Es gibt ihn-Inhärent sicherer Kernreaktor: “Die Technik der Hochtemperaturreaktoren”
Vor allem wird der 2malige Test-Supergau beschrieben, zum Nachweis, daß mit einem HTR keine "Kernschmelze" möglich ist. Mit diesen Erfahrungen wurde der Konzeptvorschlag eines neuen HTR erarbeitet, bei dem nichts "strahlendes" mehr das KKW- Betriebsgelände verlassen muß. Auch die Endlagerung und Behandlung aller "strahlenden" Teile ist damit konstruktiv lösbar.
Vortrag von Dr. U. Cleve gehalten am 15.7.2011
Die Technik der Hochtemperaturreaktoren. Kolloquium an der RWTH Aachen.
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Gudenau, liebe Studentinnen/en und Studierende, meine sehr verehrten Damen und Herren,
einige werden sich über das Thema wundern, wurde doch gerade erst die KKW-Technik in Deutschland abgeschafft. Aber außer der BRD tut das kein Land in der Welt, deshalb können wir auch international weiter arbeiten.
Preiswerte und vor allem sichere Energie ist die Grundlage zum Betrieb auch aller Werke der Eisen- und Stahlindustriem, sowie aller Werke mit hohem Strombedarf. Kernkraftwerke werden sich weltweit hierzu als unverzichtbar erweisen. Leider habe ich nur eine sehr kurze Vortragszeit. Ich habe zahlreiche Vorträge in den letzten Monaten über dieses Thema gehalten, zuletzt auf Einladung des EU-FZ-Petten bei einem Internationalen Kongress in Nizza. Erlauben Sie mir daher bitte, daß ich heute nur kurze „Statements“ vortrage. Ich erwähne nichts, was ich nicht schon veröffentlicht habe, mit detaillierter Erläuterung.
Kurz zu meiner Person:
1964 übernahm ich die Leitung der Hauptabteilung Technik der BBC/Krupp Reaktorbau GmbH. Prof.Dr. Schulten ging als Professor zur KFA Jülich. Ich frug meinen Vorstand warum ich das machen solle, ich verstände doch davon überhaupt nichts. Er meinte nur, ich sei noch jung genug, um etwas dazu zu lernen. Meine Verantwortung war Konstruktion, Bauleitung, Prüfungen, E-Technik und Inbetriebnahme des AVR. Beim THTR habe ich an der Erstellung der ersten baureifen Unterlagen mitgewirkt.
2008, nach 40 Jahren, in denen ich mich mit dieser Technik nicht mehr befaßt hatte, wurde ich zunächst von der KTG, später auch von Minister Prof. Dr.Pinkwart und Frau Bundesministerin Prof. Dr. Schavan gebeten, meine Erfahrungen zusammenzufassen, als letzter noch Lebender aus der oberen Führung von ehemals BBC/Krupp. Das habe ich jetzt vollendet, alles ist veröffentlicht. Es hat mich viele hundert Stunden an Arbeit gekostet, aber es hat Spaß gemacht. Dies ist also praktisch mein kurzgefaßter Abschlußbericht.
Nun meine Statements, zunächst zum AVR:
– Prof.Dr. Schulten erdachte den HTR – Kugelhaufenreaktor mit den Grundlagen Kugelförmiges BE; He als Kühlgas; Uran und Thorium als Brennstoffe; Grafit als Kugel- und Core-Werkstoff und Moderator; Hohe Betriebstemperaturen von 850grd später sogar 950 grd. C; ein integriertes geschlossenes Kühlgassystem;
– Es waren geradezu visionäre Überlegungen aus den 50iger Jahren, die zum Erfolg dieser Technik führten. Alle diese Grundlagen sind auch heute noch uneingeschränkt gültig. Schulten war ein Vordenker, dessen Leistung eigentlich nur mit der von Wernher von Braun vergleichbar ist.
– Diese Prämissen waren die Grundlage zum Ziel eines „katastrophenfreien“ KKW.
– Mit dem AVR wurde der „Supergau“ zweimal erprobt, erstmals 1967. Es war der weltweit erste „Testgau“. Alle Sicherheitseinrichtungen wurden blockiert, die gesamte Anlage stromlos gemacht, also im Prinzip der gleiche Zustand wie in Fukushima 2011. Tschernobyl hatte völlig andere Ursachen.
– Nichts passierte, der Reaktor ging von alleine aus. Er ist damit der weltweit einzige Reaktor, bei dem ein „Test-Supergau“ zweimal erfolgreich durchgeführt worden ist. Mit keinem anderen KKW-Typ hat man das gewagt, es wäre auch nicht gut gegangen.
– Mit Grundlage für diesen Erfolg war vor allem auch die erfolgreiche Entwicklung der „coated particles“ in großartiger internationaler Zusammenarbeit mir maßgeblicher finanzieller Unterstützung des BMFT. In einer BE-Kugel sind etwa 15.000 „CP“ eingelagert.
– Die dreifache Beschichtung der nur 0,9 mm großen Partikel verhindert den Durchtritt von Spaltprodukten bis etwa 1.600 grdC.
– Dadurch sank die Primärgas- Radioaktivität von zunächst geplanten 10 hoch 7 Curie auf auf nur noch 360 Curie.
– Bei Bruch eines BE erhöhte sich die Primärgasaktivität nicht, da die Coated Particles zu hart sind.
– Die Kugel-BE haben sich als die besten und sichersten BE aller bisher bekannter Kernkraftwerke erwiesen.
– Erstmals kritisch wurde der Reaktor am 28. August 1966. Am 18. Dezember 1966 wurde erstmals Strom erzeugt.
– In 22 erfolgreichen Betriebsjahren gab es nur eine Störung nach Iness 1 „Abweichung vom Normalbetrieb“. Von mehreren tausend Schweißnähten im Dampferzeuger wurde eine undicht. Die erhöhte Feuchte wurde gemessen. Wie vorausgeplant und in der Betriebsanweisung, Betriebsgenehmigung und dem Sicherheitsbericht beschrieben, wurde der Reaktor kaltgefahren. Dann wurde durch Abdrücken der 4 getrennten Systeme der undichte Strang gefunden, abgedichtet, das eingedrungene Wasser entfernt, und die Anlage problemlos weitere 11 Jahre betrieben.
– Trotz der vollständig neuen Konstruktionen für alle weiteren Komponenten ist keine größere Störung mehr eingetreten. Schwierigkeiten und Reparaturen bei einzelnen Komponenten konnten z. T. während des laufenden Betriebes behoben werden. Alle „Ereignisse“ wurde nach Iness „0“ – „Keine oder nur sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung“- bewertet.
– Herausragend war die Funktion des Brennelementekreislaufs. /Abb. 5/Nur 220 BE sind in 22 Betriebsjahren gebrochen. Gefördert wurden 2.400.000 Elemente, eine Bruchrate von nur 0,0092%.
– Die Grafiteinbauten, ursprünglich wegen fehlender Erfahrung als besonders kritisch angesehen, blieben stabil und haben sich ausgezeichnet bewährt.
– Es gab keine „Strahlenunfall“, weder im Betrieb, vor allem aber nicht „nach außen“.
– Der Reaktor erfüllte vor allem auch seine Aufgabe als international genutzter Reaktor zur Erprobung und Weiterentwicklung verschiedener Brennelemente hervorragend.
– Trotz der Arbeit als Versuchsreaktor erreichte er eine durchschnittlich Verfügbarkeit von 66,4 % , im Jahre 1976 sogar 92%. Dies war sicher ein Weltrekord für eine in allen Details völlig neu konstruierte Kraftwerksanlage.
– Der Betrieb des AVR war damit eine wohl einmalige Erfolgsgeschichte. Er wurde am 31.12.1988 auf Weisung der Landesregierung stillgelegt, obwohl zahlreiche BE-Erprobungen aus verschiedenen Ländern noch durchgefürt werden sollten………..
den ganzen Vortrag können Sie hier abrufen
………Das neu erarbeitete HTR-Konzept, basierend auf den positiven und negativen Erfahrungen mit AVR und THTR, sieht wie folgt aus, erstmals vorgetragen in Varel bei der KTG am 27. März 2010, veröffentlicht jetzt in atw 6/2011 und in Nizza beim ICAPP am 3.5.2011.
– Kugelförmige Brennelemente, diese sind den „Stäben“ weit überlegen, aber auch allen anderen BE-Konstruktionen.
– Spannbetonbehälter, aus Sicherheitsgründen./Abb. 6/
– Ringcore, also die Konstruktion, die ich 1967 als Alternative zu den „Stäben ins Kugelbett“ vorgeschlagen hatte.
– Abschalt- und Regelstäbe in den Grafiteinbauten, wir wissen heute, daß dies problemlos geht.
– He-He-Wärmetauscher anstelle des Dampferzeugers innerhalb des Primärgassystems.
– Gebäude mit der Möglichkeit, das gesamte Primärgasvolumen aufzufangen, so daß nichts nach außen dringen kann.
– Schnellabzug von Brennelementen.
– Großer, erdbebensicherer,gas- und wasserdichter Betonunterbau.
– Dort Platz zur Dekontamination defekter Komponenten, deren Reparatur und Lagerung; Lager für abgebrannte Brennelemente.
Dann wird nichts „strahlendes“ mehr das KKW verlassen. Alles geschieht in der Anlage. Die frischen BE könnte man in der Aktentasche ins KKW tragen. Castor-Transporte entfallen bei BE, die im Reaktor vollständig abgebrannt werden.
Damit ist die Konstruktion eines katastrophenfreien KKW ohne jegliche Gefährdung der Umwelt möglich. Ebenso der sichere Einschluß bei Betriebsende, also keine Kosten für Endlagerung irgendwo, wohin man noch nicht weiß.
Das klingt alles so einfach, ist es aber gar nicht. Der Weg dorthin ist und war steinig, viel steiniger und schwerer als man zu glauben vermag. Viel Rückschläge und Pannen waren zu verkraften. Ich wollte einmal „die Brocken hinschmeißen“, ich sagte meinem BBC-Vorstand, was ich denn nun machen solle, Kosten und Termine einhalten oder „einen Reaktor bauen, der läuft“, beides ginge nicht. Er lächelte nur und sagte, „doch beides“.
Auch international gab es schwere Rückschläge. So wurde in SA zu spät erkannt, daß der PMBR, ein KKW, in dem eine mit Primärgas-He zu betreibende HE- Gasturbine sicherheitstechnsich nicht geht. Dieses Konzept war bei BBC/Krupp schon 1967 in einer AR-Sitzung als sicherheitstechnisch nicht realisierbar eingeschätzt worden.
Ob der neue 450 MWth- Reaktor in China in Betrieb gehen wird, weiß ich auch nicht. Ich bin skeptisch. Er hat m.E. größere Schwachstellen. Meine Vortragskonkurrenten aus China sind beim ICAPP nicht erschienen, ich hatte mich als alter „Leistungssportler“ auf diesen „Wettkampf“ eigentlich gefreut. Von den von mir vorerwähnten 9 wesentlichen Konstruktionskriterien erfüllt er nur 2 bis 4.
Die ingenieurtechnische Umsetzung der Schultenschen Visionen war langwierig und kompliziert. Aber dieses neue Konzept ist nach meiner Einschätzung das richtige Konzept, mit dem seine Visionen erfüllt werden können, alle anderen, weltweit in 40 Jahren erdachte Lösungen erfüllen nicht alle Kriterien , die ich mir bei der Planung eines nach außen absolut störungssicheren KKW gestellt habe.
Ich bin mir sehr sicher, daß für alle genannten Kriterien die erforderlichen Erfahrungen für Berechnung und Konstruktion vorliegen und auch alles planungstechnisch gut zusammengefügt werden kann.
Alle, ich betone alle, Sicherheitskriterien, die für Wasserreaktoren gestellt werden, sind einhaltbar. Ja man könnte sogar darüber hinausgehen. Alles ist detailliert in den atw 12/2009 und 6/2011 beschrieben.
Vielen Dank, daß Sie mir so geduldig zugehört haben.
Dr. Urban Cleve