Grün sein – grün scheinen
Das Elektrofahrzeug von Christian Friis Bach schaffte es nicht, die 30 Kilometer von seinem Haus bis zum Schloss zurückzulegen, ohne dass ihm der Strom ausgegangen war. Also packte er sein Minifahrzeug in einen Hänger, den er an seinen benzingetriebenen Citroën ankoppelte. So legte er drei Viertel der Entfernung zurück und wechselte in sein Minifahrzeug, sobald er in die Nähe der Fernsehkameras gelangte. Dieses Verhalten erzeugte mehr Kohlendioxid als wenn er von vornherein mit einem regulären Auto ohne Hänger die gesamte Strecke zurückgelegt hätte.
Unglücklicherweise ist das kein Einzelfall. Unter der Labourregierung in UK 2006 zog der Vorsitzende der Konservativen, David Cameron, Aufmerksamkeit auf sich, als er seine “grünen” Überzeugungen darstellte und mit dem Fahrrad zur Arbeit kam; aber das ging gründlich ins Auge, als sich herausstellte, dass ihm seine Aktentasche in einem ihm folgenden Auto hinterher getragen worden ist.
Aber die Scheinheiligkeit in Umweltdingen in der gegenwärtigen Politik geht viel tiefer als Gelegenheiten für Photografien. In Dänemark ebenso wie in der gesamten entwickelten Welt versprechen die Politiker, die finanzielle Schieflage zu beseitigen, indem sie die Transition zu einer grüneren Wirtschaft durchführen. In den USA wirbt Präsident Obama für “grüne Jobs”. Die australische Premierministerin Julia Gillard hat eine Kohlenstoffsteuer eingeführt, um “wirtschaftliches Wachstum ohne zusätzliche CO2-Emissionen zu ermöglichen”. Und David Cameron wurde wegen seines Versprechens, die “grünste jemals dagewesene Regierung” zu führen gewählt.
Dänemark bietet sich als nützlicher Testkandidat an, um zu sehen, ob die von diesen Führern bevorzugte Politik wirklich die wirtschaftlichen und umweltlichen Vorteile zeitigt, die sie versprechen. Einig mit dem internationalen Enthusiasmus für Investitionen in grüne Energie plant die dänische Regierung, die Windenergie bis zum Jahr 2020 erheblich auszubauen. Das ist eine wichtige Geste, aber da das Land Teil des Zertifikatehandels der EU ist, bedeutet es absolut nichts für die globalen CO2-Emissionen. Es macht einfach die Kohleenergie in anderen EU-Ländern billiger.
Tatsächlich werden kostspielige Beschneidungen der CO2-Emissionen in Dänemark und anderswo vermutlich zu einer Verlagerung der CO2-Emissionen in Länder mit weniger strengen Auflagen führen wie z. B. China (wo die Produktion weniger klimaeffizient ist) und folglich alles in allem zu einer Zunahme der globalen Emissionen. Die EU hat ihre Emissionen seit 1990 reduziert, aber gleichzeitig immer mehr Waren aus China importiert. Das zu deren Produktion emittierte CO2 allein hat diese Reduktionen mehr als kompensiert.
Nun kann man argumentieren, dass wir zu einem umfassenden Abkommen nach Art von Kyoto kommen müssen, um die Emissionen global zu kappen. Aber wie wir bei der Farce des Klimagipfels von Kopenhagen gesehen haben, ist es unmöglich, ein solches Abkommen zu erreichen. Niemand erwartet dergleichen vom nächsten Klimagipfel in Durban, Südafrika, und das mit gutem Grund: selbst mit den Demokraten im Weißen Haus und dem von ihnen kontrollierten Kongress ist es den USA nicht gelungen, ein Übereinkommen zur Klimaänderung zu erreichen, während sich entwickelnde Ökonomien, angeführt von China und Indien, unwillig sind, Maßnahmen einzuführen, die zu einer Drosselung ihres Wachstums führen.
Dänische Politiker – ebenso wie Politiker anderswo – behaupten, dass eine grüne Wirtschaft nichts kosten werde oder sogar eine Quelle neuen Wachstums sein könnte. Unglücklicherweise stimmt dies nicht. Global gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen höheren Wachstumsraten und höherem CO2-Ausstoß. Mehr noch, nahezu jede grüne Energiequelle ist immer noch teurer als fossile Treibstoffe, selbst wenn man die Kosten der Verschmutzung mit einbezieht. Wir verbrennen fossile Treibstoffe nicht, nur um Umweltaktivisten zu verärgern. Wir verbrennen sie, weil fossile Treibstoffe fast alle materiellen Fortschritte ermöglicht haben, die die Zivilisation während der letzten paar hundert Jahre erreicht hat.
Politiker in Dänemark und anderswo tun so, als ob dieses nicht länger gültig wäre: Eine Transition zu einer grünen Ökonomie wird Millionen neuer “grüner Arbeitsplätze” schaffen. Aber, während die Subventionen für die grüne Energie mehr Arbeitsplätze im Bereich grüner Wirtschaft erzeugen, vernichten sie ähnlich viele Arbeitsplätze in anderen Bereichen. Dies ist keine Überraschung: Entweder die Verbraucher oder die Steuerzahler müssen für diese Subventionen aufkommen. Die Strompreise werden steigen, was die Schaffung von Arbeitsplätzen im Privatbereich behindert. Wenn es das Ziel ist, neue Arbeitsplätze zu schaffen, erzeugen die öffentlichen Investitionen in anderen Bereichen – wie z. B. der Gesundheitsvorsorge – stärkeres und schnelleres Beschäftigungswachstum.*
Langer Rede kurzer Sinn, jahrelang haben dänische Politiker darauf bestanden, der Welt größten Hersteller von Windturbinen, Vestas, mit Basis in Dänemark zu subventionieren, und zwar mit dem Argument, dass Dänemark nur gewinnen kann, wenn andere Länder die dänische Windparktechnologie subventionieren. Aber als der dänische Economic Council [Wirtschaftsrat] die Situation im Jahre 2004 untersucht hatte, kam er zu dem Ergebnis, dass das Land durch den Aufwand an Subventionen alles in allem Geld verloren habe. Noch ernster ist, dass in den heutigen Zeiten angespannter Finanzen die Solar- und Windindustrie ihre Produktion in teuren Ländern zurückfährt und die Beschäftigung in weniger teure Ökonomien verlagert. Im vorigen Jahr hat Vestas in Schweden und Dänemark 3000 Beschäftigte entlassen.
Viele Politiker lassen sich gerne zu Gelegenheiten für Photos ziehen, ebenso wie zu pathetischer Rhetorik über die „Schaffung einer grünen Wirtschaft“. Unglücklicherweise helfen die derzeitigen politischen Maßnahmen weder der Wirtschaft noch der Umwelt. Viel mehr werden sie vermutlich zu noch größeren Emissionen in China führen, zu mehr Auslagerungen nach Indien und niedrigeren Wachstumsraten für die guten Absichten „grüner“ Länder.
Björn Lomborg ist Autor der Bücher „The Skeptical Environmentalist“ und „Cool It“, Leiter des Copenhagen Consensus Center sowie Zusatzprofessor an der Copenhagen Business School.
Copyright: Project Syndicate, 2011.
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Übersetzt von Chris Frey für EIKE