Wie ticken manche Journalisten ? Teil 2
Nüchtern betrachtet waren meine Versuche, so etwas als Unfug zu entlarven, wohl zwecklos. Wenn Antworten kamen, waren sie ähnlich wie die von Herrn Schrader. In letzter Zeit hat sich die Hysterie mehr auf das Gebiet "dramatische Zunahme der Extremwetterereignisse" verlegt – hier kann jeder aus tiefstem Herzen bekennen, "Ja, ich finde, es wird alles immer schlimmer!", ohne dass jemand noch etwas dagegen einwenden kann, z.B. dass nichts so subjektiv u. nicht-wissenschaftlich ist wie das Reden über Anmutungen, die das Wetter in mir auslöst! Wo doch die Klimawissenschaft (genauer gesagt, ein ganz bestimmter Teil von ihr) diesen Anmutungen eine "wissenschaftliche Basis" gibt, und die Wetternachrichten sind ja auch ganz in diesem Sinne! Also MUSS es doch stimmen. Mir fällt da wirklich nur noch die Metapher vom Kampf gegen Windmühlenflügel ein. Kaum ist der erste vorüber, kommt schon der nächste. Eigentlich scheint es völlig sinnlos zu sein.
Ich habe mich leider mit den falschen Wissenschaftlern abgegeben, z.B. dem Lehrbuchautor Helmut Kraus (der nur "leider", wie Rahmstorf einwenden könnte, bereits pensioniert ist und "daher" kein glaubwürdiger Wissenschaftler mehr sein kann, wie so viele aus dem Bereich der Skeptiker: das sind doch alles senile Spinner, nicht wahr!). Kraus – kein Gegner der Treibhaustheorie übrigens, wie sein Meteorologie-Lehrbuch zeigt – kann zum Thema "Extremwetter" nur immer wieder dies sagen: ein Beleg für die Zunahme verschiedener Arten solcher Extreme (Kraus spezifiziert sie, etwa Hitze- u. Kältewellen, Sturmfluten, Tornados u.a.) konnte bisher nicht erbracht werden! Das Seltsame ist, dass AGW-Anhänger auf eine so beschaffene Aussage eines solchen, echten Experten nur in einem Modus reagieren können: gar nicht! Warum? Hier liegt eine Problematik zugrunde, die man einmal klar benennen muss: die meisten AGW-Anhänger sprechen von etwas, was sie für bereits existierende, sich abspielende Realität halten — in Wirklichkeit haben sie aber das im Sinn, was ihnen eingetrichtert wurde als ZUKUNFT der Klimaentwicklung im 21. Jh. Also die Ergebnisse der zahllosen computergestützten Klimasimulationen. Wenn nun etwas Außerordentliches geschieht, etwa das paradoxe Nebeneinander von Dauerhitze und sintflutartigen Regenfällen über denselben nördlichen Breiten im Juli-Aug 2010, dann sagen sie sich: "Das ist, das KANN DOCH NUR ein Beweis dafür sein, dass die Klimasimulationen richtig sind: die zerstörerischen Wetterextreme nehmen immer mehr zu!" (Und genau so war die Presse damals!) Dass das IPCC im vorvorigen Bericht noch in aller Deutlichkeit eingeräumt hat, dass simulierte "Prognosen" (Szenarien) des Klimas UNMÖGLICH sind, weil es sich um ein gekoppeltes Geflecht nicht-linearer Prozesse handelt, wissen diese selben Menschen nicht! Die Schuld an dieser Diskrepanz muss man wohl dem IPCC und den selbsternannten Klimapolitikern (und im gleichen Sinne agitierenden NGOs) geben. So kommt es dazu, dass Millionen daran glauben, dass diese Simulationen "uns die Zukunft voraussagen". Und von diesem Glauben sind auch Wissenschaftsjournalisten nicht ausgeschlossen; nein, sie sind die "Speerspitze". Als ich im August 2010 zu diesem eben genannten Ereignis auf der Nordhalbkugel recherchierte (für Europa hat sich die Benennung "V b-Lage" – Fünf-Be – eingebürgert, nach einer Klassifikation der Zugbahnen von Zyklonen über Europa durch Jacob van Bebber, sie tritt bei Blockadesituationen des Jetstreamverlaufs auf), stieß ich auf eine neue Arbeit von Michael Lockwood: er hat über mehrere Jahrhunderte die Verteilung von Vb-Lagen untersucht, und stieß darauf, dass sie dann gehäuft auftraten, wenn sich die Sonne in einem Aktivitätsminimum befand. Übersetzt in "Erdklima" heißt das: in Kühleperioden! Anm.: Lockwood ist meines Wissens KEIN Skeptiker oder AGW-Begner, vermutlich ist er einfach das, was es braucht: einen sorgfältigen Wissenschaftler. Sein Thema ist die Sonnenaktivität.
Glauben Sie, auch nur eine einzige Zeitschrift hätte dieses Ergebnis zitiert? Nein. Stattdessen "wussten" alle bereits, dass diese für Russland u. Pakistan katastrophale Blockadelage ein weiterer Beweis sei für den sich verschlimmernden Klimawandel. Dass ein Einzelereignis so niemals als Beweis herangezogen werden kann, ist den Kommentatoren ebenfalls nicht bekannt. Dazu hätte man erst einmal zeigen müssen, dass solche V b-Lagen zugenommen haben (die letzte war 2002, das berüchtigte Elbehochwasser). Und dann hätte man vor der unangenehmen Überlegung gestanden, diese Häufung möglicherweise als Indiz — abnehmender Temperaturen im letzten Jahrzehnt zu deuten…
Folgender Punkt ist mir sehr wichtig: die AGW-Überzeugten sprechen von etwas, von dem sie gar nicht genau wissen, wie es zustandekam und worauf es sich bezieht — sie vertauschen eine mögliche (aber nicht vorhersagbare) Zukunft mit der Gegenwart. Wenn aber alle denselben Fehler machen, dann — passiert gar nichts. (Was allerdings die schlimmsten Befürchtungen bestärkt, dass es sich hier um eine ausgewachsene Ideologie mit weltweit Abermillionen von Anhängern handelt, die ein bisschen das Potenzial zum Totalitarismus birgt, schon allein in der größenwahnsinnigen Behauptung, wir könnten "das Klima retten" mit einer einzigen Methode, "der Reduzierung des Klimagiftes CO2".)
Für die Computersimulationen werden weltweit sicherlich Milliardenbeträge ausgegeben; was kostet allein schon ein solcher "Klimarechner" (sein Stromverbrauch entspricht einer Kleinstadt), und natürlich müssen die Wissenschaftler, die solche Geräte in ihrem Institut betreiben, auch Bestandsschutz üben! Sie werden sich nicht ins eigene Fleisch schneiden und irgendeiner Form von "Skeptizismus" Raum geben.- Bei den Millionen "Kunden" der Klima(Hiobs)botschaften durch alle Medien geht es dagegen sehr wesentlich um Ängste, die sich in einer Art "selffulfilling"-Zirkel aufrechterhalten.
Welch skurrile Formen so etwas annehmen kann, das zeigte eine Erfahrung, die ich 2005 machen musste – ich hatte damals angefangen, kritisch, "zur Vorsicht mahnend" über das damals sich in den Mittelpunkt drängende Thema "anthropogener Klimawandel durch CO2" zu schreiben — das wurde sogar veröffentlicht (hier möchte ich ein Lob für die Zeitschriften aussprechen, die das ermöglichten, z.B. die möglicherweise wenig bekannte anthroposophische Zeitschrift "Das Goetheanum". Ja, gerade die brachte solche Aufsätze, die nicht stromlinienförmig waren wie etwa im SPIEGEL zum damaligen Zeitpunkt — der damals sogar den "Hockeystick" als Beweis für die Klimakatastrophe abbildete). Als Reaktion auf einen Artikel erhielt ich 2005 einen erbosten Brief eines Lesers (und noch weitere…), der sich über meine "Verharmlosungen" empörte u. mir einen Ausriss aus der Süddeutschen mitschickte, als "Beweis", dass ich im Irrtum sei — um mich aufzuklären über das, was wirklich stattfindet. Hierbei handelte es sich um den Bericht über eine Computersimulation, deren Ergebnis den Lesern sofort brühheiß weitergegeben wurde: Es sei möglich, dass sich die Erde im bevorstehenden Jahrhundert möglicherweise sogar um 11° erwärmen könnte! Was mein Kritiker nicht machte, und was ich nachholte: ich las den Aufsatz im englischen Original (wenn meine Erinnerung nicht trügt, war es aus Nature) — und mir fiel die Kinnlade runter. Es wurde klar, um welche Art von "Prognose" es sich handelte: man hatte ein Klimaprogramm, das auf einem Home-PC laufen kann (!), an Freiwillige verteilt, um möglichst viele parallele Durchläufe zu gewinnen, aus denen dann die Bandbreite der Klimasensitivität bei einer CO2-Verdoppelung abgelesen werden konnte –: die Ergebnisse umspannten dabei negative Werte (wo es also kühler werden würde) bis zu extremster Erwärmung, eben von +11° (die Wissenschaftler hatten "selbstverständlich" die negativen Beispiele von vorneherein als "unbrauchbar" ausgesondert!). Die Details erinnere ich nicht mehr präzise, aber um die geht es mir auch nicht, sondern um den soziologischen Mechanismus, der sich hier exemplarisch vollzog: eine Autorität (Wissenschaftler) wird gedankenlos durch eine zweite Autorität ("Wissenschaftsredakteur") vereinfacht und "verständlich" an den begierigen Leser vermittelt — schon der Journalist hatte sich nicht die Arbeit gemacht, den Originalaufsatz GENAU zu lesen, sondern sich nur die besonders sensationell klingenden Aussagen herausgepickt. Das rezipiert nun ein Leser, der nicht weiter nachdenkt und -fragt, aber seinerseits von einer zunehmenden Angst getrieben ist, "dass wir Menschen das Klima kaputtmachen". Da das, was er zu lesen bekam, diese Angst bestätigte, war jedes weitere Nachdenken u. Fragen überflüssig, ja, sogar unmoralisch, weil es ja sofortiges Handeln nur verzögerte!
Das war eine meiner ersten drastischen Erfahrungen mit der "Kompetenz" und Glaubwürdigkeit von Journalisten, die in führenden Zeitschriften über das Klimathema schrieben und schreiben — zahllose weitere Beispiele sollten folgen: zum Eisbären, zu Bangladesch, zu den Hurrikans usw. usw. Immer dasselbe, die nie ruhende Windmühle. Eine umfassende Recherche hat beim Redakteur nicht stattgefunden, und was ich noch schlimmer finde: die eigenen Aussagen wurden häufig nicht einmal auf LOGIK überprüft. Inzwischen bin ich der Meinung, dass es den investigativen Journalismus auf diesem Felde NICHT MEHR GIBT, oder: nie gegeben hat. Was diese Menschen dennoch immunisiert gegen Kritik, scheint mir zum einen einfach Arroganz zu sein — und das Bewusstsein, "dem Guten zu dienen", wenn man über Klimapolitik schreibt und den Alarmismus ordentlich anfeuert.
Unverkennbare Arroganz zeigt sich in einem Satz von Herrn Schrader, den ich am Schluss zitieren möchte, weil er mich so empört hat, dass ich diesen Blogbeitrag geschrieben habe:
Nach Ansicht von Herrn Schrader von der Südddeutschen könne es "so etwas wie einen Aufklärungsanspruch des Lesers gegenüber den Redakteuren nicht geben." Damit hat er sich selbst zur unanfechtbaren Autorität erhoben. Leser sind für ihn offenbar zu dumm, sie sollen einfach lesen, was da steht, es wie das Evangelium verinnerlichen und still sein. Dass sich in seiner Leserschaft auch Wissenschaftler finden könnten, die ein dringendes, nämlich in der Sache begründetes Bedürfnis nach "Aufklärung gegenüber einem Redakteur" haben könnten, auf die Idee ist er gar nicht gekommen. Damit hat er meine persönlichen "Qualitätsmaßstäbe" für ernstzunehmenden Wissenschaftsjournalismus völlig verfehlt. Zum Glück muss ich jetzt nicht ein Abo kündigen, ich war ja schon seit 2005 auf Distanz gegangen.
Michael Kalisch, Diplom Biologe und freier wissenschaftlicher Autor