Fallstudien aus aller Welt belegen: Keine Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs während der letzten 30 Jahre

Bereits im Jahr 2009 hatte sich eine internationale Forschergruppe aus Frankreich, Spanien und Großbritannien um Guy Wöppelmann mit der Frage beschäftigt, welchen Einfluss Land-Hebungen und -Senkungen auf Meeresspiegelmessdaten von Küstenpegeln haben. In der in den Geophysical Research Letters erschienenen Studie untersuchten die Wissenschaftler weltweit 227 Stationen deren Höhe im Rahmen eines globalen Netzwerks mithilfe des satellitengestützten Global Positioning Systems (GPS) genau erfasst wurde. 160 dieser Stationen liegen in einer Entfernung von höchstens 15 km von Küstenpegeln. Auf diese Weise konnten die Forscher vertikale Bewegungen der Pegel bestimmen und die Meeresspiegeldaten der Pegel entsprechend korrigieren. Für das letzte Jahrhundert konnte auf diese Weise ein mittlerer globaler Meeresspiegelanstieg von 1,61 mm pro Jahr ermittelt werden. Von 1900 bis 1940 stieg der Meeresspiegel etwas langsamer an (Abbildung 1). Um 1940 schaltete der Meeresspiegelanstieg dann auf eine höhere Geschwindigkeitsstufe, die bis heute relativ stabil beibehalten wurde. Eine weitere Beschleunigung war während der letzten 70 Jahre nicht zu verzeichnen. Die Beschleunigung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war dabei zu erwarten und ist in den Übergang von der Kleinen Eiszeit in die Moderne Wärmeperiode einzuordnen (siehe unser Blogartikel „Der Meeresspiegel steigt! Seit 15.000 Jahren“).

Abbildung 1: Meeresspiegelentwicklung der letzten 100 Jahre für Nordeuropa (oben) und Nordwest Amerika (unten) auf Basis von Küstenpegeln. Landhebungen und -Senkungen wurden für die untersuchten Stationen mit GPS bestimmt und bei der Erstellung der Meeresspiegelkurve berücksichtigt. Seit 1940 ist keine Beschleunigung des Anstiegs mehr zu verzeichnen. Quelle: Wöppelmann et al. (2009).
Ein weiteres bedeutendes Paper zur Meeresspiegelentwicklung erschien Ende Juni 2012 in den Geophysical Research Letters. Ein internationales Wissenschaftlerteam um Olivier Henry vom Centre National de la Recherche Scientifique in Toulouse führte für die vergangenen 60 Jahre eine Untersuchung an 62 Küstenpegeln an den arktischen Küsten Norwegens und Russlands durch. Zunächst korrigierten die Forscher Hebungs- und Senkungsbewegungen im Zusammenhang mit der letzten Eiszeit sowie andere Effekte. Die auf diese Weise rekonstruierte Meeresspiegelkurve des Arktischen Ozeans zeigt einige überraschende Merkmale. Zunächst einmal blieb der Meeresspiegel ab 1950 für drei Jahrzehnte relativ stabil und verharrte auf einem Plateau (Abbildung 2). Erst ab 1980 stieg der Meeresspiegel schließlich an und erreichte um 1990 seinen Höhepunkt, der bis heute nicht mehr übertroffen wurde. Im Laufe der 1990er Jahre fiel der Meeresspiegel wieder. Ab 1995 stieg er dann wieder an, erreicht aber nicht mehr das Meeresspiegelniveau von 1990. Von 1995 bis 2009 errechneten die Autoren eine mittlere Meeresspiegelanstiegsrate von 4 mm/Jahr.
Der Meeresspiegelverlauf entwickelte sich dabei über fast den gesamten Untersuchungszeitraum synchron zur Arktischen Oszillation (AO), einem bedeutenden Ozeanzyklus in der Region (Abbildungen 2 und 3). Erst in den letzten 10 Jahren scheint sich der Zusammenhang etwas zu entkoppeln, obwohl die Zeitspanne wohl noch zu kurz ist, um dies mit Sicherheit – auch mit Blick in die Zukunft – sagen zu können. Der synchrone Absturz von Meeresspiegel und Arktischer Oszillation 2009 zeigt, dass die AO wohl auch in Zukunft einen maßgeblichen Einfluss auf das Meeresspiegelgeschehen in der Arktis nehmen wird. 
Ähnlich wie bei der Temperaturentwicklung müssen auch bei der Meeresspiegelinterpretation in einigen Regionen der Erde auf jeden Fall Ozeanzyklen berücksichtigt werden. Ozeanzyklen können den Meeresspiegel nach oben und nach unten drücken, Anstiege beschleunigen, verlangsamen und sogar ins Negative umschlagen lassen. Eine generelle und belastbare Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs durch schmelzende Eismassen während der letzten drei Jahrzehnte lässt sich im Arktischen Ozean nicht belegen.

Abbildung 2: Meeresspiegelentwicklung in der Arktis für die vergangenen 60 Jahre (rote Kurve). Von 1950 bis 2000 verlaufen die Meeresspiegeländerungen weitgehend synchron zur Arktischen Oszillation (AO, schwarze Kurve), einem bedeutenden Ozeanzyklus in der Region. Abbildung aus Henry et al (2012).
 
Abbildung 3: Arktischer Oszillations-Index (Quelle: Wikipedia).
Gehen wir nun auf die andere Seite der Erde, nach Neuseeland. In Neuseeland und anderen Gebieten der südlichen Hemisphäre gibt es nur wenige Küstenpegelmessungen die bis 1900 zurückreichen. Die beiden neuseeländischen Forscher John Hannah und Robert Bell von der University of Otago bzw. dem National Institute of Water and Atmospheric Research veröffentlichten im Januar 2012 im Journal of Geophysical Research zusätzliche historische Pegelmessreihen aus Neuseeland. In den neuen Kurven lässt sich eine zweigeteilte Entwicklung erkennen, wobei sich die Anstiegsgeschwindigkeit um 1940 leicht erhöhte und seitdem stabil blieb (Abbildung 4). Die neuseeländische Entwicklung ähnelt dabei der globalen Situation, wie sie in der zuvor besprochenen Studie der Wöppelmann-Gruppe erarbeitet wurde. Der in Neuseeland ermittelte Langzeittrend von 1,7 mm Meeresspiegelanstieg pro Jahr entspricht dabei in etwa dem globalen Wert. Auch in Neuseeland ist keinerlei Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs in den letzten 30 Jahren zu erkennen.

Abbildung 4: Meeresspiegelentwicklung an vier neuseeländischen Küstenpegeln. Eine Beschleunigung des Anstiegs ist für die vergangenen 70 Jahre nicht zu erkennen. Abbildung aus Hannah & Bell (2012).
Bemerkenswert an der Studie von Hannah und Bell ist auch, dass die neuseeländische Meeresspiegelentwicklung durch Zyklen im Jahrzehnt-Maßstab geprägt ist. Der Meeresspiegel stieg und sank dabei im Takt der pazifischen Meereszyklen (Southern Oscillation Index, SOI und andere) (Abbildung 5).
Siehe auch Bericht vom NIPCC.

Abbildung 5: Dargestellt sind vier neuseeländische Meeresspiegel-Pegelmessreihen (dünne graue, schwarze und blaue Linien), die mit dem Südlichen Oszillationsindex, einem pazifischen Ozeanzyklus (SOI, fette schwarze Linie), verglichen werden. Es besteht eine gute Übereinstimmung zwischen Meeresspiegel und Meereszyklus. Der Meeresspiegel stieg und sank dabei im Takt der pazifischen Meereszyklen. Abbildungsquelle: Hannah & Bell (2012).
Nicht weit davon entfernt forschte ein internationales Team um Roland Gehrels von der University of Plymouth. Im Januar 2012 veröffentlichte die Gruppe in den Earth and Planetary Science Letters eine neue Studie der Meeresspiegelgeschichte Tasmaniens (einer Insel vor der Küste Südost-Australiens) und Neuseelands. Anhand von Salzmarschablagerungen konnten die Wissenschaftler die Meeresspiegelentwicklung für die vergangen 6000 Jahre rekonstruieren. Besonderes Augenmerk schenkten sie dabei den letzten 200 Jahren. Zur Altersdatierung verwendeten Gehrels und Kollegen Radiokarbonalter sowie andere Isotopenmethoden auf Basis von Cäsium und Blei. Der Meeresspiegel wurde anhand von fossilen Einzellern, sogenannten Foraminiferen bestimmt.
Die Studie zeigte, dass sich der Meeresspiegel während der letzten 6000 Jahre innerhalb eines Bereichs von etwa einem halben Meter bewegte. Zwischen 1900 und 1950 stieg der Meeresspiegel mit einer Rate von 4,2 mm pro Jahr an (Abbildung 6). Während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verlangsamte sich der Meeresspiegelanstieg jedoch hingegen merklich und erreichte im Durchschnitt nur noch 0,7 mm pro Jahr. Ähnliche Resultate ergaben sich für das südliche Neuseeland. Eine Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs in den letzten Jahrzehnten ist im australisch-neuseeländischen Studiengebiet nicht zu erkennen. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Der Meeresspiegelanstieg hat sich sogar gegenüber der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts verlangsamt.

Abbildung 6: Meeresspiegelentwicklung von Tasmanien während der vergangenen 200 Jahre. Zwischen 1900 und 1950 stieg der Meeresspiegel mit einer Rate von 4,2 mm pro Jahr an. Während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verlangsamte sich der Meeresspiegelanstieg hingegen merklich und erreicht im Durchschnitt nur noch 0,7 mm pro Jahr. Abbildungsquelle: Gehrels et al. (2012).
Auch terradaily berichtete über die Tasmanien-Publikation. Jedoch scheint es den Autor des Terradaily-Berichts kaum zu interessieren, dass die Meeresspiegelanstiegsrate in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts so dramatisch abgenommen hat, obwohl doch der CO2-Austoß zeitgleich stetig anstieg. Stattdessen wird auf einen angeblichen anthropogenen Einfluss in den 1990er Jahren verwiesen, der jedoch in den Originaldaten kaum erkennbar ist.
Bleiben wir noch kurz im Pazifik und reisen wir nun im Rahmen unserer Urlaubs-Meeresspiegel-Serie weiter auf das Tarawa Atoll, das Teil der Republik Kiribati ist. Das Atoll ist eines dieser Gebiete, von denen immer gesagt wird, dass der Untergang wegen des unerbittlichen Meeresspiegelanstiegs nur noch eine Frage der Zeit sei. Umweltaktivisten-Organisatione wie Greenpeace verwenden die Kiribati-Atolle gerne, um die angeblich dramatischen Folgen des Meeresspiegelanstiegs zu verdeutlichen, unter anderem auf dem Klimagipfel von Kopenhagen vor einigen Jahren. Nun hat sich Simon Donner von der University of British Columbia die
Meeresspiegelentwicklung des kiribatischen Tarawa-Atolls für die vergangenen 20 Jahre einmal näher angeschaut. Die Ergebnisse hat er im April 2012 in der Fachpublikation Eos veröffentlicht. Und nun halten Sie sich bitte fest: Pegelmessungen zeigen, dass der Meeresspiegel um Tarawa in dieser Zeit überhaupt gar nicht angestiegen ist (Abbildung 7).
Die in der Kurve enthaltenen Schwankungen gehen überwiegend auf El Nino-Effekte zurück. So fiel 1998 der Meeresspiegel um satte 45 cm, im Übergang von einem starken El Nino zu einem La Nina. Meeresspiegelanstiege von bis zu 15 cm ereigneten sich in Tarawa im Zusammenhang mit den El Nino-Ereignissen 2002-2003, 2004-2005 und 2009-2010 (Abbildung 7). Donner weist zudem darauf hin, dass auf Tawara Landgewinnungs- und andere Küstenbaumaßnahmen
stattgefunden haben, die an einigen Stellen des Atolls zu verstärkter Erosion und vermehrten Überflutungen geführt haben. Zudem werden an den Stränden und Korallenriffen der Atolle von den Einheimischen traditionell Baumaterialien gewonnen, was ebenfalls das Überflutungsrisiko erhöht. Donner schreibt in seinem Artikel:
„Das Ignorieren von Meeresspiegelbeiträgen aus der natürlichen Variabilität sowie aus direkten menschengemachten Veränderungen an der Küste kann dazu führen, dass bestimmte Überflutungsereignisse und Küstenveränderungen fälschlicherweise dem Meeresspiegelanstieg zugerechnet werden. Tarawa ist das am leichtesten zu erreichende Atoll der Kiribati-Inselgruppe und stellt ein von Journalisten und Aktivisten gern besuchtes Reiseziel dar, um von dort über die Folgen des Meeresspiegelanstiegs für flache Inseln zu berichten. […] Die Medien verwenden dabei Bilder von überfluteten Häusern und über Dämme spülenden Wellen, welche jedoch während seltener, nicht repräsentativer Ereignisse an einem flutgefährdeten Flecken gemacht wurden, teilweise verursacht durch menschliche Baumaßnahmen. Dies Bilder können den falschen Eindruck erwecken, das Tarawa einer dauerhaften Überflutungsgefahr durch einen steigenden Meeresspiegel ausgesetzt wäre. Das Zuordnungsproblem wird durch die politische Situation weiter verschärft. Die Regierung von Kiribati sieht sich der schwierigen Herausforderung gegenüber, internationale Beachtung für lokale Klimaschäden auf sich zu ziehen, um Hilfe bei Anpassung und Schadensminderung zu erhalten. Die Interpretation der Gründe von Küstenveränderungen und Überflutungsereignissen, sowie die Vorhersage von Folgen des Meeresspiegelanstiegs ist schwierig für ein solches Entwicklungsland mit nur begrenzten Ressourcen für wissenschaftliche Untersuchungen.“ 
Siehe auch Artikel von Mark Lynas und Roger Pielke Sr.

Abbildung 7: Meeresspiegelentwicklung des Tarawa-Atolls in der zentralpazifischen Republik Kiribati auf Basis einer Pegelmessreihe. Schwankungen gehen überwiegend auf El Nino-Effekte zurück. Langfristig ist der Meeresspiegel konstant geblieben. Ein Anstieg ist nicht zu erkennen. Abbildungsquelle: Donner (2012).
Kehren wir nun zurück in heimische europäische Gefilde. Im Mai 2012 erschien in den Quaternary Science Reviews eine Studie eines internationalen Forscherteams um Eduardo Leorri von der East Carolina University. Die Gruppe untersuchte die Meeresspiegelgeschichte in der Bucht von Biskaya während der letzten 10.000 Jahre anhand von Bohrungen. Den Meeresspiegel rekonstruierten die Wissenschaftler auf Basis von Fossilinhalt, Sandgehalt und anderen geologischen Merkmalen.
Die Entwicklung lässt sich in zwei Phasen unterteilen. Ein schneller Meeresspiegelanstieg fand von 10.000 bis 7000 Jahre vor heute statt (Abbildung 8). Der Meeresspiegel stieg damals um etwa 22m an, was einem mittleren Anstieg von über 7 mm pro Jahr entspricht. Vor 7000 Jahren verlangsamte sich dann der Anstieg.

Abbildung 8: Meeresspiegelgeschichte der Bucht von Biskaya. Abbildungsquelle: Leorri et al. (2012).
Die Ergebnisse verglichen Eduardo Leorri und seine Kollegen mit Küstenpegelmessungen der vergangenen 200 Jahre aus der Region. Wie nicht anders zu erwarten, stieg der Meeresspiegel während der Kleinen Eiszeit kaum an, fiel zum Teil sogar. Dies betrifft in der Bucht von Biskaya die Zeit zwischen 1800 und 1900 (Abbildung 9). Eiskappen und Gletscher waren in der Kleinen Eiszeit stabil und wuchsen zum Teil sogar an. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als das Eisschmelzen allmählich wieder begann, zog dann auch der Meeresspiegelanstieg wieder an (Abbildung 9). Eine außergewöhnliche Beschleunigung des Anstiegs während der letzten drei Jahrzehnte ist in den Meeresspiegeldaten aus der Bucht von Biskaya nicht zu erkennen.

Abbildung 9: Küstenpegelmessungen aus der Bucht von Biskaya. Wie auch in anderen Studien ist ab ca. 1900 eine Beschleunigung des Anstiegs zu erkennen, welche den Übergangsbereich der Kleinen Eiszeit zur Modernen Wärmeperiode markiert. Abbildungsquelle: Leorri et al. (2012).
Es ist wahrscheinlich, dass sich der Meeresspiegel während der letzten tausenden von Jahren in Wellen entwickelte, die weitgehend parallel zu den Klima- bzw. Temperaturzyklen abliefen. Während der Kälteperioden wie etwa der Kleinen Eiszeit stagnierte bzw. fiel der Meeresspiegel, während der Wärmeperioden wie etwa der Römischen Wärmeperiode, Mittelalterlichen Wärmeperiode und Modernen Wärmeperiode zog die Anstiegsgeschwindigkeit dann wieder an. Eine umfangreiche Darstellung dieser vorindustriellen Meeresspiegelentwicklung liegt von Tony Brown vor, der seine Ergebnisse auf Judith Curry’s Blog veröffentlicht (Blogartikel, ausführliche pdf-Version). Eilige Leser seien auf die Seiten 23-26 des pdf verwiesen, wo Brown interessante Überlegungen zum Meeresspiegel der letzten 2000 Jahre anstellt. Unter Bezugnahme auf eine Arbeit eines Teams um Aslak Grinsted von der University of Lapland von 2010 im Journal Climate Dynamics wird diskutiert, ob der höchste Meeresspiegel der Nacheiszeit möglicherweise zur Zeit der Mittelalterlichen Wärmeperiode herrschte (Abbildung 10). Danach wäre der Meeresspiegel während der Kleinen Eiszeit wieder abgefallen, um dann im Übergang zur Modernen Wärmeperiode wieder anzusteigen. Möglicherweise wurde das mittelalterliche Niveau heute noch gar nicht wieder erreicht. Ein interessanter Gedanke. Auf jeden Fall müssen diese Effekte bei der Zuordnung von natürlichen und anthropogenen Ursachen des aktuellen Meeresspiegelanstiegs berücksichtigt werden, was leider noch viel zu wenig geschieht. Ähnlich zur Hockey Stick Episode zeigt der historisch-geologische Kontext, dass auch die Meeresspiegelentwicklung keineswegs so ereignislos und monoton war wie von einigen Klimadiskutanten angenommen.

Abbildung 10: Modell der Meeresspiegelentwicklung der letzten 2000 Jahre. Die dicke schwarze Kurve ab 1700 entspricht einer geologischen Rekonstruktion von Jevrejeva et al. (2006). Verändert nach Grinsted et al. (2010).
Eine interessante Diskussion der Frage, ob sich der globale Meeresspiegelanstieg im letzten Jahrzehnt gegenüber dem letzten Jahrhundert beschleunigt hat, führte Paul Homewood im Mai 2012 auf WUWT. Dabei ging er insbesondere der Frage nach, warum Pegelmessungen nur einen Anstiegswert von etwa 2,0 mm pro Jahr oder weniger zeigen (z.B. wie in einer Studie von Douglas), während Satellitendaten mit 2,8 mm/Jahr fast einen Millimeter höhere Wert anzeigen. Homewood überprüfte dazu eine Reihe von Küstenpegelmessungen und kam zu folgendem Ergebnis:
„Meine Analyse ergab keinen Hinweis auf eine kürzliche Beschleunigung der langjährigen Meeresspiegelanstiegsrate. Die Anstiegsrate beträgt noch immer 2 mm pro Jahr oder sogar weniger. Zusätzlich zeigt die Auswertung von Daten aus der südlichen Hemisphäre an, dass sich der Anstieg sogar möglicherweise verlangsamt hat. Die untersuchten Datenserien sind zwar in beiden Fällen statistisch klein und besitzen eine ungenügende geographische Abdeckung. Trotzdem besitzen sie eine ähnliche Datendichte wie die Original-Arbeit von Douglas [mit der Homewood seine Ergebnisse vergleicht], einer Arbeit die allgemein als sorgfältige Abschätzung des Meeresspiegelanstiegs im 20. Jahrhundert angesehen wird (z.B. verwendet der IPCC einen Wert von 1,7 mm/Jahr).  
Die Abweichung der Satellitendaten kann aus logischen Gesichtspunkten nur auf einen oder mehrere der folgenden Gründe zurückgehen: 
1)    Die Original-Douglas Studie könnte auf nicht repräsentativen oder fehlerhaften Daten basieren. Falls dies der Fall wäre, würde die in der Douglas-Studie ermittelte Anstiegsrate von 1,85 mm pro Jahr für das 20. Jahrhundert den wahren Wert signifikant unterschätzen.
2)    Die Satellitenmessungen könnten falsch sein.
3)    Der Zeitraum für den Satellitendaten zur Verfügung stehen (20 Jahre) könnte zu kurz sein, um einen verlässlichen Langzeittrend abzubilden, insbesondere weil der Beginn der Datenreihe an einem Tiefpunkt eines Zyklus liegt.
4)    Der Ausschluss von 11 Meßstationen aus der Rekonstruktion [von Homewood] könnte die Rate des Meeresspiegelanstiegs reduziert haben. Allerdings scheint es unwahrscheinlich, dass diese 11 Stationen einen starken Beschleunigungstrend besitzen, während die 12 verbliebenen keinen Trendwechsel anzeigen. Dies konnte zudem für die Südhemisphäre bestätigt werden.“
Unsere kleine Meeresspiegel-Weltreise war wenig ergiebig – oder sogar äußerst ergiebig, je nachdem wie man es sieht. Anzeichen für eine Beschleunigung des Meeresspiegels während der letzten 30 Jahre haben wir in keiner der Studien gefunden. Es sieht nicht gut aus für die Fans der Beschleunigung.
Dr. Sebastian Lüning; zuerst erschienen auf Kalte Sonne  
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