Strom aus der Sahara? Eine technisch nüchterne Betrachtung!

Wäre unsere Bundesregierung nicht gut beraten, wenn sie sich zu dem DESERTEC-Projekt sehr zurückhaltend äußern würde, obschon das Scheitern der deutschen Energiepolitik in der großen Koalition unserem Land in Verbindung mit dem singulären Ausstiegsbeschluss aus der kostengünstigen Stromerzeugung aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie die vorderen Plätze der teuersten Energieländer beschert hat.

Auf der "Green Energy Recovery" Tagung der SPD in Berlin am 22.6.09 hat unser Umweltminister Herr Gabriel das Projekt noch als große Chance vorgestellt und sich der Zustimmung von Herrn Außenminister Steinmeier erfreut, beide wohl in sachlich totaler Unkenntnis. Der dort zu Wort gekommene Altkanzler Schröder war ebenfalls begeistert, erkannte er doch sofort, dass dann bei fehlendem Sonnenschein während der Nachtstunden sein Erdgas aus Russland erst so richtig ins Geschäft kommen würde.
Es wird mit dem visionären Sahara-Stromprojekt von fachfremder Seite die Verwirrung nun perfekt gemacht. Es ist kein Zufall, dass diese Idee nicht von Fachleuten der Energietechnik sondern ausnahmslos von Bankern, Versicherungsleuten und am Tropf der öffenlichen Forschungsmittel hängenden reinen Theoretikern propagiert wird, die noch nie Verantwortung für eine bezahlbare Energieversorgung tragen mussten.

Die solare Stromerzeugung aus thermischen Anlagen in der Sahara ist mindestens um den Faktor fünf teurer als die verbrauchsnahe Braunkohle- und Kernenergiestromerzeugung bei uns. Hinzu kommt der Energietransport mittels 800 kV Höchstspannungs-Gleichstromleitungen, die Masthöhen und Leiterseilquerschnitte erfordern, die bisher in Europa unbekannt sind, jedoch die Masthöhen der 400 kV Drehstrommaste erheblich übersteigen. Bei Wahl der bisher in Europa üblichen Seilquerschnitte 240/40 mm2 Aluminium/Stahlseile in Viererbündelanordnung würden als Übertragungsverluste bei 800 kV Gleichspannung auf dem 5000 km langen Transportweg rd. 50 % des sehr teuer produzierten Sonnenstroms bereits wieder verloren gehen.

Erst erheblich höhere Seilquerschnitte könnten diese Verluste auf eine erträgliche Größe von etwa 15 % reduzieren, allerdings erheblich stärkere Mastkonstruktionen erfordern. Ob ein Land wie Frankreich, das verbrauchsnahe Kernenergiestromerzeugungsanlagen gewohnt ist, derartige Leitungstrassen als Transitland akzeptieren würde, steht ohnehin in den Sternen. Jedenfalls würde dies eine wettbewerblich vertretbare Industrieproduktion an deutschen Standorten unmöglich machen*. Aber auch bei uns wären derartige Leitungstrassen wohl kaum genehmigungsfähig. Über die spinnerhafte Idee einer Verkabelung ist jeder Kommentar aus fachlicher Sicht unnötig.

Man kann an deutschen Hochschulen u.a. auch Energietechnik studieren und in diesem Bereich Sachkunde erlangen, viele – insbesondere in der Politik – scheinen das noch nicht zu wissen.
Das DESERTEC-Projekt ist eine gute Möglichkeit, Forschungsmittel zu beantragen und anschließend im Wüstensand nutz- und spurenlos zu versenken.
Prof. Dr.-Ing. Helmut Alt FH Aachen 

Siehe auch Hilfsblätter hierzu aus meiner Vorlesung an der FH Aachen als Anlage.

Eine umfassende Analyse der Situation lieferte Autor Rudolff Kipp in Readers Edition: Strom aus der Wüste? Auf Sand gebaute Zukunftsutopien.

http://www.readers-edition.de/2009/06/25/strom-aus-der-wueste-auf-sand-gebaute-zukunftsutopien/

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