Der Meeresspiegel im Sumpf der Skandale
Niemand spricht das mit auch nur annähernd so viel Elan aus wie Mohammed Nasheed, Präsident der Malediven. Im Vorlauf zu dem Klimagipfel erklärte er, dass er „eine Inselnation führe, die unter den Wellen verschwinden könnte, wenn all diese Gespräche zum Klima nicht bald in Taten münden".
Seitdem er eine Unterwassersitzung seines Kabinetts geleitet hatte, war Nasheed unermüdlich bei der Sache, um andere tief liegende Nationen zu drängen, Ähnliches hervorzubringen. Er führte den Vorsitz solcher Nationen in Bangladesh, um Noten im Vorlauf von Durban aneinander anzupassen, und sie stimmten darin überein, ihre eigenen Kohlenstoffemissionen zu begrenzen.
Ban Ki-Moon, Führer der Vereinten Nationen, war erfreut – und sagte, dass es unfair sei, „von den Ärmsten und am meisten Verwundbarsten zu verlangen, allein die Hauptlast der Auswirkungen des Klimawandels zu ertragen“ und rief andere Länder auf, nach Zahlungen reicherer Länder zu verlangen, um Maßnahmen zur Anpassung zu finanzieren.
Ich könnte vielleicht helfen. Als jemand mit einiger Erfahrung auf diesem Gebiet kann ich den tief liegenden Ländern versichern, dass es sich hierbei um einen falschen Alarm handelt. Das Meer steigt nicht steil an. Ich habe viele der tief liegenden Gebiete während meiner 45-jährigen Laufbahn studiert, habe Daten zum Meeresspiegel aufgezeichnet und interpretiert.
Für Feldstudien war ich sechsmal auf die Malediven gereist; ich war in Bangladesh, dessen Umweltminister behauptet hatte, dass Überflutungen wegen des Klimawandels zu bedrohlichen 20 Millionen „ökologischer Flüchtlinge“ führen könnten. Ich habe sorgfältig die Daten des „untergehenden“ Tuvalu untersucht. Und ich kann berichten, dass diese Nationen zwar Probleme haben, aber keine Angst vor einem steigenden Meeresspiegel haben müssen.
Mein letztes Projekt führte mich auf eine Feldexpedition nach Indien an die Küste von Goa, um Beobachtungen mit archäologischen Informationen abzugleichen. Das Ergebnis ohne Umschweife: Es gibt keinen fortgesetzten Anstieg des Meeresspiegels!
Der Meeresspiegel war während der letzten 50 Jahre oder so stabil, nachdem er um 20 cm um das Jahr 1960 gefallen war; er lag im 18. Jahrhundert ein ganzes Stück unter dem heutigen Level und im 17. Jahrhundert etwa 50 bis 60 cm über dem heutigen Niveau. Daraus wird deutlich, dass Anstieg und Rückgang des Meeresspiegels völlig unabhängig von der sog. „Klimaänderung“ erfolgen.
Dies der Öffentlichkeit zu erklären kann sehr schwierig sein.
Es gibt so viele falsche Vorstellungen über den Meeresspiegel, wobei die Vorstellung, dass er über die ganze Welt konstant ist, nicht die geringste ist. Tatsächlich gibt es große Variationen – bis zu zwei Metern. (Anmerkung: dieser Wert von 2 m bezieht sich auf die dynamische Oberffäche in Bezug auf die (statische) Geoid Oberfläche*)
Die Differenz von 180 m gilt für die Oberfläche des Geoids unter Berücksichtigung der theoretischen Oberfläche der Hydrosphäre. Man muss nicht an eine konstante Meeresoberfläche denken, sondern an eine imaginäre Badewanne, in der das Wasser vor- und zurückschwappt. Dies ist ein dynamischer Prozess.
Im Jahre 900 beispielsweise lag der Meeresspiegel in Tansania hoch und in Peru niedrig; ein Jahrhundert später ist es genau umgekehrt. Oft wird auch vergessen, dass zwar Meeresspiegel steigen und fallen können („Eustatik“), dass aber auch Landmassen selbst steigen und fallen können („Isostasie“).
Heute ist alles, worüber die Welt redet, der Meeresspiegel – weil es zufällig mit der Mär des IPCC über schmelzende Eisschilde, verschwindende Gletscher und anthropogener globaler Erwärmung zusammenfällt. Dies führt zu Verwirrung, wenn es um Fälle wie Bangladesh geht, dessen Misere genau das Gegenteil von dem ist, was Umweltaktivisten und das IPCC behaupten.
Bangladesh leidet wegen des Regens im Himalaya. Das hat nichts mit dem Meer zu tun. Es leidet auch unter den Wirbelstürmen, die das Wasser landeinwärts treiben.
Auch das hat nichts mit dem Meer zu tun. Bangladesh leidet, weil die Hälfte seiner Landmasse weniger als acht Meter über dem Meeresspiegel liegt – was eine hohe Anfälligkeit für küstennahe Überflutungen zur Folge hat. Aber es war immer das Schicksal von Deltagebieten: Es hat wenig, wenn überhaupt, mit dem „Klimawandel“ zu tun.
Vor zwei Jahren besuchte ich das Gebiet mit dem Delta des Sundarban-Flusses und konnte klare Beweise für die küstennahe Erosion beobachten, aber keinen Anstieg des Meeresspiegels. Tatsächlich war er 40 bis 50 Jahre lang stabil. Eine Möglichkeit, dies zu belegen, besteht darin, die Mangroven zu untersuchen, deren horizontale Wurzelsysteme heute als Folge der Erosion etwa 80 cm über dem Schlick liegen.
Aber im vierten Zustandsbericht des IPCC (2007) steht das ganz anders: „Selbst unter dem konservativsten Szenario wird der Meeresspiegel am Ende des 21. Jahrhunderts 40 cm höher liegen als heute, und es wird erwartet, dass dies zu einer Steigerung der jährlichen Anzahl von Menschen, die aus überfluteten küstennahen Gebieten fliehen müssen, von 13 Millionen auf 94 Millionen steigt. Fast 60% dieser Zunahme wird es in Südasien geben“.
Das ist Unsinn! Die wirklichen Experten bzgl. des Meeresspiegels finden sich in der Kommission der International Union for Quaternary Reseach (INQUA), die sich mit Änderungen des Meeresspiegels und der Evolution von Küsten befasst, und nicht beim IPCC. Unsere Forschungen sind das, was die Klimalobby eine „unbequeme Wahrheit“ nennen könnte: sie zeigen, dass der Meeresspiegel während der letzten drei Jahrhunderte um einen Wert oszilliert hat, wie er dem heutigen entspricht.
Dies liegt nicht an schmelzenden Gletschern: Der Meeresspiegel wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst, zum Beispiel durch die Geschwindigkeit, mit der die Erde rotiert. Er stieg in der Größenordnung 10 bis 11 cm zwischen 1850 und 1940. Dann kam der Anstieg zum Stillstand, oder er fiel sogar ein wenig um 1970. Seitdem ist er im Wesentlichen gleich geblieben.
Also muss jedes der Probleme, die mit dem „steigenden Meeresspiegel“ in Zusammenhang gebracht werden, das Ergebnis anderer, lokaler Faktoren oder grundlegender Fehlinterpretation sein. In Bangladesh beispielsweise wurde die zunehmende Versalzung der Flüsse tatsächlich durch Dammbauten im Ganges hervorgerufen, die den Zufluss frischen Wassers behindert haben.
Der Vierte Zustandsbericht des IPCC behauptet, dass es „starke Beweise“ dafür gibt, dass der Meeresspiegel während der letzten Jahrzehnte gestiegen ist. Er geht sogar so weit zu behaupten: „Satellitenbeobachtungen, verfügbar seit den neunziger Jahren, stellen genauere Daten zum Meeresspiegel zur Verfügung… Diese Jahrzehnte lange Satellitenaufzeichnung zeigt, dass der Meeresspiegel seit 1993 mit einer Rate von rund 3 mm pro Jahr gestiegen ist, also signifikant stärker als im Mittel des vorigen halben Jahrhunderts“.
Fast jedes Wort davon ist unwahr. Satellitenbeobachtung ist eine wundervolle und vitale neue Technik, die eine Rekonstruktion von Änderungen des Meeresspiegels auf der gesamten Ozeanoberfläche erlaubt. Aber sie wurde vom IPCC für politische Ziele gekidnappt und verbogen.
Im Jahre 2003 wurde die Satellitenmessung auf mysteriöse Weise nach oben korrigiert, um einen plötzlichen Anstieg um 2,3 mm pro Jahr zu erhalten. Als ich diese falsche Anpassung auf einer Konferenz zur globalen Erwärmung in Moskau kritisiert habe, gab ein britisches Mitglied der IPCC-Delegation öffentlich als Grund für diese neue Kalibrierung zu: „Wir mussten das tun, sonst hätte sich kein Trend ergeben“.
Dies ist ein Skandal, den man „Meeresspiegel-gate“ nennen sollte.
Prof. Dr. Nils-Axel Mörner
* Die oft genannten 180 m Differenz bezieht sich auf die Geoid Oberfläche in Bezug auf die theoretische Oberfläche der Hydrosphäre.
Der Autor war Leiter von paleogeophysics and geodynamics at Stockholm University und Präsident der INQUA-Kommission zu Änderungen des Meeresspiegels und der Entwicklung küstennaher Gebiete.
Übersetzt von Chris Frey für EIKE