Klimakatastrophenprophet der ersten Stunde Hartmut Graßl droht zu scheitern
Im Jahre 1990, also vor nunmehr 22 Jahren, alarmierte Hartmut Graßl mit seinem Buch “Wir Klimamacher” die Öffentlichkeit und sagte eine schlimme Klimakatastrophe vorher. Auf Seite 61 schrieb er damals zusammen mit seinem Co-Autor Reiner Klingholz:
“Schon in den nächsten 30 Jahren wird sich die Erde mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein bis zwei Grad erwärmen.”
Nun sind die 30 Jahre bald um und wir erlauben uns nachzuschauen, ob sich die Natur an die Prognose gehalten hat. Das Ergebnis ist ernüchternd: Zwar ist die globale Durchschnittstemperatur von 1977 bis 2000 um 0,5°C angestiegen, wovon sich etwa die Hälfte davon, also 0,25°C, zwischen 1990-2000 ereignete. Danach begann jedoch der bekannte Erwärmungsstop, der bis heute andauert. Um auch nur die Untergrenze von Graßl’s Prognose zu erreichen, müsste die Temperatur in den kommenden 8 Jahren also um 0,75°C ansteigen; um die Obergrenze zu erreichen, sogar um 1,75°C. Zum Vergleich: Die gesamte Klimadiskussion dreht sich “nur” um 0,8°C, um die sich die Erde seit 1850 erwärmt hat. Zudem hat Kollege Mojib Latif gerade vorhergesagt, dass sich die “klimatische Atempause”, also der Erwärmungsstop bis 2020 fortsetzen wird. Es sieht also überhaupt nicht gut aus für Graßl’s Prognose. Man muss kein Hellseher sein, um die Prognose schon jetzt als gescheitert zu bezeichnen.
Obwohl Graßls Vorhersage von 1990 voraussichtlich mit Pauken und Trompeten durchfallen wird, wird er von den Medien noch immer als akzeptierter Meinungsführer umgarnt, wie neulich wieder zu bestaunen war. Ist dies vielleicht ein klimawissenschaftliches Phänomen? In allen anderen Wissenschaftszweigen hätte es das Vertrauen in den Forscher vermutlich stark erschüttert.
Graßl war sich seiner Sache damals offenbar so sicher, dass er die Klimadebatte kurzerhand für beendet erklärte. Im Jahre 1994 sagte er:
„Von wissenschaftlicher Seite ist der Indizienprozess in Sachen Treibhauseffekt gelaufen, ist der Schuldspruch gefällt. Es geht jetzt nicht mehr um weitere Beweise, sondern einzig darum, das Strafmaß um einiges zu mildern. Die globalen Mitteltemperaturen steigen innerhalb der nächsten Jahrzehnte um ein bis zwei Grad. Jede globale Änderung einer Klimagröße, also auch der mittleren Temperatur, erzwingt an fast jedem Ort der Erde neue Wetterextreme. Dann kommt es da zu Überschwemmungen, dort zu Dürren und anderenorts zu Stürmen, wie man sie vorher nicht gekannt hat.“
(Graßl, H.: Technik München, Mitt.-Bl. Techn.-Wiss. Vereine München, 1994; 3,4. Zitiert z.B. in: Heinrich Röck „Klima und Politik“2001)
Oh lala. Achtzehn Jahre nach dieser Aussage schwankt das schöne und liebgewonnene CO2-zentrierte Klimagedankengebäude bedrohlich hin und her und droht dabei jeden Moment zusammenzubrechen. Es wird immer klarer, dass natürliche Klimafaktoren jahrelang unterschätzt wurden. Durch Zuordnungsfehler wurden dem CO2-Wärmeeffekte zugeschlagen, die in Wirklichkeit jedoch zu einem großen Teil auf eine verstärkte Sonnenaktivität, Ozeanzyklen sowie anthropogenen Rußeintrag zurückgehen. In der klimatischen Aufbruchsstimmung der 1990er war man offenbar noch so naiv anzunehmen, mit einem One-Stop-Shop, nämlich dem Kohlendioxid, die Welt zu erklären. Hierauf ist in seiner Euphorie wohl auch Graßl reingefallen. Dies wäre nicht weiter schlimm, da Irrtümer zur Wissenschaft gehören wie braune Spritzer auf dem Hemd beim Genuss von Schokoladenpudding. Allerdings wäre es allmählich nun an der Zeit, den Irrtum einzusehen und Kurskorrekturen am klimatischen Weltbild vorzunehmen. Doch Graßl schaltet auf stur, weicht keinen Deut von seinen mittlerweile überholten Ansichten ab.
Neben der wohl gescheiterten Temperaturprognose, sollte ihn jedoch auch das wissenschaftliche Umdenken in Punkto Wetterextreme nachdenklich machen, das kürzlich stattgefunden hat. Wie dem oben genannten Zitat von 1994 zu entnehmen ist, sah Graßl damals Überschwemmungen, Dürren und Stürme vom CO2 und der Klimaerwärmung verschuldet. Der aktuelle wissenschaftliche Stand hat diesen Gedanken mittlerweile jedoch weitgehend verworfen. Keines der genannten Extremwetter-Phänomene hat den natürlichen Schwankungsbereich bisher verlassen (siehe unsere kürzlichen Blogartikel „Mehr Überschwemmungen? Vermutlich eher nicht“ und „Dürre Beweislage für mehr Dürren“ sowie das Sturmkapitel auf S. 202-208 in „Die kalte Sonne“). Graßl hat damals wohl den falschen Schuldigen hinter Schloss und Riegel gebracht hat. Ein klassischer Justizirrtum.
Spulen wir jetzt eine ganze Dekade nach vorn und blättern ein bisschen in Graßl’s Buch „Klimawandel – Was stimmt? Die wichtigsten Antworten“ von 2007. Auch hier leider wieder das gleiche Problem. Auf Seite 68 beschreibt er die Zunahme von Stürmen, Dürren und anderer Extremwetterlagen als eines der größten Klimaprobleme. Wann hat er eigentlich vor, diesen Dauer-Fehler öffentlich aufzuklären?
Ganz nebenbei: Hätten Sie gewusst, dass Graßl Mitglied des Stiftungsrates der Münchener Rück Stiftung ist? Die enge Verbandelung führender deutscher Klimawissenschaftler mit der interessierten Versicherungsbranche bereitet Sorge. Wie können Interessenskonflikte ausgeschlossen werden, wenn Versicherungsprämien bei gesteigerter Angst vor Sturm-, Hagel- und Überschwemmungsschäden problemlos angehoben werden? Bereits 2011 kooperierte das Potsdam-Institut für Klimafolgenforscung (PIK) mit dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in einer Studie, die auf wackeliger Grundlage eine Zunahme der Klimaschäden suggerierte. Gerade Stefan Rahmstorf scheint hier in der Vergangenheit in Punkto Münchener Rück wenig Berührungsängste gehabt zu haben, wie klimaskeptiker.infokenntnisreich dokumentiert hat.
Im Kapitel “Das Klima hat sich immer geändert” seines Buches fehlt zudem jeglicher Hinweis auf natürliche Temperaturschwankungen der letzten 10.000 Jahre. Die wichtigen Begriffe „Römische Wärmeperiode“, „Mittelalterliche Wärmeperiode“ oder „Kleine Eiszeit“ wollen einfach nicht fallen. Was ist das für ein Buch, das ohne sie auskommen kann? Offensichtlich arbeitet Graßl immer noch auf Basis der diskreditierten Hockeystick-Kurve.
Schön auch sein Ablenkungsmanöver nach dem klassischen Vorbild von Al Gore’s Film „Eine unbequeme Wahrheit“. Auf Seite 15 beschreibt Graßl die gute Korrelation zwischen CO2 sowie Temperatur während der letzten 750.000 Jahre und postuliert die Erwärmung vor allem durch Treibhausgase. Leider vergisst er gänzlich zu erwähnen, dass das CO2 der Temperatur um 800 Jahre hinterherhinkt, und dass das CO2 der Atmosphäre wohl überwiegend durch Ausgasung aus den sich erwärmenden Ozeanen stammt. Dies relativiert die suggerierte Wärmewirkung des CO2 zu dieser Zeit signifikant. Der Fehlschluss wurde bereits Al Gore angekreidet und ist Mitgrund dafür, dass dessen Film laut Gerichtsbeschluss an britischen Schulen nicht mehr unkommentiert gezeigt werden darf.
Eine der jüngsten Äußerungen von Graßl zum Klimawandel betrifft unser Buch „Die kalte Sonne“. Auf die Frage, was er denn von dem Buch halte, antwortetet er im NDR Fernsehen im Februar 2012: “Ach, eigentlich habe ich keine Lust zu solchem Stuss irgendwas zu sagen”. Ein paar Tage später verspürte er offenbar doch noch Lust und äußert sich weniger einsilbig auf klima(rats)retter.info. Allerdings bleiben seine Aussagen auch hier so rätselhaft, dass man nicht richtig schlau daraus wird.
Noch einmal: Es geht hier nicht um eine schadenfrohe Fehlerschau. Jeder macht Fehler und jeder darf sie auch machen. Allerdings wäre es nur redlich, wenn man diese Fehlschläge später auch offen zugibt. Mit kosmetischen Reparaturversuchen ist es dabei nicht getan. Grundlegende Pfeiler des CO2-dominierten Klimamodells beginnen gerade einzustürzen. Die ertappten Fachwissenschaftler sollten die Gelegenheit nutzen und die Probleme ehrlich und ergebnisoffen diskutieren. Ein wenig Schmerzen wird dies zwar bereiten, aber der wissenschaftlichen Wahrheitsfindung wird es auf jeden Fall nutzen. Und daran sollte uns doch allen gelegen sein.
Sebastian Lüning Co Autor von "De kalte Sonne"
zuerst erschienen bei "Die kalte Sonne"
Mit Dank an Rainer Hoffmann und Klaus-Eckhard Puls für Recherchehilfen.