Der politische IPCC Prozess! Die Richtung der positiven Rückkopplung umkehren!

EINLEITUNG

Zur Einleitung einer Podiumsdiskussion mit Andy Revkin und Roger Pielke Jr. zum Thema "Jen­seits von ClimateGate " an der Purdue University ging es um drei Fragen:

(1) Sind Wissenschaftler allzu politisch geworden bei ihrer Parteinahme für eine bestimmte Ver­hinderungs- und Anpassungspolitik? Überwiegen die Vorteile durch politische Parteinahme das Risiko des Verlusts der wissenschaftlichen Glaubwürdigkeit?

(2) Welche Rolle spielen die Medien bei den wachsenden Widersprüchen, einschließlich der Blo­gosphäre und des Internets?

(3) Können die Klimatologen in Zukunft eine bessere Rolle in der politischen Auseinanderset­zung spielen? Falls ja, worin würde diese bestehen?

In der Folge von ClimateGate wollte ich die verrückte Dynamik in der Klimatologie, in der Wis­senschaft und in der Politik verstehen, um zu erkennen, was so furchtbar daneben gegangen ist. Ich meine, keiner der vorgebrachten und nachfolgend aufgezeigten Gründe reicht zur Er­klärung aus:

– zu wenig oder zu viel Öffentlichkeit, Aktivismus und Parteinahme von Seiten der Klima­tologen.
– wegen besserer Öffentlichkeit, und ihrem Aktivismus haben die Zweifler und die
   Leugner gewonnen.
– die Wissenschaftler sind korrupt und sie werden politisch (oder finanziell) motiviert.

DER POSITIVE RÜCKKOPPELUNGSKREIS

Ich halte die Dynamik für viel komplizierter. Sie kann nur verstanden werden, indem die äu­ßerst ärgerliche Rückkopplung in die Betrachtung einbezogen wird. Es gibt eine besonders gif­tige positive Rückkopplung zwischen der Klimatologie, der Politik und den Politikern, deren Richtung sich als Folge von ClimateGate umgekehrt hat.

Die Wissenschafter selbst haben den ersten Anstoß für diese Rückkopplung in den 1970er und 1980er Jahren gegeben. Die Umweltschützer erkannten rasch ihre Möglichkeiten und sie sind mit dem Segen der Wissenschaftler auf den Zug aufgesprungen. Die Umweltschutz-Organisa­tionen haben das Klimawandelproblem als Chance erkannt, um wissenschaftliche Unterstüt­zung für die von ihnen gewollte Energiepolitik zu bekommen. Libertäre Institute, die traditionellen Feinde der Umweltschutzaktivisten, begannen, mit Zweifeln über die wissen­schaftlichen Erkenntnisse gegenzuhalten. Auf internationaler Ebene wurde die Behandlung des Klimawandel-Problems im Jahre 1992 mit der RAHMENÜBEREINKUNFT DER VEREIN­TEN NATIONEN ÜBER KLIMAÄNDERUNGEN (UNFCCC) gestartet.

Halt! Welche "Klimaänderung" denn? Im Jahre 1992 war der erste IPCC-Abschätzungsbericht gera­de mal fertig geworden mit folgender Erkenntnis: "Der Umfang der Erwärmung stimmt im Gro­ßen und Ganzen mit den Vorhersagen der Klimamodelle überein, er ist auch von gleicher Größenordnung wie natürliche Klimaänderungen. … Einen verstärkten Treibhauseffekt aus ein­deutigen Beobachtungen zu erkennen, ist vor Ablauf eines Jahrzehnts oder mehr nicht wahrscheinlich ."

Dessen ungeachtet spannte man den politischen Karren vor das wissenschaftliche Pferd, ge­rechtfertigt mit dem Vorsorgeprinzip. Nach dem Abschluss des UNFCCC – Abkommens wurde das IPCC mit seinen wissenschaftlichen Schlussfolgerungen auf die Schiene einer sich selbst er­füllenden Prophezeiung gesetzt. Die gesamten Rahmenbedingungen des IPCC wurden auf die Entdeckung von genügend Beweisen ausgerichtet. Ein menschenverursachter Treibhauseffekt sollte einhellig behauptet werden können, um die Begründung für eine Politik der Einführung und Durchsetzung von Kohlenstoff mindernden Zielen zu liefern. So wurde eine notwendige po­litische Auseinandersetzung über die Energiepolitik, den Umweltschutz, die Folgenverminde­rung von Wetter- und Klimakatastrophen zu einer Debatte über Einzelheiten der Klimatologie. Dabei wurden die Wissenschaftler zu Bauern im Schachspiel oder zu Prügelknaben.

Waren die Wissenschaftler unschuldig daran, dass sie zu Opfern und Bauern in diesem Spiel wurden? Waren sie nur hart arbeitende Wissenschaftler, die ihr Bestes taten, um mit unerfüll­baren Erwartungen der Politiker umzugehen? Ja, einige taten das. Mitten im IPCC aber sitzt ein Kader von Wissenschaftlern, deren Karrieren vom IPCC gestrickt wurden. Jene Wissenschaftler benutzten das IPCC, um die normalen Laufbahnbarrieren zu überspringen, die von wissen­schaftlichen Verdiensten bestimmt sind, und an deren Ende erst der Einfluss auf die Wissen­schaftspolitik und die Politik überhaupt steht. Dadurch wurden nicht nur einige relativ unbekannte, unerfahrene und möglicherweise zweifelhafte Leute in einflussreiche Positionen gehievt, diese Leute schützen nun auch das IPCC, den Dreh- und Angelpunkt ihrer Karrieren, das sie zum machtpolitischen Spiel aufgrund ihres Wissens befugt.

DIE VORTEILE DES DOGMAS

Wenn ich IPCC-Dogma sage, dann meine ich das religiöse Gewicht, mit welchem dieser Wis­senschaftskader das IPCC hochhält. Sie dulden keinen Widerspruch und versuchen, jeden nie­derzutrampeln, der das IPCC angreift. Wer sind diese Hohepriester des IPCC? Einige sind durchschnittliche Wissenschaftler in der Mitte oder am Ende ihrer Karriere, die nach den Regeln wissenschaftlicher Laufbahnen ganz gut zurechtgekommen sind. Andere dagegen steckten noch in universitären Ausbildungsgängen, als sie zu Leitautoren ins IPCC berufen wurden. Jene Wissenschaftler haben das IPCC benutzt, um einen Sitz am Tisch der Großen zu bekommen, von wo sie Machtpolitik mit der kollektiven Expertise des IPCC betreiben können. Dies ver­schafft ihnen öffentliche Bekanntheit und hilft ihren Karrieren. Die Karrierefortschritte werden mithilfe der Komplizenschaft von wissenschaftlichen Vereinigungen und fördernder Institutio­nen gemacht. Gierig auf öffentliche Aufmerksamkeit publizieren weitverbreitete Zeitschriften wie NATURE, SCIENCE und PNAS häufig sensationelle aber zweifelhafte Papiere, welche die Geschichte vom Klima-Alarm unterstützen.

Besonders in wiederauflebenden Unterbereichen wie Ökologie und Öffentliche Gesundheit verhelfen solche Publikationen zusammen mit der Aufmerksamkeit der Medien zum Umleiten von Fördergeld in Richtung dieser Wissenschaftler. Diese wiederum gewinnen dadurch das Vertrauen ihrer Institute, die wiederum die Öffentlichkeitswirkung und die Dollars schätzen.

Darüber hinaus benutzen die wissenschaftsfördernden Institutionen die öffentliche Bekannt­heit, um noch mehr Geld für die Erforschung des Klimas und der Klimawandelfolgen einzuwer­ben. Die weitere wissenschaftliche Gemeinde gerät dabei ungewollt in Komplizenschaft. Während die IPCC-Hohepriester laut gegen die häretischen Skeptiker und die dunklen Machen­schaften der Ölindustrie und rechter wissenschaftsfeindlicher Ideologen aufschreien, machen wir alle mit beim Beklagen der dunklen Mächte, die gegen die Wissenschaft Krieg führen und wir schützen das IPCC dabei gegen seine Kritiker. Auch die Medien sind von der Partie. Sie drücken die Waagschale zugunsten des IPCC-Dogmas herunter.

Halte ich die Hohepriester des IPCC für politische Interessenvertreter? Hauptsächlich sind sie damit beschäftigt, die Wichtigkeit des IPCC zu erhalten, das die zentrale Rolle für ihren beruf­lichen Erfolg und für ihre Ausstattung mit Mitteln und ihren Einfluss spielt. Nach deren Ansicht gehört zum IPCC die Unterstützung der Emissionskontroll- und Verminderungspolitik, weil letz­tere ja logisch aus der wissenschaftlichen Erkenntnis folgt. Die meisten verstehen den politi­schen Prozess und die politischen Besonderheiten gar nicht; sie halten die Politik für einen Bestandteil des IPCC-Dogmas, das beschützt und um jeden Preis erhalten werden muss. Sonst stünden ihr eigener Erfolg, ihr Geld und Einfluss auf dem Spiel.

DIE RICHTUNG DER RÜCKKOPPLUNG UMKEHREN

Die positive Rückkopplung hat sich auf diese Art selbst verstärkt, immer mehr Angehörige der weiteren wissenschaftlichen Gemeinde wurden hineingezogen, die nun beklagen, dass die Po­litik Krieg gegen sie führe. Interessant an der positiven Rückkopplung ist, dass sie nichts dar­über aussagt, wohin die gegenwärtige Ereigniskette führen wird. Im vorigen Jahr, am 19. November, schien dieser scheinbar unaufhaltsame schwere Brocken namens Klimawandel ei­nen kräftigen Stoß in die entgegen gesetzte Richtung erlitten zu haben, als die E-Mails aus der University of East Anglia unerlaubt veröffentlicht wurden. Heute, nach einem Jahr, gibt es wei­tere spektakuläre Aufklärungen. Die Hohepriester des IPCC haben aber noch nicht erkannt, dass da eine sich verstärkende Rückkopplung wirkt, aber in der entgegen gesetzten Richtung!

Zusammen mit vielen Anderen habe ich das IPCC für eine Gruppe von hochverdienten Wissen­schaftlern gehalten, die hart und detailreich arbeiten, um die wissenschaftliche Erkenntnis aus­zuwerten. Und das im ständigen Kampf gegen die dunklen Mächte der Politik und der großen Ölkonzerne. Der größte Schock bei der Lektüre der E-Mails war für mich, dass sich im IPCC-Auswertungsverfahren einige Rüpel tummelten, die ihre eigenen wackeligen wissenschaftli­chen Erkenntnisse gegen Kritik von außen und von Skeptikern abzuschotten versuchten. Dabei kümmerten sie sich überwiegend um das Presse- und Medienecho und verunglimpften Skepti­ker. Jetzt wird mit Recht behauptet, dass das Verhalten von Wissenschaftlern nichts mit der Gültigkeit ihrer wissenschaftlichen Erkenntnis zu tun hätte. Wenn aber die Beurteilung wissen­schaftlicher Erkenntnisse großenteils auf Expertenmeinung beruht, wird das Verhalten und die Glaubwürdigkeit eben dieser Experten zu einer wichtigen Frage.

Hier an dieser Stelle wäre die ganze Angelegenheit zu retten gewesen, wenn die Wissenschaft­ler und die wissenschaftlichen Institutionen sich für die Integrität der Klimato­logie eingesetzt und größere Transparenz eingefordert hätten. Nichts davon! Nur Schweigen! Einige wenige Aussagen kamen von einzelnen Vertretern und von wissenschaftlichen Gesell­schaften, des Inhalts, dass die Erkenntnis wohlbegründet sei, E-Mails könnten die Wissenschaft nicht verändern!

Ich hatte angefangen, mich laut über die Integrität und Transparenz zu äußern, und musste erleben, dass mir gesagt wurde, das sei nicht hilfreich. Und mir wurde geraten, mich aus den Internet-Foren heraushalten. Warum? Weil das IPCC-Dogma das Kernstück des UNFCCC-Pro­zesses sei, und wir nicht zulassen dürften, dass jene illegale E-Mail-Veröffentlichung den Zug der politischen Ziele von Kopenhagen zum Entgleisen bringen könnte. Man kann kaum feststel­len, bis zu welchem Grad ClimateGate zum Scheitern von Kopenhagen beigetragen hat. Mir scheint, dass die eigentliche Politik eine viel stärkere Rolle spielte die Wissenschaft.

Dann haben wir gemerkt, dass in den IPCC-Berichten Fehler steckten. Die Reaktion des IPCC hat dessen Glaubwürdigkeit noch mehr beschädigt. Die Untersuchungen gegen Wissenschaft­ler bei der University of East Anglia und bei der Pennsylvania-Staats-Universität gelten weithin als Weißwaschungen. In England werden nun die Untersuchungen selbst zum Gegenstand ei­ner Untersuchung. Dann haben wir mit der Ablehnung des Emissionshandelsgesetzes (carbon cap and trade bill) das Scheitern von 7 Jahren Arbeit an der Klimagesetzgebung im U.S.-Senat erlebt. Dazu kamen noch noch die Beschuldigungen gegen den IPCC-Leiter Rachendra Pachauri wegen Interessenverflechtung!

Das Gefüge der wissenden IPCC-Hohepriesterschaft für ihre politischen Machtspiele auf dem Sektor der Energiewirtschaft ist völlig zusammengebrochen. Wenn es nur um die deren wis­senschaftlichen Erkenntnisse gegangen wäre, würde es die Wissenschaftler nichts angehen. Leider würden aber nun die Ökonomen das Sagen haben, beklagte Kevin Trenberth kürzlich.

DIE BLOGOSPHÄRE

Der andere Schlag gegen die IPCC-Einflussnahme auf die Politik kam von den "radikalen Aus­wirkungen der Blogosphäre" auf das Kräftespiel bei der Entstehung des Expertenwissens. Die Blogosphäre bot Leuten wie Steve McIntyre die technische Grundlage. Er ist entweder der Schurke oder der Held in ClimateGate, je nachdem, wo man steht.

Seit 2005 habe ich meine Hand am Puls der Blogosphäre. Ich habe darin eine Möglichkeit zum klimatologischen Wissensaustausch gesehen. Auch auf Skeptiker bin ich eingegangen.
Als ich zum ersten Mal die E-Mails im Internet sah, wusste ich sofort, dass das zumindest in der Blogosphäre ein Flächenbrand werden würde, und ich hielt das IPCC deswegen für äußerst gefährdet. Um die Aufregung zu dämpfen, habe ich zwei Aufsätze in der Blogosphäre veröf­fentlicht, die sich mit Fragen der Aufrichtigkeit in der Klimatologie beschäftigten. Ich hoffte, den Dialog mit den Skeptikern offen zu halten, damit uns die Sache nicht um die Ohren fliegen möchte. [Die Aufsätze wurden von EIKE im Beitrag: "Vertrauen und Misstrauen in der Klimawissen­schaft" veröffentlicht]

Na ja, ich war so ziemlich die Einzige aus der Wissenschaftlerriege, die das IPCC unterstützte. Das Schweigen meiner Kolleg(inn)en und mehr noch der wissenschaftsfördernden Institute war beredt. Pachauris Verteidigung des IPCC und sein offensichtlicher Interessenkonflikt goss noch Öl ins Feuer. Ich fragte mich, ob das IPCC überleben könnte, und ob es überhaupt ver­diente zu überleben. Dann fing ich mit ein paar konstruktiven Vorschlägen für die Wissen­schaftlergemeinde an, um Vertrauen durch größere Transparenz und höhere Beachtung der Ungewissheit [in den wissenschaftlichen Aussagen] aufzubauen. Ich habe überhaupt keine Hilfe von meinen Kolleg(inn)en bekommen, sie fingen sogar an, in mir einen Teil des Problems zu sehen.

An einem gewissen Punkt merkte ich, dass ich das IPCC und seine Berichte nicht mehr guten Gewissens unterstützen konnte. Gegenwärtig sieht es so aus, als ob viele mich für das Haupt­problem halten. Meine Kolleg(inn)en fragen sich, warum ich so rebellisch geworden sei. Hier einige Beispiele, deren ich während der vergangenen zwei Wochen bezichtigt wurde, um mein offensichtlich unerklärliches Verhalten zu erklären:

* ich sei von der Ölindustrie und/oder rechten Denkfabriken über den Tisch gezogen worden
* ich hätte meinen Verstand so weit für die Skeptiker geöffnet, dass mein Kopf     nun leer wäre
* ich stünde auf der Zahlliste der Ölindustrie und/oder rechten Denkfabriken
* ich würde erpresst
* ich sei inzwischen entweder körperlich oder geistig behindert.

Was tue ich also und warum? Ich möchte das Ansehen der Klimatologie wiederherstellen, so dass unsere Wissenschaft wieder an Achtung zurückgewinnt. Das wird nicht erreicht durch bes­sere , sondern durch erhöhte Transparenz, durch das Sicheinlassen auf skeptische Argumente und durch größere Beachtung des Ungewissheitsgrads in wissenschaft­lichen Aussagen. Ich versuche, die Blogosphäre wieder zum Funktionieren zu bringen, um die Polarisierung zu vermindern. Mein neuer Beitrag dazu ist der Blog Climate Etc. bei judithcurry.com

ZUR ROLLE DER WISSENSCHAFTLER IN DER AUSEINANDERSETZUNG

Zum Schluss möchte ich die letzte Frage behandeln, welche die Rolle der Wissenschaftler in der po­litischen Auseinandersetzung betrifft. Zunächst sollten wir uns daran erinnern, dass wir Wis­senschaftler sind und dass die Integrität von ganz besonderer Bedeutung in öffentlichen und politischen Debatten ist. Feynman beschreibt die wissenschaftliche Integrität in seinem CAR­GO CULT SCIENCE TALK:

"Wenn man auch zeitweilig Ruhm und Beachtung erringen kann, so kann man keinen guten Ruf als Wissenschaftler erwerben, wenn man nicht mit großer Sorgfalt bei der wissenschaftli­chen Arbeit verfährt. … Das erste Prinzip ist, sich nicht selbst zu täuschen – und sich selbst täuscht man am leichtesten. Wenn man aber sich selbst nicht täuscht, täuscht man auch an­dere Wissenschaftler nicht. Man muss auf sehr konventionelle Art ehrlich sein. Ich spreche hier von einer besonderen, außergewöhnlichen Art der Integrität, sie bedeutet einmal, nicht zu lü­gen, aber auch eingestehen zu können, vielleicht falsch zu liegen. Diese Integrität soll man als Wissenschaftler besitzen. Und das ist unsere Verantwortung als Wissenschaftler gegenüber an­deren Wissenschaftlern und auch gegenüber Laien."

Ich habe in der Vergangenheit viel über die Ungewissheit gesagt und warum das IPCC die Ungewissheit nicht ausreichend angesprochen hat. Als ich begann, die Worte Ungewissheit und Zweifel zu gebrauchen, haben die Leute sofort unterstellt, dass ich mit dem Zweifel hausieren gehen wollte im Dienste der Ölindustrie, weil diese den Zweifel einsetzt, um den politischen Durchsetzungswillen zu schwächen. Lassen wir es dabei, "alles ist ungewiss außer dem Tod und den Steuern," wie ein Sprichwort sagt.

Beim Treffen tragfähiger Entscheidungen muss das Angeben des Ausmaßes der Ungewissheit in den Prozess der Entscheidungsfindung einbezogen werden. Und wir als Wissenschaftler müssen gegenüber den Politikern die Ungewissheiten ansprechen. Wir müssen sie erklären und zum Verständnis der Risiken und Folgen beitragen. Und wir müssen dabei helfen, die Auswir­kungen und die Wirksamkeit unterschiedlicher politischer Handlungsweisen zu beurteilen. Es ist nicht Aufgabe von Wissenschaftlern, politische Zielsetzungen zu entwickeln, indem sie Ungewissheiten verschwiegen oder simplifizieren.

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TEIL II

Der vorhergehende Text von Judith Curry führte auf ihrem Blog zu einer ausgiebigen Diskussion. Einige Tage später ergänzte sie ihren Text. Er folgt mit einigen unwesentlichen Kürzun­gen:

DIE RICHTUNG DER POSITIVEN RÜCKKOPPLUNG UMKEHREN – TEIL II

Der vorhergehende Beitrag war zur Eröffnung der Purdue-Podiumsdiskussion geschrieben wor­den, wo mir 10 – 15 Minuten zur Verfügung standen. Ich habe mein Argument vom Rückkop­pelungskreis mit Prämissen vorgebracht. Für viele waren die Prämissen ohne weiteres einsichtig, andere forderten Beweise und Belege. Darum geht es nun.

Selbst wenn wir all die in der Kritik stehenden Persönlichkeiten auf beiden Seiten los würden, konnte die Klimatologie wieder geheilt werden? Würden wir zu einer vernünftigen Energiepo­litik kommen? Nein und abermals nein. Die Probleme sind viel zu groß: Geopolitik, Wirtschaft, Wertekonflikte. Sehr verwickelte Probleme, für welche die Wissenschaft keine Lösung hat.

Eine Leute haben geglaubt, ich hätte die Klimatologie angegriffen. Das hat mich überrascht. Die Klimatologen sind die Bauern in diesem Schachspiel; einige waren Opfer, andere haben ih­ren Vorteil daraus gezogen. Wenn ein Schurke in all dem identifizierbar ist, dann würde ich ver­mutlich die UNEP/UNFCCC nennen. Daraus erhebt sich sofort die Frage, wie es dazu gekommen ist und wer damit angefangen hat.

Der entscheidende Punkt in meinem vorigen Aufsatz war, dass es einen verschlungenen Satz von sich wechselseitig verstärkenden Motiven gab, die ungehemmt wie ein Schneeballsystem wuchsen. Das System geriet außer Kontrolle.

Daher möchte ich nun über die großen Zusammenhänge aufzeigen. Und ein wenig darüber spekulieren, wie das System in Ordnung gebracht werden könnte, oder wenigstens darüber, wie ein paar Kontrollen eingebaut werden könnten.

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Kurze Geschichte des IPCC und der
RAHMENÜBEREINKUNFT DER VEREINTEN NATIONEN ÜBER KLIMAÄNDERUNGEN (UNFCCC)

Der Zusammenhang zwischen dem IPCC und UNFCCC ist bei IPCCfacts.org zusammengefasst. Siehe auch WIKIPEDIA.

1988: das  IPCC wird unter der Aufsicht von UNEP und der WMO geschaffen

1990: der erste Zustandsbericht AR1 wird veröffentlicht

         * Schlussfolgerung der WORKING GROUP I: “Das Ausmaß der Erwärmung entspricht im Großen und Ganzen
            den Vorhersagen aus den Klimamodellen, es ist aber auch von gleicher Größenordnung
            wie die natürliche Klimavariabilität.”

         * WORKING GROUP III:  Titel “Strategische Antworten”; Abschwächung und Anpassung wurden gleichermaßen
            betrachtet.

1992: UNFCCC Abkommen. (Vorsorgeprinzip, gefährlicher Klimawandel, usw.)

1995: Zweiter Zustandsbericht AR2  veröffentlicht.

          * Schlussfolgerung der WORKING GROUP I:  “Die Beurteilung der Beweislage deutet auf einen
             erkennbaren menschlichen Einfluss auf das globale Klima hin."  Ben Santer unternimmt große
             Anstrengungen, die Erwärmung als "erkennbar" zu bezeichnen.

          * WORKING GROUP III: konzentriert sich auf die Möglichkeiten des  “nicht Bedauerns”.

1998:  Kyoto Protokoll

2001:  Dritter Zustandsbericht THIRD ASSESSMENT REPORT veröffentlicht

            * WORKING GROUP I Schlussfolgerung: “Der Großteil der Erwärmung der vergangenen 50 Jahre
               ist wahrscheinlich (>66%) auf menschliche Tätigkeit zurückzuführen.” 
               Die Ikone des THIRD ASSESSMENT REPORT war der “Hockeyschläger.”

           * WORKING GROUP III: Titel “Abschwächung”

2007: ASSESSMENT REPORT 4 Zustandsbericht veröffentlicht

             * WORKING GROUP I Schlussfolgerung: “Der Erwärmung ist eindeutig und der vergangenen 50 Jahre
               ist mit großer Wahrscheinlichkeit (>90%) auf die Zunahme der Treibhausgase zurückzuführen.”

            * WORKING GROUP III: Titel “Abschwächung”

Erklärung

Als das UNFCCC-Abkommen abgeschlossen war, gab es Druck auf das IPCC, die wissenschaft­liche Begründung zu liefern. Daher das Wort "erkennbar (discernible)" im SAR (SECOND ASSESSMENT REPORT). Dafür hat Ben Santer viel Druck  gemacht, aber schauen Sie woher der Druck kam. Das gesamte UNFCCC-Abkommen wäre sinnlos gewesen ohne die "erkennbaren" Beweise, dass da tatsäch­lich etwas passierte.

Als dann das Kyoto-Protokoll abgeschlossen war, verschob sich die Aufmerksamkeit der WORKING GROUP III ganz klar auf die Minderung (Mitigation) und die Stabilisierungsziele (für den FIRST ASSESSMENT REPORT war die WORKING GROUP III noch auf Minderung  UND Anpassung ausgerichtet, für den SECOND ASSESSMENT REPORT auf durchsetzungsfähige Politik, für den THIRD ASSESSMENT REPORT und den ASSESSMENT REPORT 4 auf Minderung). Die politische Zustimmung für das Kyoto-Protokoll aufzubauen, war eine hohe Priorität für den THIRD ASSESSMENT REPORT. Der "Hockeyschläger" passte da gut hinein, Michael Mann wurde aus dem Universitätsstudium direkt als Leitautor zum IPCC verpflanzt.

Da sich die politischen Zielsetzungen für das Kyoto-Protokoll nicht verfestigten, gab es Druck auf den ASSESSMENT REPORT 4. Heute hören wir die Worte "unabweisbar" und "sehr wahrscheinlich", obwohl es kaum Beweise gab über das hinaus, was im THIRD ASSESSMENT REPORT TAR stand. Im ASSESSMENT REPORT 4 hat aber politischer Druck auf eine Abschwächung der Schlussfolgerungen hingewirkt.

Das Wort "erkennbar" und der „Hockeyschläger“ hätten niemals in die Summary for Policymakers (SPM) gelangen dürfen. Können wir Mann und Santer dafür verantwortlich machen? Wirklich nicht! (Obwohl sie Komplizen waren, aber ohne dafür verantwortlich zu sein). Die Entscheidun­gen wurden höheren Orts getroffen und unter Druck von politischer Seite. Als der THIRD ASSESSMENT REPORT 2001 veröffentlicht worden war, lag Manns Promotion erst drei Jahre zurück, Santer ist ein paar Jah­re jünger als ich, das war damals ganz schön jung (frühe 40er) in den beginnenden 1990ern, als der SECOND ASSESSMENT REPORT erarbeitet worden war. Worin auch immer ihre wissenschaftlichen Talente oder Bei­träge bestanden haben, sie waren in eine hochpolitische Sache gesetzt worden, die eine Menge Augenmaß und Erfahrung erforderte, um damit umzugehen.

Wenn sie auch als Bestandteile des IPCC-Verfahrens zu gebrannten Kindern wurden, haben sie dennoch ihre Treue zum IPCC und zu dessen Verteidigung bewahrt. Dafür wurden sie beruflich belohnt. Ich stelle in den Raum, dass sie vom IPCC auch zu Opfern gemacht worden sind (sie werden sich kaum über die Bedrohungen gefreut haben, usw.). Einige prominente Klimatologen haben sich ja schon von der Bildfläche gemacht, weil es ihnen zu politisch wurde, ich nenne nur Starley Thompson.

Sollten wir nun unsere Zeit darauf verwenden, auf Wissenschaftler wie Mann oder Santer ein­zudreschen oder sie zu verteidigen, oder sollten wir nicht versuchen das Systems besser verstehen, das Wis­senschaftler wie Mann und Santer sowohl belohnt wie bestraft? Ich meinerseits nehme mir das System vor und will wissen, warum das alles so schief gelaufen ist.

4. November 2010 von Judith Curry Die Originalartikel erschienen hier und hier

Die Übersetzung besorgte Helmut Jäger EIKE