Die Erde ist nie im Gleichgewicht! Ein Beitrag von Richard Lindzen MIT
Die Erde erlebte Eiszeiten und Warmzeiten, Alligatoren wurden auf Spitzbergen gefun den. Eiszeiten kamen während der ver gangenen 700.000 Jahre in einem 100.000-Jahres-Zyklus, und es hat jüngere Zwischeneiszeiten gegeben, die anscheinend wärmer waren als die Jetztzeit, trotz niedrigerer Kohlendioxid-Spiegel. Noch jüngeren Datums sind die Mittelalterliche Warmperiode und die Kleine Eiszeit. Während Letz terer schoben sich die Alpengletscher vor und drohten, Dörfern zu überwalzen. Seit Anfang des 19. Jh. haben sich diese Gletscher zurückgezogen. Offen gesagt, wir haben keine vollständige Erklärung, weder für das Vorschieben noch für das Zurückweichen. Einige Alpengletscher schieben sich in der Tat nun wieder vor.
Bei kleineren Veränderungen der globalen mittleren Temperaturabweichung bedarf es keiner externen Ursache. Die Erde ist niemals im exakten Gleichgewicht. Die Strömungen in den gewaltigen Ozeanen, wo Wärme zwischen tiefen Schichten und der Oberfläche ausgetauscht wird, sorgt für Veränderungen auf Zeitskalen von Jahren bis Jahrhunderten. Beispiele sind El Nino, die Pazifische Dekadische Oszillation, die Atlantische Multi Dekadische Oszillation usw. Jüngere Studien deuten darauf hin, dass diese Wechselhaftigkeit aus reicht, um alle Änderungen in den globalen Temperatur-Anomalien seit dem 19. Jh. zu erklären. Sicher, menschliche Emissionen von Kohlendioxid müssen irgend einen Ein fluss haben. Die entscheidende Frage ist nur, wie viel?
Weithin wird als Antwort akzeptiert, dass eine Verdoppelung von Kohlendioxid in der Atmosphäre die Energiebilanz der Erde um etwa 2 Prozent stören würde (es zeigt sich, dass man bei einer Verdoppelung immer den gleichen Wert erhält, ganz gleich, von welchem Ausgangswert man startet), und dies würde ohne Berücksichtigung der Rückkoppelungen etwa 2 Grad Fahrenheit Er wärmung erzeugen. Die während des vergan genen Jahrhunderts beobachtete Erwärmung würde keine stärkere Erwärmung bedeuten, selbst wenn sie allein von der Kohlendioxidzunahme verursacht worden wäre.
Dennoch sagen die aktuellen Klimamodelle voraus, dass eine Verdoppelung des Kohlendioxids eine stärkere Erwärmung erzeugen könnte: von 3,6 Grad bis 9 Grad Fahrenheit oder noch mehr. Dies deshalb, weil in diesen Modellen die weit wichtigeren strahlungsintensiven Substanzen, der Wasserdampf und die Wolken, als große Verstärker für jegliche Zunahme von Kohlendioxid behandelt werden. Das nennt man positive Rückkoppelung. Also wird, wenn allein schon durch Zuführung von Kohlendioxid die Fähigkeit der Erde zur Wärmeabstrahlung vermindert wird, diese Verminderung durch positive Rückkoppelungen noch weiter verstärkt.
Weiterhin ist allgemein akzeptiert, dass diese Prozesse in den aktuellen Modellen kaum nachgebildet sind, und es gibt stichhaltige Belege, dass die Rückkoppelungen in Wahrheit negativ und nicht positiv sein könnten. Um nur ein Beispiel zu nennen, vor 2,5 Milliar den Jahren hatte die Sonne 20 bis 30 Prozent weniger Strahlkraft als heute (zum Vergleich mit den 2 Prozent Veränderung in der Energiebilanz, die mit einer Verdoppe lung des Kohlendioxids einhergehen). Dennoch waren die Meere nicht zugefroren, die Temperatur scheint der heutigen ähnlich gewesen zu sein.
Das wurde von Carl Sagan als das Schwäche-Paradoxon der jungen Sonne bezeichnet. Seit 30 Jah ren hat man vergeblich nach einer Treibhausgaserklärung für das Paradoxon gesucht. Es stellt sich heraus, dass eine kleine negative Wolken-Rückkoppelung völlig ausreicht zur Erklärung. Mit der positiven Rückkoppelung der aktuellen Modelle ist keine Er klärung möglich.
Interessanterweise beträgt dem IPCC zufolge die menschenverursachte Treibhausgasverstärkung bereits ungefähr 86 Prozent dessen, was bei einer Verdoppelung des Kohlendioxids zu erwarten ist (die Hälfte davon geht auf das Konto von Methan, Stickoxiden, Freon und Ozon). Deshalb müssten die Modelle viel mehr Erwärmung zeigen, als gemessen wurde. Der Grund ist, weil sie willkürlich den Unterschied beseitigt haben, und dies im Wesentlichen auf unbekannte Aerosole zu rückgeführt haben.
Das IPCC behauptet, dass der Großteil der jüngsten Erwärmung (seit den 1950ern) auf den Menschen zurückgeführt werden kann, unter der Annahme, dass die aktuellen Mo delle die natürlichen internen Schwankungen angemessen berücksichtigten. Die Tat sache, dass es während der vergangenen 14 Jahre keine statistisch signifikante Erwärmung mehr gab, widerspricht dieser Annahme. Führende Modellierer-Gruppen in England und Deutschland haben das zugegeben.
Aber die Modellierer haben nicht groß darüber geredet. Sie schlugen stattdessen vor, die Modelle weiter zu korrigieren, und dass die Erwärmung ab 2009, 2013, oder gar erst ab 2030 wieder zunehmen könnte.
Die Reaktion der Klimawandel-Enthusiasten auf das Ausbleiben der Erwärmung in den vergangenen Jahren war die Ansage, dass die vergangene Dekade die wärmste seit Beginn der Messungen sei. Wir reden hier über Zehntel-Grade, wobei inzwischen auch die Aufzeich nungen selbst fraglich geworden sind. Weil wir aber diesen Aufzeichnungen zufolge in einer relativ warmen Zeit leben, ist nicht überraschend, dass die vergangene De kade die wärmste gemessene war. Das widerspricht keinesfalls dem Ausblei ben der Erwärmung seit über einem Jahrzehnt.
Angenommen, dass die Belege (ich habe nur einige wenige aus der Fülle der Belege genannt) darauf hindeuten, dass die anthropogene Erwärmung grob übertrieben wor den ist, dann gäbe es auch keinen Grund für das Alarmschlagen. Selbst wenn die anthropogene Er wärmung bedeutend wäre, bestünde nur ein geringer Alarmierungsanlass. Denn Eisbären, polares Sommermeereis, regionale Dürren und Überschwemmungen, Korallensterben, Wirbelstürme, Alpengletscher, Malaria usw., haben alle nichts mit globaler mittlerer Temperaturabweichung zu tun, stattdessen mit einer großen Zahl von regionalen Variablen, darunter Temperaturen, Feuchtigkeit, Wolkenbedeckung, Niederschläge, Windrichtung und Stärke und Zustand des Meeres.
Wenn einige Modelle nahelegen, dass Veränderungen bei den alarmierenden Klimawandelphänomenen mit der globalen Erwärmung einher gehen, so ist keine logische Folge, dass die Veränderungen dieser Phänomene eine globale Erwärmung bedingen. Das heißt nicht, dass es keine Katastrophen mehr ge ben wird; die sind immer geschehen, und das wird sich auch nicht in der Zukunft än dern. Den Klimawandel mit symbolischen Gesten zu bekämpfen, wird daran sicher auch nichts ändern. Die Geschichte lehrt uns stattdessen, dass größerer Wohlstand und höhere Ent wicklung unsere Widerstandsfähigkeit gründlich stärken kann.
Nun kann man fragen, woher der erstaunliche Zuwachs im Alarmschlagen in den vergangenen 4 Jahren kam. Wenn eine Frage wie die des Klimawandels seit mehr als 20 Jahren da ist, werden viele Vorhaben entwickelt, um aus der Sache etwas herauszuschlagen. Die Interessen der Umweltbewegung für mehr Macht, Einfluss und Spenden sind hinreichend klar. Klar ist auch das Interesse der Bürokraten, für die mit der Kohlenstoff-Steue rung ein Traum Realität würde. Kohlendioxid ist schließlich ein Produkt der Atmung.
Politiker sehen die Möglichkeit für eine freudig begrüßte Besteuerung zur Rettung der Erde. Staaten sehen Möglichkeiten, aus dieser Frage Wettbewerbsvorteile zu ziehen. So auch private Firmen. Der Fall ENRON (eine jetzt bankrotte texanische Energiefirma) ist bezeichnend. Bevor sie in einer Art Feuerwerk skrupelloser Manipulationen zerplatzte, war ENRON eine der nachdrücklichsten Lobbyisten für Kyoto. Sie hatte ge hofft, eine der führenden Emissionsrecht-Handelsfirmen zu werden. Das war keine geringe Hoffnung. Jene Rechte werden sich wahrscheinlich im Bereich von Trillionen Dollar bewegen mit Handelsprovisionen im Werte von vielen Milliarden.
Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass Al Gore selbst mit derartigen Aktivitäten zu tun hat. Der Verkauf von Rechten ist bereits im vollen Gange, Organisationen verkaufen Verschmutzungsrechte, wobei sie manchmal sogar zugeben, dass die Emissionen unbedeutend sind. Die Möglichkeiten zur Korruption sind immens.
Zu guter Letzt sind da die Gutmenschen, die glauben, dass sie Intelligenz und Tugendhaftigkeit beweisen, wenn sie die Alarmschlägerei übernehmen. Für sie geht es um ihre psychi sche Gesundheit.
Klar ist, dass ein Aufhören der Erwärmung möglicher weise ein Dringlichkeitsgefühl erzeugen könnte. Für diejenigen, die sich in den eher korrupten Geschäftsumfeldern bewe gen, besteht dringender Handlungsbedarf, bevor die Öffentlichkeit merkt, was gespielt wird. Auch klar ist, dass eine Notwendigkeit zum mutigen Widerstand gegen die Hysterie gegeben ist. Ressourcen beim symbolischen Bekämp fen des allzeit stattfindenden Klimawandels zu verschwenden, ist kein Ersatz für Besonnenheit.
Prof. Richard Lindzen MIT
Dieser Artikel wurde für "The Free Lance-Star" in Fredericksburg, Va. geschrieben. Er kann hier im Original abgerufen werden. Die Übersetzung besorgte dankenswerterweise Helmuth Jäger für EIKE
Richard S. Lindzen hat die Alfred P. Sloan Professur für Atmosphärenwissenschaft am MIT. Für Leser, die ihm schreiben möchten, ist seine Adresse:rlindzen mit.edu.