Studie: Man braucht 10 Einheiten alternativer Elektrizität, um 1 Einheit Strom aus fossilen Treibstoffen auszugleichen
Bei der Konzentration auf die Technologie übersieht man das menschliche Verhalten, wenn es um die Klimaänderung geht.
Eine Studie zeigt, dass man 10 Einheiten alternativer Elektrizität braucht, um eine Einheit Strom aus fossilen Treibstoffen auszugleichen.
EUGENE, Oregon – Die Technologie allein wird nicht dabei helfen, die Welt von auf fossilen Treibstoffen basierenden Energiequellen wegzuführen, sagt der Soziologe Richard York von der University of Oregon. In einer gerade veröffentlichten Studie plädiert York für eine Änderung von politischen und ökonomischen Maßnahmen, um den Umstand, dass der weiter wachsende Energieverbrauch nicht nachhaltig ist, abzufedern.
Viele Nationen, einschließlich der Vereinigten Staaten, verfolgen aktiv technologische Vorteile, um den Verbrauch fossiler Treibstoffe zu reduzieren, um potentiell die menschlichen Beiträge zur Klimaänderung abzuschwächen. Das Vorgehen des IPCC nennt alternative Energiequellen – nuklear, Wind und solar – die den Verbrauch fossiler Treibstoffe eins zu eins ersetzen werden. Dieses Vorgehen, argumentiert York, ignoriert die „Komplexität menschlichen Verhaltens“.
Basierend auf einer vierschichtigen Studie des verbrauchten Stroms in 130 Ländern während 50 Jahren fand York, dass man mehr als 10 Einheiten aus nicht-fossilen Treibstoffen braucht – nuklear, Wasserkraft, Geothermie, Wind, Biomasse und solar – um eine einzelne Einheit fossil erzeugter Energie auszugleichen.
„Schaut man sich zum Beispiel das Wachstum der Kernkraft an, scheint sie die Wachstumsrate fossil erzeugter Energie nicht sehr stark zu beeinflussen“, sagte York, ein Professor im Fachbereich Soziologie und im Programm für Umweltstudien. Er präsentierte auch zwei Modelle des gesamten Energieverbrauchs. „Schauen wir uns den gesamten Energieverbrauch an, fanden wir einen geringfügig größeren Ausgleich, aber immer noch brauchte man bestenfalls vier oder fünf Einheiten nicht-fossiler Energie, um eine Einheit fossil erzeugter Energie auszugleichen“.
Für die Studie – die am 18. März im Journal Nature Climate Change veröffentlicht worden ist – analysierte York Indikatoren der Entwicklung in der Welt von der Weltbank. Um die Vielfalt der ökonomischen und demographischen Variablen sowie der Energiequellen zu überschauen, wurden die Daten sortiert und in sechs statistische Modelle eingegeben.
Zugegebenermaßen, sagt York, sind Energie erzeugende Technologien, die auf solar, Wind und Wellen basieren, relativ neu und könnten trotzdem mit fortschreitender Entwicklung brauchbare alternative Quellen abgeben.
„Ich sage im Prinzip nicht, dass wir den Ausgleich mit diesen neuen Technologien nicht schaffen, aber es ist interessant, dass dies bisher nicht der Fall war”, sagte York. „Eine Ursache für die scheinbar überraschenden Ergebnisse ist, dass wir als Gesellschaft dazu tendieren, Nachfrage als exogen ansehen, die nach Angeboten ruft, aber das Angebot erzeugt auch Nachfrage. Die Stromerzeugung erzeugt das Potential, diesen Strom auch zu verbrauchen, so dass neue Energietechnologien oft dazu führen, dass immer noch mehr Energie verbraucht wird“.
Weiter sagte er, dass im Zusammenhang hiermit die Entwicklung hoch effizienter Automotoren und energieeffizienter Haushalte einher gegangen ist. Diese Verbesserungen reduzierten den Energieverbrauch in mancher Hinsicht, gestatteten jedoch auch den Bau größerer Fahrzeuge und Häuser. Im Endergebnis hat sich dadurch der Gesamtenergieverbrauch oftmals nicht mit der zunehmenden Effizienz der Technologien dramatisch verringert
„Hinsichtlich politischer Maßnahmen der Regierung müssen wir an den sozialen Zusammenhang denken und nicht nur an die Technologie“, sagte York. „Wir müssen uns fragen, welche politischen und ökonomischen Faktoren einen wirklichen Ausgleich bewirken. Die bloße Entwicklung nicht-fossiler Quellen als solche tendiert nicht dazu, den Verbrauch fossiler Energie nennenswert zu reduzieren – jedenfalls nicht genug. Wir müssen eher daran denken, wie man den Verbrauch fossiler Energie zurückfährt, als mit immer neuen Technologien alleine aufzuwarten“.
„Diese Ergebnisse müssen Teil der nationalen Diskussion werden“, sagt Kimberly Andrews Espy, Vizepräsidentin für Forschung und Innovation an der University of Oregon. „Die Forschungsergebnisse der Sozialwissenschaften gehen im Gefüge staatlicher Politik oft verloren“, sagte sie. „Wenn wir wirklich die zukünftigen Herausforderungen an unsere Umwelt meistern wollen, müssen wir unsere eigenen Verhaltensweisen und Standpunkte mit einbeziehen“.
Übersetzt von Chris Frey EIKE