Rädchen in der Klima-Maschine
Den Bewertungen der Medien zufolge ist das IPCC ein wissenschaftliches Wunderwerk. Von der Zeitung Guardian wurde es folgendermaßen beschrieben:
- …der Welt führende Autorität bzgl. Klimaänderung… (2012)
- …die Spitzen-Klimawissenschaftler der Welt… (2011)
- …die größte jemals da gewesene Leistung bzgl. globaler wissenschaftlicher Zusammenarbeit… völlig einheitlich und richtungweisend… (2011)
- …goldener Standard hinsichtlich wissenschaftlicher Berichterstattung… (2010)
Aber das geheime Nikolaus-Leck von drei IPCC-USB-Sticks wirft ein anderes Licht auf diese Organisation. Sie enthüllen, dass die den Bericht schreibenden Individuen in Wirklichkeit gar nicht die wissenschaftliche Literatur evaluieren und ihre Schlussfolgerungen dann in geradliniger Art und Weise veröffentlichen.
Stattdessen sind sie Teil einer Bürokratie – einer Bürokratie, die eine Menge Zeit damit zubringt, sich mit Dingen zu befassen, die mit Wissenschaft gar nichts zu tun haben.
Einige der internen Dokumente auf diesen Sticks waren niemals für die öffentliche Einsichtnahme vorgesehen. Darunter ist eine Reihe von vorläufigen Berichten, geschrieben von Begutachtern [Review Editors RE].
Jedes der 30 Kapitel im besprochenen Teil des IPCC-Berichtes hat zwei oder drei REs. Von diesen Leuten war erwartet worden, dass sie im September 2012 Berichte einreichten, in denen es um die von externen Begutachtern, die Einsicht in den Entwurf hatten, aufgeworfenen Fragen und Bedenken gehen sollte.
Des Weiteren habe ich beobachtet, dass ein Drittel der REs offensichtlich dieser Aufgabe nicht nachgekommen sind und keinen Bericht eingereicht haben. Aber 37 dieser Dokumente finden sich auf dem grünen Stick. Ich habe sie in ein einziges, 102-seitiges pdf-Dokument gepackt, dass man hier oder hier herunterladen kann. Die unten genannten Seitenzahlen beziehen sich auf diese Zusammenfassung.
Bürokratischer Alptraum
Diese Berichte sind die interessanteste Lektüre, die mir bisher auf den geheimen Nikolaus-Sticks unter gekommen ist. Unter anderem machen sie klar, dass die beim IPCC involvierten Wissenschaftler nicht die Freiheit haben, ihr eigenes Kapitel so zu schreiben, wie es ihnen passt.
Beispiel: Experten-Begutachter, die den Entwurf von Kapitel 4 mit dem Titel Terrestrial and Inland Water Systems gelesen haben, sagten, dass diese Überschrift verwirrend ist. Ihrer Meinung nach sollte das Wort Systems durch das Wort Ecosystems ersetzt werden (Kommentare 4, 10, 14 und 53).
Aber die für dieses Kapitel verantwortlichen Wissenschaftler dürfen diese einfache Änderung nicht vornehmen. Wie die REs in ihrem Bericht schreiben:
Die Kommentare scheinen ziemlich berechtigt zu sein, aber wenn man ihnen folgen würde, müsste man den dornigen Pfad einer von einem Plenum genehmigten Änderung der Formulierung gehen… die Autoren müssen sich das überlegen und einen Vorschlag machen, der alle notwendigen Schritte aller IPCC-Akteure und Institutionen durchläuft, falls notwendig bis hin zu einer Plenarsitzung, damit sie diese Angelegenheit erledigen können… (Seite 8 dieses 102-seitigen pdf-Dokuments).
Einfacher ausgedrückt: die Überschriften jedes einzelnen Kapitels (ebenso wie die der untergeordneten Abschnitte) wurden schon vor langer Zeit festgelegt. Sie wurden auf einem IPCC-Treffen beschlossen, an dem leitende Funktionäre teilgenommen haben, die verschiedene Länder repräsentieren.
Eine Änderung, so gering wie diese – lediglich bestehend aus der Einfügung dreier Buchstaben – kann ohne Bittgänge zu vielen Ebenen der IPCC-Bürokratie nicht vorgenommen werden.
Ähnlich liegt der Fall bei Opha Pauline Dube, einer RE von Kapitel 22. Sie bedeutet ihren Autoren, dass sie „Unterabschnitte so neu fassen müssen, wie sie unter der allgemeinen Kapitelüberschrift vom IPCC-Plenum genehmigt worden sind“ (Seite 75). Genauso drängt Ana Rosa Moreno ihre Autoren von Kapitel 26 „sicherzustellen, dass alle vom Plenum genehmigten Dinge auch angesprochen werden…” (Seite 87).
Übersetzung: Es spielt keine Rolle, ob zu diesen Themen brauchbare wissenschaftliche Informationen existieren. Auf einem Treffen von IPCC-Funktionären waren diese Themen zur Pflicht erhoben worden.
Als naive Mitglieder der Öffentlichkeit stellen wir uns vor, dass die „führenden Klimawissenschaftler der Welt“ beim IPCC so hoch geachtet werden, dass sie es sind, die bestimmen, was wichtig ist und worauf die Betonung gelegt werden sollte.
Aber in Wirklichkeit wird diesen Wissenschaftlern vorgeschrieben, worüber sie schreiben sollen. Sie werden angewiesen, auf wie vielen Seiten sie das sagen müssen, was sie sagen müssen. Und sie werden wieder und immer wieder gedrängt sicherzustellen, dass ihre Kapitel nicht von dem abweichen, was schon in früheren IPCC-Berichten gestanden hat – oder was andere Kapitel dazu sagen.
Zum Beispiel sagen die REs von Kapitel 4 ihren Autoren, dass dem letzten wesentlichen, 2007 veröffentlichten IPCC-Bericht „besondere Aufmerksamkeit“ geschenkt werden muss, „um die nahtlose Fortsetzung früherer IPCC-Bemühungen sicherzustellen“. (Seite 10)
RE Dube drängt ihre Autoren, Fallstudien auszuwählen, die zum „generellen Thema“ [the overall theme] des jetzigen Berichtes beitragen (Seite 77)
John Balbus, ein RE für Kapitel 8, nennt manche Kommentare der Begutachter „K. O.-Kriterien“ [showstoppers]. Nach seinen Worten sind sie es, „weil sie auf potentielle interne Konflikte mit anderen IPCC-Kapiteln oder –dokumenten hinweisen…“ (Seite 22).
Wissenschaft ist ein Fluss
Die Tatsache, dass Experten-Begutachter des IPCC oftmals beobachten, dass die Autoren eines Kapitels etwas ziemlich anderes sagen als die Autoren in einem zweiten Kapitel ist wichtig. Es zeigt, dass viele dieser Dinge alles andere als ‚settled’ sind.
Forschungsstudien kommen oft zu widersprüchlichen Schlussfolgerungen. Verschiedene Personen, die sich die gleichen Daten anschauen, interpretieren diese Daten unterschiedlich. Wissenschaft gleicht ihrem Wesen nach einem Fluss. Wie in einem echten Fluss kommt es zu Mäandern – die manchmal von selbst wieder die ursprüngliche Richtung einschlagen, manchmal aber auch völlig unerwartete Wege nehmen.
Aber die Geschäftsgrundlage des IPCC ist es, der geradeaus führenden und eng begrenzten offiziellen Linie bzgl. der Klimaänderung zu folgen. Die an der Spitze der IPCC-Hierarchie Stehenden erwarten vom bevor stehenden Bericht, dass er sich nahtlos an die Grundlagen aus vier voran gegangenen Klimahypothesen plus an zahlreiche kürzere Dokumente anfügt.
Da wird es keine Überraschungen geben. Die Richtung, in die der Bericht geht, wurde vor Jahrzehnten festgelegt. Anstatt authentischer wissenschaftlicher Dokumente hat das IPCC folglich lediglich Lego-Bausteine erzeugt.
Politisch peinlich genau
Das IPCC ist die Art von Umgebung, von der Etienne Piguet, ein RE für Kapitel 13, beobachtet, dass die Gleichheit der Geschlechter und (in geringerem Umfang) die Gleichheit des geographischen Ursprungs unter den Begutachtern gewährleistet ist (kursiv im Original, Seite 36).
Ähnlich verhält es sich mit einem von 963 Kommentaren zu Kapitel 18, der zu einer Klage über den Autoren-Mix kumuliert, der dieses Kapitel geschrieben hat – ein Bedenken, dass der RE Bernard Seguin für wichtig genug hielt, um es zu erwähnen.
Der ganze Text dieser „wissenschaftlichen Experten-Begutachtung” ist es wert, erwähnt zu werden, weil er die vollständig nichts mit Wissenschaft zu tun habende Erwartung dokumentiert, die einige Personen vom IPCC haben:
Ich wundere mich nur über die geographische Ausgewogenheit der Autoren. Beide (Leitautoren) stammen von der Nordhemisphäre, der entwickelten Welt. Die meisten (Leitautoren) kommen aus „westlichen“ Ländern. Alle beitragenden Autoren kommen aus der Nordhemisphäre, entwickelte Nationen. Alle REs kommen aus entwickelten Ländern. Ich dachte, dass es ein implizites (wenn nicht explizites) Verständnis gibt, dass das IPCC Wissenschaftler aus der entwickelten und der Entwicklungswelt zusammenbringt – aber vielleicht wurde diese Mission in diesem Zustandsbericht fallengelassen? (Neofotis, Peter, City University of New York & Climate Impacts Group, Columbia Univ ) {Hervorhebung hinzugefügt}.
Einerseits sagt uns der Guardian, dass das IPCC beispielhaft „den goldenen Standard wissenschaftlicher Berichterstattung“ zeigt. Andererseits hat der Experten-Begutachter Peter Neofotis den Eindruck, dass die „Mission“ des IPCC darin besteht, sich darum zu kümmern, wo die Autoren dieser Berichte geboren worden sind.
An anderer Stelle werden indigene Personen und ihr „traditionelles Wissen“ durch REs diskutiert (Seiten 18, 20, 46, 90, 91, 97 und 99), ein RE bringt den „Zugang der Armen zum Gesetz“ auf das Tapet (Seite 36), und ein dritter erklärt: „Es wäre nützlich, einen [gender] Experten als beitragenden Autor zu verpflichten“ (Seite 18)*.
[*Mir ist beim besten Willen keine sinnvolle Übersetzung dieses Adjektivs eingefallen. Die offizielle Übersetzung des Wortes ‚gender’ lautet ‚geschlechtsneutral’. Kann das hier gemeint sein? A. d. Übers.]
Zusammengefasst sind die IPCC-Berichte hoch bürokratische Erzeugnisse, gestaltet von Dingen, die nur wenige von uns als wissenschaftlich angesehen werden würden. Weder die Kapitel-Überschriften noch die allgemeine Richtung wird von den Wissenschaftlern bestimmt, deren Namen später unter diesen Dokumenten auftauchen.
Wenn alles gesagt und getan ist, sind diese Wissenschaftler nichts weiter als Rädchen in der Klima-Maschine.
Donna Laframboise
Link: http://nofrakkingconsensus.com/2013/01/10/cogs-in-the-climate-machine/
Übersetzt von Chris Frey EIKE