu können. Und das oft ohne entsprechendes Hintergrundwissen. Seien das Volksschüler, Gymnasiasten oder Studenten (’jugendliche Motivation’, ganz gleich wofür und ohne Rücksicht auf Konsequenzen), Pfarrer oder Bischöfe (Bewahrung der Schöpfung), Künstler (nur sie besitzen das Monopol des sich ’Einfühlens’), Journalisten (viele von ihnen mittlerweile beratungsresistent), Politiker (ein eigener Standpunkt ist in der heutigen stark aufkommenden ’direkten’ Demokratie nicht mehr gefragt, nur die Meinung der Wähler zählt), Universitätsprofessoren usw. Sie meinen, das einfach kraft ihrer Intelligenz begründen zu können. Dabei würde gesunder Menschenverstand vollkommen ausreichen. Ein Verhalten, das für jeden Lebensbereich (Autokauf, Partnerwahl aber auch Wahl der geeigneten Energiequelle) zu empfehlen wäre. Dabei müsste vor einer Entscheidung sowohl das Für als auch (!) das Wider einer vorgesehenen Handlung gründlichst bedacht werden. Immanuel Kant bemerkte schon in einem Essay von 1784 zu dieser Problematik: ’Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen’, spricht von der ’Befreiung des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit durch Aufklärung’ und nennt als Grund, warum trotzdem manche zeitlebens unmündig bleiben, ’Faulheit und Feigheit’. Hat Kant hier schon an die Kernenergie gedacht?
        Der Mangel an direkten Gesprächen zwischen KE-Befürwortern und Gegnern ist eklatant, ein Austausch von Argumenten und Gegenargumenten findet fast nicht statt. Es war und ist oft traurig zu sehen, wie manche der damals der KE noch wohlmeinende Politiker von oft sehr primitiven Argumenten der Grünen in TV Auftritten förmlich hingeschlachtet wurden. Sie müssten halt, wenn in ihrem Parteiprogrammen ’Pro-KE’ steht, auch dafür kämpfen. Z.B. sich vorher über die Materie gründlichst informieren. Als Folge dieses Sich-Treiben-Lassens ist, dass inzwischen CDU und CSU auch umgefallen sind (und zwar, trotz Parteiprogramms, innerhalb weniger Wochen). In Deutschland ist somit der ’Worst Case’ eingetreten. Es haben sich nun alle (mehr oder weniger wichtigen) großen Parteien (neben CDU und CSU auch SPD, FDP, GRÜNALTERNATIVEN, FREIEN WÄHLER, PIRATEN, ÖDP u.a.) gegen Kernenergie ausgesprochen. Mit dem für eine Demokratie unangenehmen Effekt, dass damit auch die parlamentarische Kontrolle in diesem Bereich ausgehebelt ist. Das führte für einige Parteien (CDU/CSU) zwar zu (kurzzeitigem) Nutzen, kann aber kaum im Sinne des Staates sein. In Österreich wagt es sowieso kein Abgeordneten, sich für KE zu ’outen’.

Experten:   

       Eine unheilvolle Rolle spielen in den Diskussionen über Gefahren der Kernenergie eine Menge sogenannter ’Experten’, mit teilweise abstrusen Gegenpositionen. Sie haben aber wegen ihrer Emotionaltät und Schwarz-Weiß Malerei oft großen Einfluss auf die öffentliche Meinung. Was sind somit vertrauenswürdige Experten? Kann man sich dazu selber ernennen? Oder muss man dafür einige Prüfungen ablegen? Die Frage und damit Definition sollte eigentlich klar und einfach zu beantworten sein. Trotzdem lässt sich die Bevölkerung hier leicht in die Irre führen. Dabei weiß im normalen Leben jeder Weinbauer, Bäcker, Chirurg usw., wer von seinem Fach etwas versteht oder nur ein Scharlatan ist. Dieses Ansehen (und damit den Titel) kann man somit in erster Linie durch Kollegen im eigenen Fachbereich ’verliehen’ bekommen. Man erwirbt sich ihn, indem man auf diesem Fachgebiet hervorragende Arbeit leistet. Genau so sollte das auch bei Wissenschaftlern (und Fachjournalisten) der Kernenergie der Fall sein. Bei Diskussionen erkennt man dann die Qualität der Teilnehmer, z. B. wie umfassend deren fachliches Wissen ist oder wie ideologisch verbohrt sie agieren, wie souverän ihre Argumentation ist usw.
         Eigentlich ist es die Aufgabe eines Staates, eigene Institutionen einzurichten, um über charakteristische Vorgänge wichtiger Lebensbereiche (z. B. der Medizin, Medikamente, Sicherheit im Verkehr, Schulbildung usw.) richtig, glaubwürdig und vor allem neutral informiert zu werden. Auf dem Gebiet der Kernenergie gibt es dazu internationale Organe (z. B. die IAEO), in einigen Ländern auch noch spezielle Institute. In Deutschland u.a. die GRS, die TÜV-s, die Reaktorsicherheits- und Strahlenschutz-Kommissionen. Der Erhalt dieser Institute kostet den Staat sehr viel Geld. Man sollte daher meinen, dass sich dann zumindest die Regierung, die Parteien und vor allem die Abgeordneten von den Experten dieser Organisationen beraten lassen. Auch die Presse sollte davon profitieren. Das ist aber meistens nicht der Fall. Organisationen wie Greenpeace, der Bund, die Ethikkommission, Ärzte gegen den Atomkrieg usw. spielen mehr und mehr eine äußerst verhängnisvolle Rolle in der Diskussion für und wieder KE. Und das, obwohl diese Organisationen meisten keine eigenen Forschungsinstitute besitzen und daher nur Studien an irgendwelche unbekannte und zweifelhafte ’Fachleute’ in Auftrag geben können. Und es deshalb sehr fragwürdig ist, wo eigentlich ihre ’Experten’ ihr Wissen erworben haben. Sie sind gegen Kernenergie und gelten daher (hochgejubelt von der Presse) als vertrauenswürdig. Es gibt einige TV-Sender, die sich fast nur auf diese Quellen stützen. Man fragt sich, wozu gibt es daher die oben genannten staatliche Gremien, deren Mitarbeiter nach ihrer umfassenden Ausbildung sich seit Jahren mit dieser Materie sehr intensiv befassen und daher in der Lage sein sollten, in sachlicher und (überprüft vom Staat) neutraler Weise über den tatsächlichen Status der Sicherheit von Reaktoren urteilen zu können. Wenn man aber glaubt, den eigenen Institutionen nicht mehr trauen zu können, warum leistet man sich dann eigentlich den Luxus, diese weiter zu erhalten.

Fukushima als Anlass für Wende in der Kernenergiepolitik:

       Normalerweise sagt man, eine Richtungsänderung in der Regierungspolitik eines Landes ist vergleichbar mit der eines Großtankers, äußerst träge und sehr langsam. Trotzdem haben es die Kanzlerin und die Regierungsparteien geschafft, innerhalb von ein paar Wochen den Ausstieg aus der KE (entgegen ihres Parteiprogramms) zunächst für 8 Reaktoren zu beschließen. Für die anderen 9 Reaktoren wurde ein genauer Zeitplan für deren Abschaltung festgelegt. Erst nach diesen fatalen Entscheidungen hat man begonnen, sich Gedanken zu machen, wie man wohl den ausfallenden Atomstrom ersetzen könnte. Vorläufig einmal durch Bezug von Atomstrom aus Frankreich und Tschechien, der Wiederinbetriebnahme veralteter Stein- sowie sogar Braunkohleanlagen sowie auch Ölkraftwerke. Zusätzlich setzt man auf den Ausbau von Erneuerbaren (was immer das heisst) Energien, um so ausreichend Strom aus Photovoltaik-, Bio- oder Windkraftanlagen zu bekommen. Man hat dazu eine drastische und äusserst kostspieligen Änderung des EEG vorgenommen und erhofft sich damit für die Zukunft eine verbesserte Förderung dieser zweifelhaften Energieform. Zweifelhaft vor allem deswegen, da ein Ersetzen des damit nicht mehr zur Verfügung stehenden Atomstroms durch Strom aus Photovoltaik- oder Windkraftanlagen prinzipiell nicht möglich ist. Begründet wird das durch die Tatsache, dass diese Energiearten eine Reihe schlechter Eigenschaften besitzen. Man kann u.a. Strom nur zu unregelmäßigen Zeiten produzieren. Ihre Verfügbarkeit liegt bei nur rd. 1/10 (offshore etwa bei 1/5). Eine Verdopplung dieser Anlagen bedeutet daher nur eine entsprechende Vergrößerung der Amplitude (Die Ausbeute bleibt bei halber Windgeschwindigkeit bei nur (1/2)**3 = 1/8 und bei null Wind und null Sonnenschein auch bei nur null). In absehbarer Zeit ist auch kaum mit annehmbaren Speichermöglichkeiten zu rechnen. Das heißt, um stetigen Strom an die Verbraucher zu liefern zu können, müssen Ersatz-KW (von gleicher Größenordnung) bereit gehalten werden. Z. B. Pumpenspeicherkraftwerke, die gut in Kombination mit Wind- oder PV-Anlagen betrieben werden könnten. Diese werden aber von ’Umweltschützern’ vehement bekämpft. Es bleiben somit meistens fossile und daher CO2 produzierende KW (Gas- oder Kohle-KW). D.h., 100% CO2 freie Produktion aus Atomstrom wird ersetzt durch 10 % Ökostrom aus EE Anlagen plus 90 % Nicht-Ökostrom aus fossilen Anlagen. Absurd. All diese Schwächen sind der Grund, dass es nicht einmal möglich ist, eine zufriedenstellende Energieeinheit für diese Art der Stromerzeugung zu finden (MWt? Anzahl von versorgten Haushalten?).
      Die überhastete Maßnahmen bei der Stilllegung der AKW sind vergleichbar mit dem Vorgehen eines Mannes, der sich ein neues Heim erbauen will, dabei zuerst mit dem Abreißen seines alten Hauses anfängt und erst dann nachzudenken beginnt, wie und wo das neue Gebäude gebaut sowie finanziert werden sollte. Jeder würde solch einen Mann für verrückt erklären. In der Politik ist dies allemal möglich. Ohne Rücksicht auf Kosten, die der Steuerzahler übernehmen darf. Und mit welcher Begründung? Fukushima wurde zwar Auslöser der Wende genannt, aber Fukushima-Verhältnisse sind bei uns kaum vorstellbar. Rationale Politik müsste wohl etwas anders aussehen.

Reaktorsicherheitsphilosophie:

     Schon seit Beginn der friedlichen Verwertung der Atomenergie im Jahre1955 hat sich eine Vielzahl von Wissenschaftlern mit der Frage beschäftigt, wie kann man technische und menschliche Fehler vermeiden, so dass es nicht zu einer Gefährdung des Reaktors und seiner Umgebung kommen kann. Es wurde mit riesigem Aufwand versucht vorauszuberechnen, was und wodurch Unfälle in solch einer AKW-Anlage passieren könnten (Klemmen von Ventilen, Steuerstäben, Ausfall wichtiger Pumpen, Brechen von Rohrleitungen, Explosionen von Gastankern, Fehler im Rahmen des Mensch-Maschine Verhaltens, unvorhersehbare Naturereignisse und, und). Es wurden Vorschläge erarbeitet, was man tun kann, damit die Auswirkungen möglichst klein gehalten werden. Um all diese Fragen auch experimentell untermauern zu können, wurden z T. sehr aufwendige Versuchsstände errichtet. Speziell war es immer klar, dass bei weltweit rd. 436 KE-Anlagen (Stand: Ende 2011 und bis jetzt wahrscheinlich noch mehr) sicher auch einige dieser Reaktoren irgendwann von Erdbeben betroffen sein könnten. Hier wurde sehr viel geforscht, auch entsprechende Rüttelversuche (im Labormaßstab) durchgeführt.
      Als Ergebnis all dieser Forschungen und Studien kann man mit Genugtuung feststellen, dass bei keinem dieser seit 1955 weltweit  laufenden Reaktoren mit einer Gesamtbetriebszeit von über 14.000 Jahren (also über rd. 7-mal die Zeitspanne zu Christie Geburt) irgendein Todesopfer gemeldet werden musste (wobei die Katastrophe in Tschernobyl in dieser Aussage natürlich bewusst nicht berücksichtigt wird). Wie kann man also in Anbetracht dieser Tatsachen und bei einer fairen und kenntnisreichen Sichtweise von einer ’Nichtbeherrschbarkeit der Kernenergie’ und einer ’Chronik eines Desasters’ sprechen? Das Gegenteil ist der Fall. Gerade Fukushima hat gezeigt, wie eine Kernenergieanlage selbst bei solch verzweifelten Bedingungen trotzdem unter Kontrolle gehalten und sicher abgefahren werden konnte. Dass sich fast alle Industrieländer der obigen dämlichen Sichtweise nicht anschließen, zeigt schon die Tatsache, dass (lt. IEA) bis 2030 weltweit mit einem Plus von 50 % Zuwachs an Atomstrom gerechnet werden kann. Was wäre denn sonst die Alternative? Und wie würde unsere Umwelt ausschauen, wenn nicht in den letzten 30 Jahren bis zu 20 Kernreaktoren Deutschland problemlos mit Strom versorgt hätten?

AKW-Gegner gegen Atomkraft in Japan:

       Eine japanische Gegen-Atomkraft Stimmung vergleichbar mit den deutschen und österreichischen Zuständen hätten natürlich einige der Ideologen gerne. Das ist aber, entgegen den Behauptungen der Kernkraftgegnern, nicht der Fall (S. z. B. SZ vom 1. 2. 2013). Und das, obwohl die Japaner die Ereignisse um Fukushima und das vorläufige Abschalten der rd. 54 Reaktoren unmittelbar erlebten und noch immer darunter leiden. Es ist ihnen auch klar, dass Reaktoren abgeschaltet werden mussten, um zu überprüfen, welche Folgen dieses Jahrtausendbeben auf deren Sicherheit haben könnte. Trotzdem. Bei den letzten Unterhauswahlen in Japan im Dezember 2012 gewannen die die Kernenergie befürwortenden Parteien eine 2/3 Mehrheit der Sitze während die Tomorrow-Party mit dem Versprechen eines KE-Ausstiegs 52 ihrer 61 Sitzen verlor. Premierminister Abe erklärte, er strebe die Wiederaufnahme des Betriebs der aktuell stillstehenden KKW an. Von deutschen Kernenergiegegnern wird diese positive Stimmung der Bevölkerung (zum Unterschied von dem hysterischen Verhalten der 9,000 km entfernten deutschen Öffentlichkeit) etwas enttäuscht wie üblich mit ’Atomlobby’ und ’Herunterspielen’ begründet, man spricht von ’Desinteresse im Rest von Japan’. Die Leute haben aber andere Sorgen. Unter Unvoreingenommenheit und Objektivität kann man etwas anderes verstehen.
       Wenn man daher zum 2. Jahrestages des Unglückes von Fukushima-Daiichi in der SZ schreibt‚ ’der Tsunami .. verursachte einen der schlimmsten Atomunfälle der Geschichte. Mindestens 160.000 Menschen mussten wegen der Strahlengefahr wegziehen’, so muss diese rein ideologisch bedingte Aussage mit Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Ebenso die in einigen TV- und Radio-Sendungen gemachten Behauptungen von einem ’Dreifachschlag aus Erdbeben, Tsunami und (!!) Kernschmelze’ bzw. (im Rundfunk) von einer Dreifachkatastrophe. Es ist doch eindeutig feststellbaren, dass nur das Erdbeben und vor allem der darauffolgende Tsunami für die verheerende Verwüstung in weiten Teilen Japans verantwortlich gemacht werden können und damit den Umsiedlungen. Sicherlich nicht der Atomunfall mit seinen nur kurzzeitigen und kaum merkbaren Verstrahlungen. Das ist schon aus der Tatsache zu ersehen, dass man bereits im Herbst im Meer vor Fukushima baden konnte. Natürlich vergaß man in diesen Berichten immer zu sagen, dass es in Fukushima trotz der damals fast aussichtslosen Situation keine nuklear-bedingte Tote gab.

Kosten der Energiewende:

      Um den Ausfall der gewaltigen Strommengen beim Abschalten der gegenwärtig noch problemlos laufenden AKW-s zu kompensieren, setzte und will man auch in Zukunft in Deutschland voll auf den Ausbau der alternativen Energien setzten. Eine äußerst kostspielige Entscheidung für eine Energieform, die wegen ihrer vielen Schwächen bekannt und für eine Anwendung in einem Großmaßstab kaum geeignet ist. Die Steuerzahler werden für diese unsinnige Wahl, den die grünen Ideologen und mittlerweile fast alle Parteien befürworten und uns aufgezwungen haben, noch schwer bezahlen müssen. Laut einer Studie von F. F. Mueller, die sich auf eine EEG-Statistik stützt (eeg-kwk.net), ist, beginnend mit 883 Mio EU/Jahr im Jahre 2000 bis zu 16,763 Mrd. EU im Vorjahr, allein in diesem Jahr geplant, für die Weiterführung des ’Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG)’ rd. 20,0 Mrd. EU auszugeben. Und dies mit einer 20-jährigen Verpflichtung. Wobei selbst dieses Budget mit rd. 1,75 Mrd. EU überschritten wird. Das ist deutlich mehr, als in den Jahresetats für Bildung und Forschung sowie Wirtschaft und Technologie zusammen vorgesehen ist. Dabei könnte man den erzeugten Strom an der Leipziger Börse für rd. 3,0 Mrd. EU/Jahr kaufen. D.h., in diesem Jahr übernimmt der Staat allein im Rahmen des EEG eine Verpflichtung von rd. 400 Mrd. EU. Tatsächlich liegt für das Jahr 2012 die Gesamtsumme aus bereits geleisteten Zahlungen und künftigen Zahlungsverpflichtungen bei kumulierten 376 Mrd. EU, was in etwa der Größenordnung des Bundeshaushaltes entspricht. Die Ausgaben eines 4-Personenhaushalts sind damit von 43,- auf 919,- Eu gestiegen. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass die Einspeisung von sogenanntem ’Ökostrom’ mit höchster Priorität erfolgen muss. Und behandelt damit die EVU-s wie eine verstaatlichte Institution. Diese müssen den Windstrom (etwa um 4:00 früh) bevorzugt übernehmen, ganz gleich ob sie ihn brauchen oder nicht, und müssen GuD Kraftwerke (nun unrentabel geworden, weil sie statt der benötigten 4000., Stunden Einsatzzeit nur mehr 2000 bekommen) als Reserve vorhalten.
      Noch gar nicht zu sprechen von den Kosten aus den vorangegangenen und noch kommenden Jahren, den noch nicht überschaubaren Lasten für den notwendig werdenden Ausbau des Stromnetzes, für die Abgeltungen bei den Stilllegungen der AKW-s (die Regierung kann hier die Anlagen ja nicht nur verstaatlichen, d.h. ohne Erstattung des Istwertes einfach abschalten) usw.
      Kein Wunder, dass in einem Interview mit der FAZ (s. auch SZ vom 21/2/13) selbst Umweltbundesminister Dr. Altmaier jetzt schon von einer Gesamtverpflichtung von über einer Billion EU spricht (67 Mrd. sind schon bezahlt, 250 Mrd. sind zugesagt, 360 Mrd. kämen durch heurige Verpflichtungen noch hinzu). In der obig genannten Studie wird von 1,038 Bio. EU berichtet. Ein schrecklicher Schaden an der deutschen Volkswirtschaft ist absehbar. Wer soll denn diese unnötig verpulverten Milliarden je wieder zurückzahlen? Und wozu das alles? Nur weil ein paar Grüne (und mittlerweile durch kräftige Mithilfe der Presse) 80 % der Bevölkerung sich vor der Kernenergie fürchten. Es gibt kein Land, das Deutschland auf diesem Irrweg folgt. Deren Bewohner denken mehr pragmatisch.

Einwirkungen auf die Beschäftigung und auf die Konjunktur:

     Der volkswirtschaftliche Schaden bei dieser Form der Energiewirtschaft ist somit enorm. Der Staat bekommt das nur über Steuern zurück und über Beschäftigung. Die Regierung betont immer die Zusatzbeschäftigung im Rahmen der EEG. Vergisst aber zu erwähnen, wie viele hochwertige Arbeitsplätze in der KE-Industrie (AREVA, AKW Standorte, EVU-s) dabei verloren gehen. Bei rd. 20000 bis 30000 Entlassungen bei den 4 größten EVU-s fragt man sich außerdem, wer soll deren bisherigen Aufgaben übernehmen. Die haben doch nicht nur Däumchen gedreht. Wer ist Profiteur der Wende. Bei den Häuslebauer sagt man, sie bräuchten 10 Jahre, damit sich ihre Investition rentiert. Wer soll die Windparks bauen? Die 4 großen EVU-s halten sich hier vornehm zurück. Das Risiko ist zu groß. Die Schnapsidee von H. Töpfer. die Stadtwerke sollen da einsteigen, ist doch lachhaft.
      Auf der anderen Seite bedeuten 20 Mrd. EU zusätzlicher Staatsausgaben pro Jahr, auch wenn sinnlos verwendet, natürlich eine ungeheuerliche Konjunkturspritze. Ebenso könnte man aber auch 20,000 Leute beschäftigen, indem man ihnen eine Schaufel und einen Schubkarren in die Hand drückt und ihnen die Aufgabe gibt, vormittags ein Loch zu graben, die Erde dann 1 km wegzufahren, dort abzuladen, dann eine ausgiebige Pause machen und abends die Erde wieder zurückzufahren. Diese Vorgehensweise erinnert fatal an die Förderung der angeblich Blinden in Griechenland, den Förstern in Sizilien oder von Wohnungen für praktisch Mittellose in Spanien oder der USA. Es gab da ein ungeheuer beeindruckendes Wirtschaftshoch, endete aber leider dann in einem grossen Katzenjammer (In Spanien sind mittlerweile allein 50 % der jungen Leute arbeitslos). Wieso sollte das nicht auch bei uns passieren können? Man kann den Journalisten nur empfehlen, hier vorsichtig mit ihren Kampagnen zu sein.

Abschließende Bemerkungen:

– Fukushima ist das Opfer zweier Katastrophen und nicht Auslöser der durch diese Vorgänge verursachten Schäden.
– Der Unfall in Fukushima ist nicht ein Desaster (wie oft formuliert wird). Er zeigt vielmehr, im Gegensatz zu dem naiven Umgang mit Kernenergieanlagen und daher zu der leichtsinnig herbeigeführten Katastrophe von Tschernobyl, durch den ungewollten Stresstest und trotz mancher menschlicher Fehler glänzend die Güte der gegenwärtigen Reaktor-Sicherheitsphilosophie.  
 – Zum Unterschied zu den Verhältnisse beim Fukushima-Unfall ist es klar, dass man Tschernobyl kaum als Vorbild einer seriösen Betriebsführung bezeichnen kann. In keinem Staat der Welt (auch nicht in den jetzigen Nachfolgestaaten der UdSSR) würde es jemals möglich sein, in so naiver, ja fahrlässiger Weise eine Kernenergieanlage zu betreiben. Und daher verständlich, wenn man diesen Vorfall nicht in die Statistik des Betriebs von Reaktoren aufnehmen kann und sollte.
  – Es muss daher gefolgert werden, dass im Gegensatz zu den Meinungen der Ethikkommission, vieler Politiker und auch einem Grossteil der deutschen und österreichischen Bevölkerung, der Vorfall in Fukushima doch eindringlich bewiesen hat, dass trotz dieser Jahrtausendkatastrophe die betroffenen Reaktoren auch (was sehr wichtig und entscheidend ist) bei menschlichen Fehlern immer noch beherrschbar blieben und sicher betrieben werden konnten.
 – Es ist empörend, mit welcher Unverfrorenheit Anti-KE-Bewegungen und vor allem angeblich ’kritische’, in Wirklichkeit aber dogmatisch ausgerichtete Journalisten auf dem Leid der Zigtausenden von Toten und Betroffenen des Jahrtausenderdbebens sowie (in Küstennähe) der riesigen Tsunami-Katastrophe ihr Süppchen der KE-Hetze kochen.
   – Es scheint auch zwei Jahre nach Fukushima nicht möglich zu sein, endlich zu einem einheitlichen und von allen Seiten anerkannten Schluss über die Beurteilung dieses Unfalls zu kommen? Warum ständig diese Klischees und warum bekommen diese Ideologen mit ihren lächerlichen Argumenten immer wieder so viel Sendezeit? Die Diffamierung der Kernenergie muss endlich einmal aufhören. Das kostet den deutschen Staat doch viel zu viel. Wozu hat man seit Jahrzehnten für die Pressefreiheit gekämpft, wenn sich nun Journalisten damit begnügen, auf diesem Niveau nur ihre einseitigen Ideologien zu propagieren? Ist es wirklich zu viel verlangt, wenn man vor allem von diesen verlangt, sich sowohl über Pro als auch Contra einer strittigen Frage (hier Kernenergie) umseitig zu informieren, um so auch ausgewogen darüber berichten zu können.
   – Gerade die Ereignisse in Fukushima zeigen: Kernenergieanlagen zählen zu den sichersten, zuverlässigsten, umweltfreundlichsten und preiswertesten Stromerzeugungssystemen. Sie sind sowohl aus nationaler als auch globaler Sicht unverzichtbar im Weltenergiemix. Das zeigt auch der ungebrochene Anstieg von Kernenergieneubauten im Ausland. Ein Ausstieg aus der Kernenergie ist daher weder sinnvoll noch möglich.
   –  Die momentan noch große Zustimmung bei weiten Teilen der Bevölkerung zur Energiewende deckt aber auch sehr deutlich den Egoismus dieses Teils unserer Mitbürger auf. Die, ganz gleich ob berechtigte oder auch nichtberechtigte, Vorstellung eines mangelnden Umweltschutzes (vielleicht auch einer möglicher Verstrahlung ihrer Umwelt) empfinden sie als unmittelbare Bedrohung ihrer eigenen Sicherheit und Gesundheit. Sie sind daher bereit, diese Gefahren mit allen finanziellen Mitteln und oberster Priorität zu bekämpfen, ganz gleich, ob andere wichtige Aufgaben des Staates (Kinder, Bildung, Pensionisten, Verkehr usw.) dann zu kurz kommen. Besonders tragisch ist es, dass die meisten nicht einmal realisieren,  dass sie ja oft selber zu den Leidtragenden solch einer, rein Ideologie bedingten Politik gehören.
   – Die immensen Geldausgaben, die in Deutschland (wie oben erwähnt mit Zustimmung eines Großteils der Bevölkerung) verprasst werden, um die wichtige Energiequelle Kernenergie zu umgehen, und die daraus resultierenden riesigen Schulden (in der Höhe von mehr als einer Billionen EU allein durch das EEG) könnten sich als fatal für die deutsche Volkswirtschaft und damit unsere nachfolgende Generation erweisen. Ebenso die negativen Folgen auf unsere Demokratie.
Autor: Dr. Alois Hoeld für EIKE
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