Energiewende: Billiges Styropor kann teuer kommen!

Die Bundesregierung möchte noch im Januar 2013 ein Förderprogramm für die so genannte energetische Sanierung von Wohngebäuden starten. Ursprünglich sollte die Förderung in Form von Steuer-Gutschriften erfolgen. Doch das entsprechende Gesetz wurde von der rot-grünen Mehrheit im Bundesrat blockiert. Nun sollen für den gleichen Zweck bis zum Jahre 2020 insgesamt 2,4 Milliarden Euro für direkte Zuschüsse von jeweils maximal 5.000 Euro je Sanierungsvorhaben bereitgestellt werden. So genannte Energieeffizienzhäuser sollen aber größere Zuschüsse von bis zu 25 Prozent der Investitionssumme erhalten können. Offenbar muss die Regierung dem Eifer der Deutschen in Sachen Wärmedämmung etwas nachhelfen.

Der den deutschen Immobilienbesitzern von der Bundesregierung im Namen der „Energiewende“ verordnete Wärmedämm-Wahn mit dicken Styropor-Platten auf den Außenwänden und dreifach verglasten Fenstern hatte einen Dämpfer bekommen. als im Internet Messwerte einer Untersuchung auftauchten, die die Außenstelle Holzkirchen des Fraunhofer Instituts für Bauphysik (IBP)  Mitte der 1980er Jahre im Auftrag des Ziegelforums e.V., München, durchgeführt hat. Die Ergebnisse des ersten und zweiten Untersuchungsabschnitts wurden 1983 als Forschungsbericht T 1187 im hauseigenen Verlag veröffentlicht. Daraus ergab es sich, dass Dämmstoffe wie Styropor oder Mineralwolle auf Außenwänden nicht besser dämmen als ausreichend dicke massive Ziegelwände. Da die Ingenieure des Holzkirchener Instituts vermuteten, dieses unerwartete Ergebnis sei durch Rechenfehler oder übersehene Wärmebrücken und andere unbekannte Einflüsse zustande gekommen, versuchten sie sich in einem dritten Untersuchungsabschnitt Klarheit zu verschaffen. Sie dichteten verdächtige Stellen zusätzlich ab und untersuchten auch den möglichen Einfluss unterschiedlicher Sonnenstrahlenabsorption durch dunkle oder helle Außenwände.

Zu diesem Zweck errichteten sie unter anderem vier verschiedene Testbauten mit identischen Wärmedurchgangskoeffizienten (k- oder U-Wert). Jeweils zwei davon bestanden aus massivem Ziegelmauerwerk und zwei aus Ziegeln mit Außendämmung. Jeweils eine Hälfte der identischen Mauern hatte eine helle Außenfassade, die andere eine dunkle.  Über einen Zeitraum von 28 Tagen maßen die Mitarbeiter des IBP bei einer winterlichen Außentemperatur von durchschnittlich minus vier Grad Celsius und einer Südstrahlungsintensität von 137 Watt je Quadratmeter den Heizenergieverbrauch. Die Protokolle dieser Versuchsreihe galten allerdings lange Zeit als „verschollen“. Erst in diesem Jahr gelang es dem als Kritiker des deutschen Dämmwahns bekannten Architekten Konrad Fischer, das von Prof. Dr. Ing. habil. Karl A. Gertis unterzeichnete Protokoll des 3. Untersuchungsabschnitts vom 20. Dezember 1985 aufzustöbern. Die darin enthaltenen Tabellen zeigen klar, dass die Außendämmung von Ziegelmauern den Heizenergiebedarf sogar leicht erhöht, statt ihn, wie erhofft, zu senken. Die Erklärung dafür: Ziegelmauern speichern tagsüber Sonnenwärme und geben einen Teil davon bis in den späten Abend an die Wohnräume ab. Isolierte Mauern hingegen sind vor den Sonnenstrahlen abgeschirmt.

Als ich in meiner Regionalzeitung auf diesen Befund hinwies, bekam ich Post von Dr. Ing. Helmut Künzel aus Valley, der die Außenstelle Holzkirchen des IBP in den 1980er Jahren leitete und das Protokoll der beiden ersten Untersuchungsabschnitte vom 5. Juli 1983 unterzeichnete. In seinem Schreiben vom 1. 10. 2012 behauptet er:„Als Leiter des Instituts Holzkirchen in den 1980er Jahren kann ich Ihnen versichern, dass die genannten Untersuchungen nicht vom Fraunhofer-Institut stammen. Mir ist nichts von einem 28-tägigen Testzeitraum und von Messungen an ungedämmten und gedämmten Räumen bekannt. Hier handelt es sich entweder um eine Verwechslung oder um eine glatte Lüge.“  Ohne Kommentar!

Inzwischen gibt es weitere Untersuchungen, die die „verschollenen“ Versuchsergebnisse aus den 1980er Jahren bestätigen. So hat das Hamburger GEWOS Institut den Heizenergiebedarf von 47 Mehrfamilienhäusern mit massiven Ziegelmauern mit und ohne Außendämmung, die zwischen 1984 und 1992 errichtet worden waren, verglichen. Daraus ging hervor, dass Gebäude ohne Außendämmung einen niedrigeren Heizenergiebedarf hatten als die gedämmten Gebäude. Zum gleichen Ergebnis kam ein vom Hildesheimer Bau-Professor Jens Fehrenberg an zwei Mietshäusern in Hannover durchgeführter langjähriger Heizkostenvergleich.

Im Juni dieses Jahres publizierten Minna Sunikka-Blank und Ray Galvin vom Architektur-Fachbereich der britischen Elite-Universität Cambridge in der Fachzeitschrift Building Research & Informationdie Auswertung der  Heizkostendaten von insgesamt 3.400 deutschen Wohnungen. Sie stellten fest, dass der tatsächliche Gas- oder Ölverbrauch älterer Gebäude um bis zu 40 Prozent unter dem nach den Formeln der Energieeinsparverordnung von 2002 (EnEV) errechneten theoretischen Energiebedarf  lag. So genannte Niedrigenergiehäuser verbrauchten hingegen deutlich mehr Heizenergie als angegeben. Die in der EnEV verwendeten Formeln scheinen also aus der Luft gegriffen. Wie sehr diese daneben liegen, zeigen die Betriebskosten des angeblich öko-effizienten Neubaus des Umweltbundesamtes in Dessau. Der Bundesrechnungshof hat gerade festgestellt, dass diese um 50 Prozent oder jährlich 400.000 Euro über den Betriebskosten vergleichbarer herkömmlicher Verwaltungsgebäude liegen. 

Da stellt sich die Frage, was die Versprechungen der Dämmstofflobby in Gestalt des Fachverbandes Wärmedämm-Verbundsysteme und des Gesamtverbandes Dämmstoffindustrie wert sind. Beide Verbände sprechen von möglichen Heizkosteneinsparungen durch die Außenwanddämmung in der Größenordnung von 50 Prozent. Um die aktuellen Vorgaben der EnEV zu erfüllen, müssen jedoch bei einem älteren Einfamilienhaus nach Berechnungen des Verbandes Privater Bauherren (VPB) mindestens 70.000 Euro investiert werden. Selbst bei optimistischen Annahmen über mögliche Heizkosteneinsparungen rechnen sich solche Investitionen nicht. Axel Gedaschko, der Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, rechnet vor: Nach der fachgerechten „Komplettsanierung“ eines Wohngebäudes aus den 1960er Jahren nach den Vorgaben der EnEV müssten die Monatsmieten je Quadratmeter um 2,20 Euro erhöht werden. Die Mieter könnten aber bei optimistischen Annahmen höchstens 70 Cent Energiekosten einsparen.

Obendrein handeln sich die Hausbesitzer durch die Außenwand-Dämmung mit gängigem Polystyrol (Styropor) unkalkulierbare Brandrisiken ein. Nachdem die Fassade eines gerade fertiggestellten sechsstöckigen Hauses Ende Mai 2012 in Frankfurt am Main plötzlich in Flammen stand, forderte der Feuerwehrchef der Mainmetropole dringend eine Überprüfung der geltenden Brandschutz-Vorschriften. Das Material könne nicht weiterhin als „schwer entflammbar“ bezeichnet werden. Doch die Dämmstoff-Lobby verhinderte eine Anpassung der Feuer-Prüfung an die Testnorm DIN EN 13501.

Trotz des sozialen Sprengstoffs, der sich hier ansammelt, hat die Bundesregierung bereits eine erneute Verschärfung der EnEV-Vorgaben um 12,5 Prozent abgekündigt. Das hat durchaus seine Logik. Wir haben bereits berichtet, dass eine im vergangenen Jahr veröffentlichte Studie des in diesem Zusammenhang unverdächtigen Eduard-Pestel-Instituts in Hannover nachgewiesen hat, dass von jedem Euro, der in Deutschland für die „Gebäudesanierung“ ausgegeben wird, 54 Cent über Steuern und Sozialabgaben in den Kassen des Staates oder staatlicher Versicherungen landen. Der Staat hat also in erster Linie sein Eigeninteresse im Auge, wenn er – angeblich um das Weltklima zu retten – die Vorgaben für die „Gebäudesanierung“ immer weiter verschärft. So sieht es auch der Arbeitskreis „Richtig Bauen“ der Schutzgemenschaft für Wohnungseigentümer und Mieter e.V. In seiner Stellungnahme zur anstehenden Novellierung des Energieeinsparungsgesetzes (EnEG) und der EnEV vom 10. November 2012 schreibt er: Uns „drängt sich der Verdacht auf, dass die mit der Novellierung weiter wachsende Aufblähung des Gesetzes- und Verwaltungsapparates nur die Eigeninteressen der Administration und der begünstigten Lobbyisten bedient.(…) Der Bürger fragt sich zu Recht, ob es nicht seine Pflicht ist, unsinnige Verordnungen zu missachten.“

Edgar L. Gärtner EIKE zuerst erschienen auf eigentümlich frei

Internet:

Introducing the prebound effect: the gap between performance and actual energy consumption

Kostenfalle Wärmedämmung

Die unterschätzte Brandgefahr bei Wärmedämmung

Schärfere Brandschutzregeln für Styropor gescheitert

Hausbesitzer erhalten 5000 Euro für Sanierung