Drei ganz wichtige Temperaturregler auf einen Streich: Sonne, Nebel und ein paar Wolken im Wippertal bei Sondershausen. Foto: Stefan Kämpfe
Wer nach Gründen für die Veränderung der Lufttemperaturen sucht, kommt an der Sonnenscheindauer als einer möglichen Ursache nicht vorbei. Eine längere und/oder intensivere Besonnung wirkt erwärmend (WEHRY/MYRCIK 2006, WEHRY 2009, KÄMPFE/KOWATSCH/LEISTENSCHNEIDER 2012). Leider sind Messreihen der Sonnenscheindauer deutlich rarer als Temperaturmessungen; außerdem sind sie oft mit Fehlern und Brüchen behaftet, so dass nicht für alle der im Teil 1 untersuchten Stationen Werte ermittelt werden konnten.
Bekanntermaßen erwärmt aber letztendlich nicht nur die direkte Sonnenstrahlung, sondern die gesamte, einfallende Strahlung („Globalstrahlung“) den Erdboden, so dass man eigentlich besser die Globalstrahlung für Untersuchungen heranziehen sollte. Diese wird aber noch viel seltener erfasst; im Rahmen dieser Arbeit lag sie lediglich für Potsdam vor. Da für diese Station glücklicherweise auch lückenlose Messungen der Sonnenscheindauer verfügbar waren, haben wir zunächst einmal den Zusammenhang der Sonnenscheindauer auf die Globalstrahlung geprüft:

Abb. 1: Zu mehr als ¾ (78%) bestimmt die Sonnenscheindauer die Variabilität der Globalstrahlung; damit ist die Sonnenscheindauer der mit Abstand wichtigste Indikator für strahlungsreiche Bedingungen, so dass man die Sonnenscheindauer für weitere Untersuchungen verwenden kann.
Die folgende Abbildung zeigt, dass sich die Sonnenscheindauer an allen untersuchten Stationen erhöht hat: Ähnlich wie bei den Lufttemperaturen, fiel diese Zunahme von Stationen zu Station teilweise unterschiedlich aus:

Abb. 2: Frankfurt/Main (Gelb), Helgoland (Blauviolett), Nürnberg (Grün), Potsdam (Dunkelrosa), Erfurt (Hellblau) und Brocken (dunkelblau) im Vergleich. Leider lagen keine lückenlosen Werte seit 1980 für Düsseldorf vor; Frankfurt ist für die fehlenden Sonnenscheindaten von Offenbach repräsentativ. Der Verlauf ähnelt bei allen Stationen der Temperaturentwicklung. Nürnberg bleibt auffallend zurück, während Erfurt und Frankfurt die stärksten Zunahmen der Sonnenscheindauer zu verzeichnen hatten. An der häufig in Nebel (Wolken!) gehüllten Bergstation Brocken war die Sonnenscheindauer in "schlechten" Jahren derart gering, dass sie quasi „aus dem Rahmen“ dieses Diagramms fiel; trotzdem hat sie sich auch dort kräftig erhöht.
Nun wird auch klar, warum die Erwärmung in Nürnberg so verhalten ausfiel: An dieser Station hat sich auch die Sonnenscheindauer am wenigsten erhöht! Bevor wir die Auswirkungen der Sonnenscheindauer auf die Lufttemperaturen näher beleuchten, lohnt sich ein genauerer Blick auf das Trendverhalten der Sonnenscheindauer an 8 Stationen mittels polynomischem Trend (Zwecks besserer Übersichtlichkeit in 2 mal 4 Stationen geteilt):
 

Abb. 3: Während die Sonnenscheindauer in Helgoland (Blauviolett) etwa um die Jahrtausendwende ihr Maximum erreichte und danach wieder etwas fiel, stagnierte sie seit 10 Jahren auf dem Brocken (Dunkelblau). Ein fast geradliniger Anstieg, wenngleich sehr unterschiedlich stark, war bei Potsdam (Dunkelrosa) und Dresden- Klotzsche (Dunkelbraun) zu beobachten, eine degressive Zunahme hingegen bei Erfurt (Hellblau) und Frankfurt/Main (Gelb). In Görlitz (Dunkelgrün) zeigte sich eine progressive Zunahme; in Nürnberg (Grün) folgte einer geringen Abnahme eine leicht progressive Zunahme.
Eine befriedigende Erklärung für dieses sehr unterschiedliche Verhalten kann im Rahmen dieser Arbeit nicht gegeben werden und bedarf weiterer Untersuchungen. Möglicherweise haben unterschiedliche Änderungen in der Landnutzung sowie unterschiedlich schnell wirkende Luftreinhaltemaßnahmen dieses uneinheitliche Verhalten bewirkt. Da diese auf der kleinen Hochsee- Insel sicher die geringsten Auswirkungen hatten, kann davon ausgegangen werden, dass Helgoland am deutlichsten auf die nach der Jahrtausendwende deutlich nachlassende Sonnenaktivität (Näheres dazu im dritten Themenschwerpunkt), sowie Schwankungen der NAO und der AMO reagiert hat, während diese Effekte bei den anderen Stationen durch Luftreinhaltemaßnahmen überkompensiert wurden. Es bleibt aber festzuhalten, dass alle Stationen heute sonnenscheinreicher sind, als zu Beginn der 1980er Jahre.
Insgesamt wurden 9 Stationen auf den Zusammenhang zwischen jährlicher Sonnenscheindauer und Jahresmitteltemperaturen untersucht. Die folgende Abbildung zeigt den Zusammenhang in Potsdam:

Abb. 4: Positiver Zusammenhang zwischen Sonnenscheindauer und Jahresmitteltemperaturen 1980 bis 2011.
An allen Stationen war der Zusammenhang positiv, am stärksten in Erfurt (45%), gefolgt von Potsdam (38%), Dresden- Klotzsche (37,8%), Brocken (36%), Görlitz (34,9%), Neubrandenburg (21%), Frankfurt/Main (18%), Helgoland (15,4%) und Nürnberg (11,1%). Diese sehr unterschiedlichen Werte lassen sich im Rahmen dieser Arbeit nicht endgültig erklären und bedürfen weiterer Untersuchungen, allerdings scheint sich ein relativ großer Einfluss der Sonnenscheindauer im Flach- und Hügelland der Region Brandenburg, Sachsen, Sachsen- Anhalt und Thüringen abzuzeichnen, während im Rhein- Main- Gebiet WI- Effekte vorherrschten (siehe Teil 1). Auf Helgoland dürfte der Einfluss der Wassertemperaturen dominieren; bei Neubrandenburg könnten die Wassertemperaturen der nahen Binnengewässer ebenfalls dämpfend wirken; während sich für den geringen Zusammenhang in Nürnberg keine befriedigende Erklärung finden lässt. Das subkontinental getönte Klima Mitteldeutschlands scheint also auf Schwankungen der Sonnenscheindauer stärker zu reagieren, als das subatlantische Klima West- und Norddeutschlands; zur Bestätigung oder Verwerfung dieser These wird es aber ebenfalls weitere Untersuchungen geben müssen. Außerdem muss beachtet werden, dass die Sonnenscheindauer jahreszeitgebunden sehr unterschiedlich wirkt. Die geringe Intensität und die geringe Zahl an Sonnenstunden lassen nämlich in der „dunklen“ Jahreszeit (Oktober bis März) keine wesentliche Einflussnahme der Sonnenscheindauer auf die Lufttemperaturen zu, während von Frühling bis Spätsommer Bestimmtheitsmaße über 70% keine Seltenheit sind, was bedeutet, dass die Sonnenscheindauer in den strahlungsreichen Monaten das Verhalten der Lufttemperaturen dominiert. Dies sei für 2 Monate in Erfurt beispielhaft dargestellt:

Abb. 5: Während im Januar nur ein geringer Einfluss (10%) der Sonnenscheindauer auf die Monatsmitteltemperatur von Erfurt erkennbar wird, ist dieser im Juli mit 72% dominierend. Schon unsere Vorfahren haben das prinzipiell erkannt:„Januar- Sonne ist ohne Wonne, aber die Juli- Sonne arbeitet für zwei!“
Diese saisonal unterschiedliche Wirkung der Sonnenscheindauer erklärt teilweise auch die sehr unterschiedliche Erwärmung der einzelnen Monate. So haben sich die Frühjahrs- und Sommermonate auch dank der gestiegenen Sonnenscheindauer besonders deutlich erwärmt (April, Juni!), während einzelne Spätherbst- und Wintermonate (Oktober, Dezember) keinen positiven Temperaturtrend, mitunter sogar Abkühlung aufwiesen. Bei solchen Fragestellungen darf man freilich auch geänderte Zirkulationsverhältnisse nicht außer Acht lassen (diese werden im dritten Teil näher betrachtet). Allerdings muss hier geklärt werden, ob möglicherweise geänderte Häufigkeiten der Großwetterlagen die längere Sonnenscheindauer verursacht haben. Eine Untersuchung von WERNER/GERSTENGARBE (2010) hat gezeigt, dass im Zeitraum 1979 bis 2006 alle antizyklonalen Großwetterlagen im Jahresmittel fast doppelt so sonnenscheinreich waren, wie die zyklonalen. Als besonders sonnenscheinreich erwiesen sich der Großwettertyp Hoch Mitteleuropa (HM und BM) sowie die antizyklonalen Ostlagen HFA, HNFA, NEA und SEA, welche mit etwa 6,5 bis 7 Sonnenstunden pro Tag im langjährigen Mittel besonders hervorragen (Näheres, auch eine kurze Erklärung der Großwetterlagen, siehe Teil 3). Deshalb lag es nahe, diese einmal auf ihr Trendverhalten im Untersuchungszeitraum zu überprüfen:

Abb. 6: Trendverhalten aller antizyklonalen Wetterlagen (Rot, oben), des Clusters kontinental beeinflusste, antizyklonale Wetterlagen (GWT HM + alle antizyklonalen Ostlagen- Gelb, Mitte oben), GWT HM (Dunkelrosa, Mitte unten) und antizyklonale Ostlagen (Grün, unten).
Man kann unschwer erkennen, dass keine der sonnenscheinreichen Wetterlagengruppen wesentlich zugenommen hat; insgesamt betrachtet, haben antizyklonale Wetterlagen sogar abgenommen. Eine wesentliche Beeinflussung der zunehmenden Sonnenscheindauer seit 1980 durch Änderungen der Häufigkeiten der Großwetterlagen ist somit zumindest bei gesamtjähriger Betrachtungsweise ausgeschlossen. Da aber bekanntermaßen die Sonne im Frühling und Sommer besonders lange scheint, lohnt noch ein Blick auf diese beiden Jahreszeiten:

Abb. 7: Trendverhalten Frühling (Links) und Sommer aller antizyklonalen Wetterlagen (Rot, oben), des Clusters kontinental beeinflusste, antizyklonale Wetterlagen (GWT HM + alle antizyklonalen Ostlagen- Gelb, Mitte oben), GWT HM (Dunkelrosa, Mitte unten) und antizyklonale Ostlagen (Grün, unten).
Lediglich im Frühling deutet sich eine leichte Zunahme sonnenscheinreicher Wetterlagen an, die hauptsächlich im April stattfand, was aber höchstens einen kleinen Teil der im Jahresverlauf beobachteten erheblichen Zunahme an Sonnenstunden erklären kann, zumal die Anzahl der sonnenscheinreichen Wetterlagen in der sonnigsten Jahreszeit, dem Sommer, eher abnahm. Abschließend sei noch angemerkt, dass es auch im Herbst keine wesentliche Zunahme sonnenscheinreicher Wetterlagen gab, und die ohnehin geringe Sonnenscheindauer im Winter ist kaum eine nähere Untersuchung wert.
Es muss also nach anderen Ursachen für die Zunahme der Sonnenscheindauer gesucht werden. Im Teil 1 hatten wir über die erheblichen, WI- bedingten Temperaturunterschiede zwischen großstadtbeeinflussten und eher ländlichen Stationen berichtet. Es liegt daher nahe, diese Stationen auch einmal hinsichtlich der Relativen Feuchte und der jährlichen Anzahl der Nebeltage zu vergleichen (Datenmaterial war leider zeitlich nur sehr eingeschränkt verfügbar, Quelle: DWD, Witterungsreport):

Abb. 8: Gang der Jahresmittelwerte der Relativen Feuchte (hohe, farbige Säulen) und der jährlichen Anzahl der Nebeltage (dunkelgrau ländliche, hellgrau großstädtische Stationen) im Mittel der 5 Großstadt- beeinflussten Stationen (Orange) Leverkusen (44m), Duisburg- Friemarsheim (31m), Tönisvorst bei Krefeld (39m), Düsseldorf (Flughafen, 37m) und Köln- Bonn (Flughafen, 92m) mit denen der 5 mittelstädtischen bis ländlichen, dünner besiedelten Nachbar- Stationen (Blaugrün) Kleve (46m), Bocholt (21m), Lingen (Ems, 24m), Lippstadt- Bökenförde (92m) und Heinsberg- Schleiden nördlich von Aachen (57m). Alle Stationen liegen im Binnenland, sind im Mittel also etwa gleich hoch gelegen (>20 und <95m) und weisen fast die gleiche geografische Breite auf.
Es zeigt sich, dass die Relative Luftfeuchte an den großstadtbeeinflussten Stationen im Jahresmittel etwa 3 bis 4% geringer war; dort traten außerdem 5 bis 8 weniger Nebeltage pro Jahr auf, als an den eher ländlich geprägten Orten. Es liegt nahe, dass trotz der etwas höheren Staubbelastung in den Großstädten die Sonnenscheindauer (ausreichendes Datenmaterial lag nicht vor) dort etwas stärker zunahm, als im Umland. Die folgende Abbildung unterstützt diese Aussage; freilich ist sie kein signifikanter Beweis:

Abb. 9: In der Millionenstadt Berlin (Station Dahlem) nahm die Sonnenscheindauer etwas stärker zu, als in der viel kleineren Stadt Potsdam- ein erster Hinweis darauf, dass außer WI- Effekten vor allem Luftreinhaltemaßnahmen in den größten Städten auch am stärksten „aufklarend“ wirkten. Trotzdem ist die Sonnenscheindauer in dicht besiedelten Regionen noch immer insgesamt etwas geringer, als in ländlichen Regionen mit vergleichbaren geografischen Bedingungen.
Außerdem haben natürlich auch in der freien Landschaft geänderte Landnutzung, besonders Entwässerungs- und Straßenbaumaßnahmen, auch für ein etwas verringertes Feuchteangebot und möglicherweise leicht steigende Sonnenscheindauer gesorgt (im Rahmen einer genaueren Analyse an der Station Potsdam werden wir gleich noch sehen, wie kompliziert die Verhältnisse im Einzelnen sind). Fest steht jedoch, dass auch  WI- Effekte die Zunahme der Sonnenscheindauer nicht vollständig erklären können. Deshalb bleibt außer der in den 1980er und 1990er Jahren sehr aktiven Sonne selbst (siehe Teil 3) nur noch eine weitere, ganz wesentliche Ursache- die Luftreinhaltemaßnahmen, welche im „alten“ Bundesgebiet ab den frühen 1980er Jahren, in den neuen Bundesländern ab 1990, für rapide sinkende Luftverschmutzung sorgten, und auch Deutschlands Nachbarstaaten ergriffen Luftreinhaltemaßnahmen. Leider liegen lückenlose Staubmessungen seit 1980 nur ganz vereinzelt vor; auch sind Staubmessungen erst spät standardisiert worden und oft sehr fehlerbehaftet, erst im Zuge der aufkommenden Feinstaub- Hysterie der 2000er Jahre wurde an vielen Stationen mit regelmäßigen Feinstaubmessungen (PM 10) begonnen; doch zeigt sich praktisch überall ein Gleichklang aus sinkenden Schadstoffwerten, höherer Sonnenscheindauer und abnehmender Anzahl der Nebeltage. So berichten KÄMPFE (1997, 1999), WEHRY (2009), WEHRY/MYRCIK (2006) und PELZ (1993, 1994, 1997) über deutliche Zunahmen der Horizontalsichtweite sowie erhebliche Abnahmen der Nebelhäufigkeit und der Luftbeimengungen (Staub, SO2). Die folgende Abbildung (Quelle: NABEL, BAFU, Schweiz) zeigt recht anschaulich die Luftbeimengungen Staub und SO2 in Mitteleuropa:
 Rückgang der
 
Abb. 10: Entwicklung der Luftbeimengungen Staub und Schwefeldioxid (SO2) in verschiedenen Regionen der Schweiz seit 1980. Die Staubgehalte nahmen um 20 bis 50%, die SO2- Gehalte gar um 80 bis fast 95% ab- die Luft wurde klarer und durchlässiger für kurzwellige Sonnenstrahlung.
Da Luftbeimengungen nicht nur durch ihre bloße Anwesenheit „trübend“ wirken, sondern auch als Kondensationskeime die Dunst- Nebel- und Wolkenbildung erheblich fördern, kommt ihnen eine ganz wichtige Rolle bei der Regelung der bodennahen Lufttemperaturen zu. Ihre Verminderung erhöhte die Durchlässigkeit der Atmosphäre für kurzwellige Strahlung und verminderte die Zahl der Nebeltage im Untersuchungsraum ganz erheblich. Wir werden an anderer Stelle noch sehen, dass sich die erwärmend wirkende Globalstrahlung in allen Monaten erhöht hat. Es muss hier allerdings betont werden, dass die erwärmende Wirkung der Abnahme von Luftschadstoffen und Nebelhäufigkeit hauptsächlich in der strahlungsreicheren Jahreszeit zum Tragen kommt. Im Winter mit seiner negativen Strahlungsbilanz blockieren Dunst, Nebel und Hochnebel die Wärmeabstrahlung und bremsen somit die bodennahe Auskühlung der Luftmasse stark ab. Ein geradezu lehrbuchmäßiges Beispiel dafür bieten die morgendlichen Minimum- Temperaturen am 26. Januar 2013, als in einer einheitlichen Luftmasse (Kontinentale Subpolarluft cP) in Oschatz bei klarem Himmel minus 19,3°C gemessen wurden, während es sich im bewölkten Gera kaum unter minus 10°C abkühlte (Quelle: Berliner Wetterkarte). Im Jahresmittel spielen diese Einzelfälle freilich nur eine untergeordnete Rolle, so dass im Jahresmittel die erwärmende Wirkung deutlich überwiegt. Für Deutschland konnten im Rahmen dieser Untersuchung nur lückenlose Staub- und SO2- Daten für Nürnberg ermittelt werden (leider nicht für die Anzahl der Nebeltage). Die folgende Abbildung zeigt die leicht gegenläufige Tendenz zwischen Luftschadstoffen einerseits sowie Lufttemperaturen und Sonnenscheindauer andererseits:

Abb. 11: Die Abnahmen der Luftschadstoffe in Deutschland (Nürnberg) ähneln denen in der Schweiz. Synchron dazu stiegen Lufttemperaturen und Sonnenscheindauer, wenngleich diese Zunahmen in Nürnberg geringer ausfielen, als in den meisten anderen deutschen Regionen.
Als Nächstes wollen wir uns die Messwerte der Säkularstation Potsdam einmal näher ansehen, da für diese als einziger Station lückenlose Messwerte und Beobachtungen auch für Bewölkung, Nebel, Relativer Luftfeuchte und Globalstrahlung vorlagen; nur für die Staubwerte, die leider nur bis 1996 verfügbar waren, musste auf die nahe Station Berlin- Dahlem zurückgegriffen werden:

Abb. 12: Während es in Potsdam in den 1980er Jahren noch 50 bis fast 90 Nebeltage gab, sind es im letzten Jahrzehnt nur noch etwa 20 bis 40 gewesen; und bis 1996 sank die Staubbelastung der Luft im unweiten Berlin- Dahlem um etwa 50%. Sonnenscheindauer und Jahresmitteltemperaturen stiegen hingegen in Potsdam deutlich an.
Die folgende Abbildung zeigt, dass sich die Globalstrahlung deutlich erhöhte, während sich Bewölkung und Relative Luftfeuchte nur ganz unwesentlich verminderten:

Abb. 13: Bewölkung und Relative Luftfeuchte gingen nur kaum merklich zurück; gleichzeitig stieg die Globalstrahlung kräftig an.
Da es im Verhalten der einzelnen Mess- und Beobachtungsgrößen erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Monaten gab, wollen wir dies anhand einer monatsbezogenen Darstellung näher beleuchten:

Abb. 14: Während es in allen Monaten eine relative Abnahme (Lineartrend 1980 bis 2011 im Verhältnis zum Mittelwert  desselben Zeitraums) der Nebelhäufigkeit gab, nahm die Globalstrahlung in allen Monaten zu. Die Bewölkung verhielt sich uneinheitlich- besonders starke Zunahme im Februar, starker Rückgang im April und Juni.
Es ist durchaus bemerkenswert, dass die Globalstrahlung selbst in Monaten mit zunehmender Bewölkungsmenge (Januar, Februar, Mai, August, November und Dezember) leicht angestiegen ist. Das lässt sich mit dem deutlichen Rückgang der Anzahl der Nebeltage bestenfalls für die Wintermonate vollständig erklären, nicht jedoch in den schon immer sehr nebelarmen Monaten Mai und August. Neben einer besseren Durchlässigkeit der Atmosphäre (weniger Schadstoffe!) hat sich evtl. auch die Zusammensetzung der Bewölkung selbst geändert, so dass mehr durchlässige hohe Wolken („Cirren“ im weitesten Sinne) und weniger besonders strahlungsmindernd wirkende Tiefe Wolken auftraten. Leider lag für diese Untersuchung nur das Gesamtmittel der Bewölkung in Achteln vor. Es muss außerdem betont werden, dass die hier gewonnenen Erkenntnisse nur für Potsdam gelten und nicht ohne weitere Untersuchungen auf ganz Deutschland übertragen werden können; allerdings zeigt sich die besonders deutliche Zunahme der Lufttemperaturen im April und Juni, einhergehend mit steigender Sonnenscheindauer, abnehmender Bewölkung und stark sinkender Nebelhäufigkeit, auch an den meisten anderen Stationen. Diese Entwicklung ist die Folge einer Kombination aus nun weitgehend ausgeschöpften Luftreinhaltemaßnahmen mit zirkulationsbedingten und solaren Effekten (die Sonnenaktivität beeinflusst das Verhalten von Kondensationskernen ganz wesentlich), auf die wir im dritten Teil noch näher eingehen werden. Eine Untersuchung des PIK zur Nebelanfälligkeit der Großwetterlagen ergab, dass die Nebelanfälligkeit bei den 3 Großwetterlagen HM, BM und WZ besonders groß ist; aber selbst bei diesen nahm die Nebelanfälligkeit in den vergangenen Jahrzehnten deutlich ab:

Abb. 15: Entwicklung der Nebelanfälligkeiten der GWL WZ, HM und BM im Zeitraum 1951–2006, Flächenmittelwert über 125 Messstationen. Dick: 5jähriggleitendes-
Mittel. Quelle: WERNER, P. C.; GERSTENGARBE, F.W. (2010)
Es lohnt sich außerdem, bezüglich der Temperaturentwicklung die 2 „Gewinnermonate“ April und Juni einmal mit den 2 „Verlierermonaten“ Oktober und Dezember zu vergleichen:

 
Abb. 16: Im April (oben, links) und im Juni (oben, rechts) hat es sich in Potsdam bei zurückgehender Bewölkung und Nebelhäufigkeit, sowie steigender Sonnenscheindauer am stärksten erwärmt. Im Oktober und Dezember (unten, links und rechts) stagnierten die Lufttemperaturen fast, aber nur die Nebelhäufigkeit nahm in beiden Monaten ab.
Zum Abschluss dieses zweiten Teils wollen wir einmal einen Blick in die Zukunft wagen: Wie werden sich Nebel und Sonnenscheindauer weiter entwickeln? Einen ersten Hinweis gibt die folgende Abbildung:

Abb. 17: Während die Sonnenscheindauer (fast linear steigend) und die Jahresmitteltemperatur (erst steigend, dann stagnierend) das schon diskutierte Verhalten zeigen, ging die Nebelhäufigkeit zunächst stark zurück; seit etwa 10 Jahren stagniert sie auf niedrigem Niveau.
In diesem Zusammenhang lohnt sich auch eine langfristige Betrachtung der Nebel- und Sonnenscheinentwicklung von Potsdam seit 1893:

Potsdam: Anzahl der Nebeltage und 9-jähriges Mittel

Potsdam: Sonnenscheindauer (Stunden) und 9-jähriges Mittel                                                  Abb. 18a+b: Nebelhäufigkeit und Sonnenscheindauer unterlagen starken Schwankungen- alles schon mal dagewesen! Quelle: WERNER, P. C.; GERSTENGARBE, F.W. (2010)                            
Man erkennt, dass es um 1950 schon ähnlich sonnig wie momentan und in den 1920er Jahren fast so nebelarm wie heute war. Als Ursachen dieser Schwankungen haben außer der sich ungleichmäßig entwickelnden Luftverschmutzung (Krise der 1920er Jahre; Kriegs- und Nachkriegsdepression) auch Zirkulationsänderungen (AMO, NAO) und die Sonnenaktivität selbst einen wesentlichen Anteil, worüber im dritten Teil berichtet werden wird. Insgesamt lässt sich vermuten, dass in naher Zukunft die Sonnenscheindauer eher wieder etwas ab- und die Nebelhäufigkeit etwas zunimmt, ohne freilich je wieder das Niveau der 1960er bis 1980er Jahre zu erreichen, als die Luftverschmutzung ihr Maximum hatte. Der extrem sonnenscheinarme, relativ kalte Winter 2012/13 ist zwar zunächst nur ein Einzelfall, deutet aber möglicherweise schon an, in welche Richtung sich nicht nur die Lufttemperaturen, sondern auch die Sonnenscheindauer sowie die Bewölkungs- und Nebelverhältnisse nun entwickeln werden- die herrlichen Schönwetterzeiten der späten 1980er bis frühen 2000er Jahre sind vorbei.   
Verfasst und zusammengestellt (2013) von
Stefan Kämpfe, Weimar
Josef Kowatsch, Hüttlingen
Raimund Leistenschneider, EIKE
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www.bafu.admin.ch/luft NABEL (Nationales Beobachtungsnetz Luft in der Schweiz)
www.pik-potsdam.de/services/climate-weather-potsdam Monats- und Jahreswerte der Säkularstation Potsdam (Lufttemperaturen, Sonnenscheindauer, Bewölkung; Relative Feuchte, Globalstrahlung und Anzahl der Nebeltage)
www.wetteronline.de Klimarechner mit Werten der Lufttemperatur und der Sonnenscheindauer einiger deutscher Stationen
www.wetterkontor.de Werte der Lufttemperatur und der Sonnenscheindauer einiger deutscher Stationen ab 1990
http://.wikipedia.org/ Zeitreihe der Lufttemperatur in Deutschland ab 1761

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